Riccardo Muti: "Musik werden die Menschen immer brauchen"

Zum sechsten Mal dirigiert Riccardo Muti das Neujahrskonzert. Zum ersten Mal aber ohne Publikum. Im Gespräch mit News spricht er über das musikalische Großereignis, junge Dirigenten und die bedrückenden Zeiten

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Interview - Riccardo Muti: "Musik werden die Menschen immer brauchen"

Mit Mozarts "Così fan tutte" hätte Riccardo Muti im Juni an die Wiener Staatsoper zurückkehren sollen. Hätte: Das Wort steht für so vieles, das die Pandemie in diesem Jahr ausgelöscht hat. Dem Neujahrskonzert aber konnte sie nichts anhaben. Bereits im Sommer ließen die Philharmoniker wissen: Das Neujahrskonzert werde es geben, auch ohne Publikum. Was vor Monaten, nachdem der Spielbetrieb wieder aufgenommen wurde, niemand für möglich halten wollte, ist jetzt wahr geworden: Der Goldene Saal im Wiener Musikverein bleibt leer. Aber das Ereignis wird von Fernsehstationen in die Welt übertragen. Es ist das sechste für Riccardo Muti, der damit den Auftakt für sein 50. Jahr mit den Wiener Philharmonikern gibt. News erreichte ihn in seinem Haus in Ravenna.

News: Maestro, Sie dirigieren nun Ihr sechstes Neujahrskonzert. Nach diesem schrecklichen Jahr findet das auch noch ohne Publikum statt. Was empfinden Sie dabei?
Riccardo Muti:
Was mir fehlt, ist die normale Arbeit, nämlich ein Konzert für das Publikum vorzubereiten. Denn unsere Arbeit ist kein Beruf, sondern eine Mission, eine kulturelle und spirituelle. Wir machen Kunst und Musik für ein Publikum. Das ist Teil unserer Kultur, und die Musik ist das Wichtigste, denn sie macht unsere Gesellschaft zu einer besseren. Es gibt diesen Satz des heiligen Augustinus: "Cantare amantis est." Das heißt, wenn wir musizieren, tun wir einen Liebesdienst. Aber ohne Publikum ist das eine seltsame Angelegenheit, das macht unsere Arbeit sinnlos, denn die machen wir für andere und nicht für uns selbst. Wahrscheinlich müssen wir uns vor Augen halten, dass wir für die ganze Welt spielen, der wir Freude und Hoffnung bringen. Für den Jahresbeginn ist die Musik von Strauß, von Suppè und von den anderen Komponisten ideal, sie ist voller Fröhlichkeit, aber auch voller Sehnsucht und Melancholie, sie ist auch mitreißend, voller Feuer, da braucht es die Reaktion eines Livepublikums. Schwer zu sagen, wie das im leeren Saal sein wird.

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