Neue Wahlaufrufe sind ab dem heutigen Samstag gesetzlich verboten. Die Mitte-Rechts-Allianz um den viermaligen Premier Silvio Berlusconi ist letzten Umfragen zufolge die Favoritin, der Wahlausgang gilt jedoch als vollkommen offen. 46,5 Millionen Italiener sind zum Urnengang aufgerufen, gewählt wird am Sonntag von 7.00 bis 23.00 Uhr. Mit einem Wahlergebnis ist am späten Montagabend zu rechnen.
Eine große Menschenmenge beteiligte sich am letzten Wahlkampfauftritt des Starkomikers Beppe Grillo, der am Freitagabend auf der Piazza del Popolo im Zentrum Roms zusammen mit dem Premierkandidaten Luigi Di Maio den Wahlkampf seiner Fünf-Sterne-Bewegung beendete. Die Gruppierung soll laut Umfragen mit circa 28 Prozent als stärkste Einzelpartei aus den Wahlen hervorgehen. Da sie jedoch keine Koalition mit den etablierten Parteien eingehen will, dürfte sie nach wie vor in Opposition bleiben. Die Fünf-Sterne-Bewegung hofft auf über 40 Prozent der Stimmen, um die Regierungsverantwortung alleine übernehmen zu können. "Die Phase der Opposition ist zu Ende, ab Montag können wir das Land regieren", sagte Di Maio.
"Lawine wird die Traditionsparteien überrollen"
Laut Grillo stehen die Italiener vor der Wahl zwischen seiner Bewegung und Berlusconis Mitte-Rechts-Allianz: "Wir haben uns vorgenommen, eine Politkaste nach Hause zu schicken, die die Demokratie in unserem Land lahmlegt. Wir wollen uns nicht mehr als Demokratie zweiter Klasse fühlen, wo das Volk nichts zu entscheiden hat", so Grillo. Er zeigte sich überzeugt, dass der Erfolg seiner Fünf-Sterne-Bewegung alle Erwartungen übertreffen werde. Eine "Lawine" werde die Traditionsparteien überrollen und einen Neubeginn im Land in die Wege leiten, kündigte Grillo vor begeisterten Fans an. Der Erfolgsblogger setzt sich gegen die "Kaste der Berufspolitiker", gegen Verschwendung im politischen System und gegen internationale Finanzlobbys ein.
Berlusconi verspricht eine halbe Million neue Jobs
Ex-Premier Silvio Berlusconi trat zum Wahlkampf-Finish als Stargast bei der von RAI 1 gesendeten Politshow "Porta a Porta" auf. Dabei versprach er, dass mit seinem Premierkandidaten, EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, eine halbe Million neue Jobs in Süditalien entstehen werden. Berlusconi bekräftigte seine Pläne zur Steuersenkung sowie zur Steuerentlastung von Unternehmen, die Arbeitslose einstellen. Eine "Große Koalition" mit der Demokratischen Partei (PD) um Ex-Premier Matteo Renzi schloss Berlusconi erneut entschieden aus.
Neue Mitte-Rechts-Regierung?
Der Chef der ausländerfeindlichen Lega, Matteo Salvini, mobilisierte seine Anhänger mit einer Ansprache in einem Mailänder Auditorium. Er äußerte die Hoffnung, dass seine Lega im Rahmen der Mitte-Rechts-Allianz mehr Stimmen als Berlusconis Forza Italia bekommt. Damit könne er den Premierposten einer neuen Mitte-Rechts-Regierung beanspruchen.
Sozialdemokraten-Chef Matteo Renzi schloss in Florenz die Wahlkampagne ab. Er warnte vor Extremisten an der Macht. "Wir könnten die stärkste Partei im Parlament sein. Doch besser an der Opposition als mit den Extremisten zu regieren. Hier geht es um die Zukunft des Landes", argumentierte er. Die Stimme für seine PD (Partito Democratico) sei eine "Garantie für die Zukunft Italiens". "Entweder gewinnen wir oder sie: Ich nenne sie Extremisten und nicht Populisten. Um eine Katastrophe für das Land zu vermeiden, muss die PD die stärkste Einzelpartei im Parlament sein", sagte Renzi. Er dementierte, dass er den PD-Chefposten abgeben könnte, sollte seine Partei eine Niederlage hinnehmen müssen.
Auch Premier Paolo Gentiloni betonte, dass es bei den Parlamentswahlen um ein Duell zwischen PD und Populisten gehe. "Diese sind die wichtigsten Wahlen in Italien der letzten 25 Jahre. Hier entscheidet man, ob wir auf dem Weg der Marktwirtschaft, einer offenen Gesellschaft und eines nachhaltigen Wohlfahrtsstaates weitermachen wollen", erklärte Gentiloni. Im Fall eines Siegs populistischer Kräfte wäre die Gefahr politischer Instabilität und von Neuwahlen in Italien groß.