Peter Hanke: "Wir müssen schnell zurück zur Normalität"

Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke über die Folgen des Lockdowns für den Wiener Handel und den Tourismus

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Interview - Peter Hanke: "Wir müssen schnell zurück zur Normalität"

Zuletzt sah man Sie mit Finanzminister Gernot Blümel beim Spatenstich für die neue Wiener U-Bahn-Linie U5. Was Sie beide eint, ist das Ziel eines Nulldefizits, das nun durch Corona in einem Riesenbudgetloch versinkt. Tröstet man sich da gegenseitig?
Was uns eint, ist die neue U-Bahn und die Notwendigkeit, in den Wirtschaftsstandort zu investieren. Das ist uns beiden sehr wichtig und da tauschen wir uns intensiv aus. Es geht ja nicht nur um den Spatenstich, sondern auch um die künftige Entwicklung. Hier gilt es, noch ein Finanzierungsübereinkommen zu schmieden. Daran arbeiten wir zurzeit.

Also Rausinvestieren aus der Krise?
In Zeiten von Corona ist das die richtige Antwort, um Arbeitsplätze zu sichern. Wenn wir in einer Woche um 28.000 mehr Menschen in Kurzarbeit haben, ist das ein Warnsignal Richtung Arbeitslosigkeit. Daher muss man gerade jetzt Aktivitäten setzen. Und wir setzen diese mit österreichischen Unternehmen. Das Geld bleibt also in der heimischen Wirtschaft, in Wien.

Das konnte man bei der Ausschreibung steuern?
Nein, das kann man nicht steuern. Aber das Ergebnis hat mit sich gebracht, dass wir drei österreichische Baukonzerne an Bord haben. Dadurch können wir die Wertschöpfung hier halten.

Wie schaut es mit Ihrem Ziel eines Nulldefizits heute aus?
Es war nach dem Nulldefizit 2019 ganz klar der Plan, Schulden zurückzuzahlen. Dem ist jetzt nicht so. Wir haben mit Einnahmeverlusten von Bundesseite zu kämpfen. Zugleich sind unsere Ausgaben durch Corona erhöht. Diese Krise hatte vorher niemand auf der Rechnung.

Nun stehen im Budgetvoranschlag für 2021 1,9 Milliarden Euro Defizit.
Ich denke, dass wir zunächst einmal 2020 besser abschließen können als mit den erwarteten Corona-bedingten 1,6 Milliarden Euro Defizit. Die genauen Zahlen werden wir in einigen Wochen haben. Und ja, es ist gut, in Zeiten wie diesen zu investieren. Wir schaffen dadurch Werte für die Stadt, die wir nun erstmals in einer Eröffnungsbilanz dargestellt haben. Für 2021 haben wir das Budget im Investitionsbereich um 19 Prozent erhöht, um klarzumachen, dass das in der Krise wichtig ist.

Mit welchem Gefühl geht man in der Haushaltsdebatte ans Rednerpult, wenn man Defizite in dieser Höhe verkünden muss?
Ich bin mit dem ausgeglichenen Haushalt sehr motiviert ans Rednerpult gegangen. Einer der Beweggründe, in die Politik zu gehen, war ja auch, zu zeigen, dass das möglich ist. In der Corona-Krise zu glauben, dass das Gleiche wie durch ein Wunder auch funktionieren könnte -dem gebe ich mich nicht hin. Nach über zwei Jahrzehnten in der Wirtschaft macht man sich keine Illusionen. Jetzt muss man Krisenmanagement beweisen. Ende 2025 will ich den ausgeglichenen Haushalt wieder erreichen. Das ist mein Ziel.

Kommt dafür ein Sparpaket?
Von unserer Seite wird kein Sparpaket kommen. Wir werden den Weg der Wirtschaftsund Innovationsstrategie nicht verlassen und sehr konsequent entlang unserer Hauptthemen investieren. Einer der wesentlichsten Schwerpunkte dabei ist der Gesundheitsstandort Wien, aber auch Smart-City-Kompetenz, Telekommunikation und Forschung. All das sind Sparten, wo wir in den letzten Jahren schon vieles richtig gemacht haben, wo aber immer noch mehr geht.

Wien hat ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, jetzt kommt noch die U5 dazu. Das Ganze zu einem Jahreskartenpreis von 365 Euro. Ist dieser Preis überhaupt noch haltbar?
In Zeiten wie diesen sind die 365 Euro auf jeden Fall haltbar. Aber es wäre unehrlich, zu sagen, dass sie das bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag sind. Das wäre unseriös. Aber gerade in der Corona-Krise ist dieser Preis wichtig. Wir sehen, dass sich das Mobilitätsverhalten verschoben hat, und wollen nach der Krise attraktiv sein. Das ist eine Frage des Preises, aber auch des Angebots: Mit der U2/U5-Verlängerung können wir 300 Millionen Fahrgäste mehr befördern.

Geändertes Mobilitätsverhalten heißt, die Leute fahren nicht mehr mit den Öffis?
Wir merken das bei den Einzelfahrkarten. Da gibt es eine starke Reduktion. Wir versuchen aber dennoch, unser Angebot in seiner Qualität und Versorgungsintensität zu erhalten.

Im ersten Lockdown im Frühling sind wir durch eine stille Stadt gegangen. Jetzt ist zwar mehr los, dennoch fragt man sich: Wie viel Lockdown hält eine Stadt wie Wien aus?
Nach dem ersten hätte ich gesagt, es geht kein zweiter Lockdown. Da bin ich etwas leiser geworden, weil ich sehe, dass man mit Hilfsleistungen natürlich dem einen oder anderen helfen kann. Man muss aber auch das volle Ausmaß sehen. Wir müssen verhindern, dass Unternehmen nur noch mit dem Schild auf der Straße existieren und Zombieunternehmen werden. Diese Gefahr ist da. Viele haben sich zwar bis jetzt gerade noch gehalten, sind aber bei Liquidität und Eigenkapital schon sehr angeschlagen. Da versuchen wir, mit dem "Stolz auf Wien"- Fonds zu helfen. Ich glaube, wir müssen wirklich schnell zurück in die Normalität. Es braucht Konzepte des Wiedereröffnens. Es ist ganz wichtig, dass der Handel eine Chance bekommt, zurückzukommen. Man muss realistisch sein: Man wird nicht alles mit Corona-Hilfen ausgleichen können. Es wird zu hohen Verlusten für die Eigentümer kommen. Deshalb ist es wichtig, rasch erste Lockerungsschritte anzustreben, sobald es gesundheitspolitisch möglich ist. Wir haben in Wien im Handel eine kleinteilige Struktur, diese Vielfalt muss erhalten bleiben, sonst haben wir leere Geschäftsstraßen.

Soll man regional unterschiedliche Wege gehen oder ist Solidarität mit den anderen Bundesländern um jeden Preis angesagt?
Solidarität um jeden Preis kann kein Modell sein. Im Gesundheitsbereich natürlich schon. Aber das muss man mit Weitblick angehen. Ich freue mich, dass die Bundesregierung jetzt auch mit Experten diskutiert. Experten aus allen Bereichen sind dabei zu hören, um nicht zu isoliert die Steuerung der Corona-Maßnahmen vorzunehmen. Da, denke ich, gibt es noch Luft nach oben.

Also mehr Wirtschaftsexperten in die Beraterstäbe?
Ja, aber auch Ärzte, die wirklich in den Krankenhäusern arbeiten. Man sollte sich nicht nur mit Virologen und Pandemieexperten austauschen, sondern ein breites Spektrum an unterschiedlichen Expertinnen und Experten heranziehen.

Ihnen fehlt die Breite in der Expertenschaft?
Es fehlen solche, die für das Herangehen an die Normalität sprechen. Die Aufgabe, die Expertenmeinungen abzuwägen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Geschwindigkeit vorzugeben, hat dann die Politik. Was sich in den letzten Wochen ein wenig verbessert hat, ist, dass man Ziele gesetzt hat, an denen wir uns orientieren können.

»Keiner weiß mehr definitiv, wann etwas endet, wann etwas wieder in Betrieb geht«

Bei den Zielen punkto Infektionszahlen wäre Wien doch auf einem guten Weg, dennoch bleibt die Corona-Ampel rot.
Keiner weiß mehr definitiv, wann etwas endet, wann etwas wieder in Betrieb geht und wo denn jetzt die Planbarkeit ist. Es fehlt der definitive Blick. Man sollte schon auch auf das Finale hinarbeiten.

In Wien gab es 2020 fast drei Viertel weniger Nächtigungen als 2019. Bleibt Wien auf absehbare Zeit eine Geisterstadt?
Die Hotelbesitzer sagen mir: "Bitte gebt uns ein Zeitfenster. Wir brauchen Planbarkeit." Wir gehen derzeit alle davon aus, dass die ersten Monate dieses Jahres schwierig sein werden. Wir hoffen, dass es nach Ostern einen klaren Schritt zur Wiedereröffnung der Hotels geben wird. Wir screenen derzeit alle Auslandsmärkte, um zu schauen, wie die Entwicklungen dort sind, und um unsere Werbemaßnahmen wieder hochzufahren. Das Minus von 2020 wird sich zwar heuer relativieren, aber es wird noch länger dauern, bis wir das Niveau von 2019 erreichen.

Wie lange?
Mit der richtigen Impfintensität und Teststrategie könnten wir im Herbst durchaus eine vernünftige Auslastung sehen, wenn auch nicht jene von 2019. Die Leute haben es ja nicht verlernt, zu reisen, und jene, die jetzt ihr Geld aufs Sparbuch legen, werden auch wieder Lust verspüren, sich die Welt anzusehen. Mehr Sorgenfalten macht mir der Kongressbereich. Konzerne haben gelernt, dass man mit einem sparsameren Umgang auch durchs geschäftliche Leben kommen kann. Es wird mehr Hybridevents geben und in der ersten Phase werden die Kongresse, die stattfinden, kleiner sein. Aber auch eine kleinere Zielgruppe müssen wir explizit ansprechen. Noch dazu, weil die Konkurrenz auf diesem Gebiet schon immer sehr groß war - egal ob durch London, Paris, Berlin oder Madrid. Hier sind wir als Stadt gefordert, mit dem Tourismus und den Kongressverantwortlichen ein Paket zu schnüren, das Sicherheit am Standort gibt.

»Wir sehen das Risiko, dass es bis zu 20 Prozent der Unternehmen betreffen könnte.«

Wie viele Hotels wird Wien am Weg zurück in die Normalität verlieren?
Wir sehen das Risiko, dass es bis zu 20 Prozent der Unternehmen betreffen könnte. Natürlich hoffen wir, dass es nicht so sein wird, und werden um jeden Standort kämpfen. Wir haben als Stadt Wien daher eine eigene Hotelwiedereröffnungsprämie ausgeschrieben, wo wir für das Wiederhoch fahren Zuschüsse zu den laufenden Kosten geben - vom Bewerben bis hin zu Betriebsmitteln, um Frühstücksbuffets zu füllen oder Lieferanten zu bezahlen. Dafür gibt es bis zu 50.000 Euro pro Hotelstandort, die zusätzlich zu den Bundesförderungen abgerufen werden können.

Wie stehen Sie zu einer Corona-Impfpflicht für Reisende?
Da bin ich für die Freiheit des Einzelnen. Jeder soll selbst entscheiden können, ob er geimpft werden möchte oder nicht. Impfpflichten würden mich eher an Länder mit anderen demokratischen Gepflogenheiten erinnern, als wir sie haben. Bei der Impfung muss man aufklären. Das müssen wir im eigenen Land tun, aber auch die EU muss sich dieser Aufgabe stellen. Wie wir sehen, schwanken beim Impfstoffthema die Emotionen hin und her. Hier muss unser Kontinent nun beweisen, dass er sich in die Zukunft entwickelt.

Wien setzt auf Impf-und Teststraßen im großen Stil. Wer zahlt dafür?
Es gibt Zusagen des Bundes. Wir dokumentieren die Kosten genau und gehen davon aus, dass gehalten wird, was versprochen wurde. Wir sehen nach den ersten Wochen, dass das Impfen in Wien gut funktioniert. Von Ärzten und medizinischem Personal gibt es nur positives Feedback. Jetzt hoffen wir auf eine möglichst hohe Impfrate. Wir sehen ja auch, dass die Wichtigkeit des Impfens mittlerweile anders wahrgenommen wird als noch vor zwei Monaten.

Im Bundeskanzleramt gibt es Befürchtungen, dass manche Länder mit der Impflogistik überfordert sein könnten, wenn die Impfstoffe endlich einmal in großen Mengen verfügbar sind.
Wien hat beim Testen bewiesen, dass wir das auf einem sehr hohen Niveau bewerkstelligen können. Wir haben eine ausgesprochen gute Infrastruktur mit vernünftigen Einzugsgebieten und kurzen Wegen. Wir werden jetzt alles tun, um diese Strukturen auch für das Impfen zu nutzen und kleinräumig in die Bezirke zu kommen. Wir hoffen, rasch in die Breite zu kommen. Wir können jedenfalls Impfstoff zur Genüge brauchen und haben beim Impfen keine Schwierigkeiten. Geschichten, wer sich wo beim Impfen vordrängt, muss man ein Ende setzen. Was wir nicht brauchen in Zeiten einer Pandemie, ist, in ein gesellschaftliches Hickhack einzutreten. Ich halte es für die oberste Maxime, den Schulterschluss zwischen Ländern und Bund auch auf die Ebene unserer Bürgermeister weiterzutragen und nicht in falsche Werte einzuzahlen.

Was kostet das ganze Impfen und Testen?
Das ist momentan noch gar nicht abschätzbar. Nach wie vor geht es darum, die Teststrategie auch in die Betriebe zu bringen. Wichtig ist, die kritische Infrastruktur gut zu testen. Wir haben mittlerweile viele unterschiedliche Testmöglichkeiten. Vor fünf Monaten hätte keiner gedacht, dass wir uns so rasch zu Hause selbst testen werden können. Die Rasanz dieser Entwicklung ist wirklich großartig, und für mich ist wichtig, dass wir viele Impulse aus Wien geben konnten, etwa mit dem Gurgeltest, der hier entwickelt wurde. Das Vienna Economic Council, eine Gruppe gescheiter Köpfe, bestätigt, dass wir am richtigen Weg sind. Wir müssen als Stadt nachhaltig das Forschungsthema und die Start-ups im Life- Science-Bereich fördern und noch stärker investieren. Als Gesundheitsmetropole können wir Europameister werden.

Sie haben schon die Eröffnungsbilanz der Stadt Wien erwähnt: Der zufolge beträgt das Vermögen der Stadt 30 Milliarden Euro - 60.000 Grundstücke, 3.000 Gebäude.
Da ist nicht einmal alles bewertet. Das Rathaus etwa. Und wir waren bei der Bewertung extrem vorsichtig. Ein Quadratmeter Straße wird mit einem Euro beurteilt.

Naiv gefragt: Könnte man rein theoretisch dieses Tafelsilber verkaufen, wenn die Folgen der Krise zu teuer werden?
Das kommt nicht in Frage. Schließlich sprechen wir hier von Dingen, die großteils nicht verkauft werden können, wie zum Beispiel die Ringstraße. Und auch unsere Unternehmen, wie die Öffis, das Wasser oder die Energieversorgung, verkaufen wir sicher nicht.

Welche Wiener Projekte müssen eigentlich wegen der Corona-Krise warten?
Das Investieren bedeutet, dass wir Fremdmittel aufnehmen. Das muss man klar sagen. Das tun wir über eine beschränkte Zeit, weil ich 2025 wieder eine Null in den Büchern sehen möchte. Die muss man langfristig planen. Aber kurzfristig halte ich nicht viel davon, sich jetzt dem Sparstift zu widmen. Momentan geht es darum, die Impulse so zu setzen, dass auch unsere Kinder gesicherte Arbeitsplätze in einem guten Umfeld haben werden. Die Digitalisierung hat da viel verändert. Noch vor einem Jahr hätten wir nicht geglaubt, dass wir so viel digital abwickeln können. Diese Möglichkeiten der Effizienz sehen wir jetzt. Da müssen wir aber dranbleiben, sonst verebben die schnell.

Welche Auswirkungen wird es auf die Bewältigung der Klimakrise haben, wenn die Wirtschaft wieder anspringt? In der Wirtschaftskrise 2008 konnte man beobachten, dass die CO2-Emissionen sanken, aber ganz schnell wieder sogar über dem Vorkrisenniveau waren.

Ich glaube, wenn die Kombination stimmig ist und die richtigen Köpfe die richtigen Strategien entwickeln, ist es möglich, dass wir die Veränderungen nützen und aus der Pandemie lernen können. Die Umwelt ist dabei eines der obersten Ziele. Die Technologien, was Mobilität und Wohnen betrifft, ändern sich derzeit massiv. Das sind Entwicklungsmöglichkeiten, die wir jetzt nützen müssen, um noch schneller unser Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Wir haben das ja ehrgeizig auf das Jahr 204o vorverlegt. Das bedeutet, dass an allen Ecken und Enden Veränderungen greifen müssen. Aufgrund der Krise sind alle sehr hellhörig geworden. Man ist bereit, weitere Wege zu gegen. Das könnte einen Schneeballeffekt geben. Und es geht auch um langfristige Ziele. Etwa über neue Speichermöglichkeiten nachzudenken. Das Beinahe-Black-out im Jänner hat uns geschockt. Das zeigt die Notwendigkeit, Spitzenverbrauchszeiten abdecken zu können. Dafür muss man jetzt Investitionen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre setzen.

Deutsche Kommunen denken bereits daran, Parkgebühren zu erhöhen, um die Krisenkosten zu decken. In Wien ist im rot-pinken Koalitionsabkommen vereinbart, sämtliche kommunalen Abgaben zu durchleuchten. Vom Gastgarten bis zum Parken - was kommt da auf uns zu?
Wir durchleuchten alle kommunalen Abgaben, das ist ein Ziel, das wir uns für 2021 gesetzt haben. Im Herbst wollen wir die Ergebnisse präsentieren können. Wir denken dabei nicht an Erhöhungen. Wir wollen die Effizienz und Zielgenauigkeit hinterfragen, um die Wirtschaft befeuern zu können. Ich würde mir herausnehmen, zu sagen: Lasst uns an unseren Stärkepotenzialen arbeiten und damit die richtigen Grundlagen setzen.

Hat man es als Finanz-und Wirtschaftsstadtrat mit den Neos eigentlich leichter als mit den Grünen?
Es ist wie bei Beziehungen: Junge Beziehungen haben den Vorteil, dass sie auf beiden Seiten befeuert werden. Das tun wir derzeit. Dann kann man sich analog die Vorstellung machen, wie das in einer älteren Beziehung so ist. Man muss in Beziehungen immer investieren. Emotionen, Sachlichkeit, Kompetenz, den Wunsch, Ziele zu erreichen. Der Wunsch ist ganz groß und die Möglichkeiten dazu da. Ich werde alles tun, damit wir in diesem Gefüge möglichst lang verbleiben können.

Beim "Stolz auf Wien"-Fonds sind klingende Namen dabei, Kommen ähnlich prominente dazu?
Wir haben dazugelernt. Beim ersten Lockdown haben wir gesagt, wir brauchen Eigenkapital, wir wollen Unternehmen helfen, die kurzfristig in Not geraten sind. Mittlerweile mussten wir das Konzept überarbeiten. Es geht nicht mehr um Überbrückungshilfen, sondern um Unternehmen, die in schwere Seenot geraten sind. Da geht es um Sein oder Nichtsein. Da müssen wir schnell reagieren.

Denken Sie sich, wenn die Hilfsanfragen kommen, manchmal: "Was, der auch?"
Auch solche Namen werden dabei sein. Das sind Warnzeichen, die für die Politik wichtig sind. Wenn wir sehen, dass es in gewissen Branchen immer heftiger wird, dann muss uns das zu denken geben, wie wir Hilfspakete schnüren. Wir sorgen uns, dass die Insolvenzentwicklung höher sein könnte, als wir sie jetzt sehen. Das beflügelt aber auch unsere Kreativität. Mir ist es ein besonderes Anliegen, Einpersonenunternehmen zu helfen, die wirklich vor Existenzproblemen stehen. Manche haben die Sorge, bald auf das unterste Notfallnetz der Stadt angewiesen zu sein. Dort müssen wir mit klarer finanzieller Unterstützung helfen, neue Businessmodelle und Produkte zu entwickeln oder neue Kommunikations-und Vertriebswege aufzubauen. Da geht es um Zehntausende in dieser Stadt.

Die im Verborgenen leiden im Gegensatz zu großen Namen wie dem Café Landtmann?
Was bedeutet die Krise für die, die nie den Status einer großen Marke wie das Landtmann erreichen konnten? Da wird man sehr kleinlaut, wenn man nachdenkt, aber auch gleichzeitig sehr laut, wenn es darum geht, das Richtige zu tun.

ZUR PERSON
Peter Hanke, 56 Der gebürtige Wiener studierte Betriebswirtschaftslehre und war von 1993 bis 2018 in verschiedenen Funktionen bei der Wien Holding tätig, seit 2002 war er dort Geschäftsführer. Im Mai 2018 holte der neue Bürgermeister Michael Ludwig den Manager als Wirtschafts-und Finanzstadtrat in sein Team.