Italien-Wahl: Zäher Dreikampf
mit Berlusconi-Block als Favorit

Fünf-Sterne-Bewegung will als stärkste Einzelpartei abschneiden

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Wegen eines Ämterverbots zählt er nicht zu den Spitzenkandidaten, doch Medienzar Berlusconi ist der unbestrittene Protagonist des langen Wahlkampfes. Der 81-Jährige schont sich gesundheitlich, verzichtet auf große Wahlveranstaltungen, ist jedoch in den Medien allgegenwärtig. Kein Tag vergeht ohne TV- und Radioauftritte des Mailänder Großunternehmers. Er verspricht dabei, dass seine rechtskonservative Forza Italia, stärkste Partei in der Mitte-rechts-Koalition, 25 Prozent der Stimmen erobern wird. Derzeit liegt sie in Umfragen bei 15 Prozent. Die Mitte-rechts-Allianz werde mit 45 Prozent die Mehrheit im Parlament erobern, proklamiert Berlusconi.

Ob ihm das gelingt, ist eher unwahrscheinlich. Der TV-Tycoon muss sich mit der koalitionsinternen Konkurrenz der ausländerfeindlichen Lega messen. Während sich Berlusconis Forza Italia als europatreue Partei präsentiert, die für Reformen in der EU eintritt, punktet die Lega mit aggressiver Anti-Einwanderungsrhetorik und Attacken gegen das "Brüssel der Technokraten". Die Lega, die auf ihre separatistischen Wurzeln verzichtet hat, um sich immer mehr als rechte Partei nach Modell des französischen Front National zu profilieren, schafft es laut jüngsten Umfragen auf circa 14 Prozent.

Ihr Traum ist es, innerhalb der Koalition mehr Stimmen als die Forza Italia zu erobern, um im Rahmen einer Mitte-Rechts-Regierung den Premier stellen zu können. Dass der ambitionierte Lega-Vorsitzende Matteo Salvini zu Italiens Premier aufrückt, ist jedoch ziemlich unrealistisch. Sowohl Berlusconis Forza Italia als auch die Lega haben jedenfalls mit dem Versprechen der Einführung einer "Flat Tax" und eines entschlossenen Einsatzes gegen die illegale Einwanderung laut Umfragen in den letzten Wochen stark an Stimmen zulegen können.

Angesichts des geltenden Wahlgesetzes ist es eher unwahrscheinlich, dass eine Koalition die absolute Stimmenmehrheit in Abgeordnetenkammer und Senat erhält. Das einzige Bündnis, das auf die Mehrheit hoffen kann, ist Berlusconis Block. In mindestens 40 Prozent der Einmann-Wahlkreise und in 70 Prozent der Verhältniswahlkreise müsste sich Berlusconis Allianz behaupten, um die Mehrheit im Parlament zu erobern - ein hochgestecktes Ziel. Ausschlaggebend dürften Polit-Experten zufolge die Süditaliener sein: Während man ziemlich sicher mit einem klaren Sieg des Berlusconi-Bündnisses in den traditionell zentrums- oder rechtsorientierten Regionen Norditaliens rechnen könnte, ist der Wahlausgang im Süden ungewiss. Dort habe die populistische Fünf-Sterne-Bewegung ihr größtes Potenzial, meinen Experten.

Ein Kabinett aus Berlusconis Forza Italia und der Demokratischen Partei (PD) um Ex-Regierungschef Matteo Renzi betrachten viele politische Beobachter in Rom als einzige Möglichkeit, um Italien Regierbarkeit zu sichern, und als geringstes Übel für das Land und Europa. Diese Lösung gilt auch in Brüssel als willkommen. Schließlich wäre eine Kooperation des Duos Berlusconi-Renzi kein Novum. Sie hatten bereits 2013 die Regierung von Enrico Letta unterstützt.

Wie viele Stimmen die Mitte-Links-Allianz um Renzis PD erobern wird, ist noch fraglich. Laut Umfragen dürften es circa 27 Prozent sein. Die Wahlkampagne der PD-Partei ist zurzeit eher unspektakulär. Renzis Partei will sich bei der Wählerschaft als zuverlässige, europafreundliche Regierungskraft und als "Damm" gegen den Populismus profilieren. Die Sozialdemokraten haben einen Wahlpakt mit der europatreuen Gruppierung "Piu Europa" (Mehr Europa) um Ex-Außenministerin Emma Bonino, sowie mit der Südtiroler Volkspartei (SVP) und der Zentrumskraft "Civica Popolare" um Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin abgeschlossen. Damit hoffen sie, die Konkurrenz aus dem linken Lager zu schlagen. Renzi konnte sich nicht mit dem neugegründeten Linksbündnis "Liberi e uguali" (Frei und gleich) um Senatspräsident Pietro Grasso auf eine Wahlallianz einigen. Grassos Bündnis könnte es nach Experten bei den Parlamentswahlen auf 6,5 Prozent der Stimmen schaffen.

Ein großes Fragezeichen ist die Fünf-Sterne-Bewegung, die laut Umfragen mit 28 Prozent zur stärksten Einzelpartei Italiens aufrücken könnte. Da sie keine Koalition eingehen will, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie weiterhin als Oppositionspartei im neuen Parlament sitzen wird. Die vom Starkomiker Beppe Grillo gegründete Bewegung punktet vor allem bei der jüngeren Wählerschaft. In der Altersgruppe zwischen 21 und 24 Jahren ist die Grillo-Partei laut Befragung mit 34,5 Prozent die beliebteste politische Kraft.

Der junge Fünf-Sterne-Premierkandidat Luigi Di Maio führt seine Wahlkampagne auch in anderen Ländern. Mit einer Wahltour im Ausland will sich die Bewegung als regierungsfähige politische Kraft profilieren und in Europa Ängste aus dem Weg räumen, mit einer Fünf-Sterne-Regierung könne Italien einen antieuropäischen Kurs einschlagen. Immer wiederholt der 31-jährige Di Maio, dass seine politische Kraft nicht europafeindlich eingestellt sei. Ein Referendum zu Italiens Austritt aus Europa sei kein aktuelles Thema, versichert der Süditaliener.

Der Ausgang der Parlamentswahlen am 4. März könnte von acht Millionen unentschlossenen Wählern abhängen. 18 Millionen Italiener wissen laut Umfragen immer noch nicht genau, ob und für wen sie stimmen werden. Politologen schätzen jedoch, dass die Hälfte wählen gehen wird. Viele Italiener werden sich ihrer Ansicht nach erst in den letzten Tagen für eine Partei entscheiden.

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