"Eine Möglichkeit wäre,
dass wir aufhören zu wählen"

Neo-"Kanzler" Roland Düringer über die Wahl und sein neues Programm

Roland Düringer, bekannt geworden als Auto-vernarrter Kabarettist, gab sich zuletzt als Polit-Quereinsteiger mit der Gründung der Liste GILT. Seit gestern ist er aber wieder zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und steht als „Kanzler“ - eben nicht einer neuen Regierung vor, sondern - wieder auf der Bühne. Mit seinem gleichnamigen, neuen Kabarettprogramm. Ob sich für ihn nun der Kreis geschlossen hat, wie er den Wahlausgang sieht und wie es ist, wieder eine Bühnenrolle zu spielen, erzählt er im Interview.

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Interview - "Eine Möglichkeit wäre,
dass wir aufhören zu wählen"

News.at: Was sagen sie zum Abschneiden von GILT?
Roland Düringer: Bei GILT ging es meinerseits nie um ein Wahlergebnis. Sondern darum, den Menschen abseits der klassischen Parteien eine Möglichkeit zu bieten, eine gültige Stimme zu bekommen. Ca. 40.000 haben diese Möglichkeit genutzt. Auch ich.

Wie haben Sie den Wahlsonntag erlebt?
Ich war mit meiner Frau einen Freund in Marchtrenk besuchen, der Tag war eher bedeutungslos für mich, Gott sei Dank.

»"Danke, fertig. System funktioniert."«

Die rechten Parteien haben einen großen Erfolg gefeiert, manche haben nun Angst vor einem Rechtsruck in Österreich. Verstehen Sie das?
Das ist bloß eine Bestätigung, dass das politische System wunderbar funktioniert. Darum geht es auch in meinem neuen Stück. Es gibt Machtinteresse und Strategien in der Politik, es gibt die Kommunikation nach Außen und die gutgläubigen Wähler: ein geschlossenes System.
Erinnern wir uns an die Antworten auf die Frage „Sind sie von der Performance der Regierung enttäuscht oder finden sie diese gut?“ 75 Prozent der Österreicher antworteten mit „Furchtbar, eine Katastrophe.“ Auf die Frage „Wie beurteilen sie den Wahlkampf?“ alle so: „Furchtbar, eine Katastrophe, Schmutzkübel, schrecklich.“ Endergebnis: 85 Prozent haben wieder gewählt. Danke, fertig. System funktioniert.

In Ihrem Stück wird die Rolle der Medien auch angekreidet. Hatten diese einen besonders großen Einfluss auf das Wahlergebnis?
Man kann nicht sagen, dass sie Schuld an etwas sind. Das eine funktioniert halt ohne das andere nicht.

Wie kann man aus diesem System ausbrechen?
Eine Möglichkeit wäre, dass wir aufhören zu wählen. Die offene Demokratie, eine sich selbst organisierende Gesellschaft. Aber solange wir wählen, werden uns Dinge angeboten und das Angebot der anderen schlecht gemacht, beziehungsweise der Verkäufer.

»"'Her mit der Marie, ihr Volltrottln' könnte auch drauf stehen"«

Wie grenzt man sich ab von soviel Irrsinn? Der Wahlkampf und auch das danach ist vielen Österreichern sehr nahe gegangen...
Man muss es wertfrei betrachten. Linke Hetze, rechte Hetze, wenn dich das aufregt, haben die schon gewonnen. Was sehen wir auf den Plakatständern? Ein Gesicht, hübsch eingerichtet vom Fotografen, drauf schreiben wir: Kurz, das ist besser als Quastitschek zum Beispiel und dann schreiben wir drauf: „Jetzt oder nie“ und nachher picken wir drauf: „Danke“. „Her mit der Marie, ihr Volltrotteln“ könnte auch drauf stehen.

Sprache als Mittel zur Machtgewinnung?
Ja, das haben ja sogar die Supermärkte drauf. Um den Lebensmitteln diesen regionalen Touch zu geben, wird Dialekt verwendet. Erdäpfel, Paradeiser – so heißt unsere Gemüse! Alles nur um den Kunden zu suggerieren: „Hey, das kommt aus dem Nachbarsgarten und nicht aus Spanien.“

Wie kommt man zu Ihrer inneren Ruhe und Abgeklärtheit?
Da muss man an sich arbeiten, das kommt nicht von alleine. Wenn ich alles lesen würde, was über meine Person geschrieben wird, wäre ich Alkoholiker oder ich würde meine Frau hauen oder mich umbringen. Wenn ich denke, was auf Facebook abgeht...brrr.
Es ist ein Prozess. Ich habe mit einfachen Maßnahmen begonnen, weil ich ja so ein Konsumjunkie war. Ich hatte die Marie einstecken und immer wenn ich auf Tour war, habe ich fest eingekauft, im Glauben, man bekommt beim Shoppen woanders etwas anderes als hier. Aber nein, es ist das gleiche Zeug. Die Übung ist: Drei Stunden Shoppingcenter und nix kaufen. Wenn du das schaffst, hast du schon gewonnen.

»"Mir muss keiner zuhören."«

Manche Leute fühlen sich von Ihnen ziemlich belehrt...
Das ist das Problem der Leute, ich bin kein Ausbilder, kein Sergeant, mir muss keiner zuhören.

Wie ist es, nun wieder auf der Bühne zu stehen?
Es ist anders. Ich war seit 2010 mit Vorträgen unterwegs. Da ging ich als Herr Düringer auf die Bühne und nahm zu gewissen gesellschaftlichen Themen Stellung. Vielleicht haben sich da welche belehrt gefühlt: „Der Herr Düringer erklärt die Welt.“ Ich gehe jetzt aber wieder den Weg, den ich früher ging: Ich spiele eine Rolle. Eine Figur und diese durchlebt eine Geschichte. Das heißt, ich erkläre niemandem, wie Politik funktioniert, sondern ich lasse zuschauen, wie Politik funktioniert. Das ist der grundsätzliche Unterschied.

Sie waren schon der Lustige, der Ernsthafte, der Prolo, Best Buddy, der Autonarr, der emsige Gärtner und Aussteiger - Ist Veränderung die einzige Konstante in ihrem Leben?
Alles ist Veränderung. Wenn man die Natur wahrnimmt, dann ist man Teil von dem und man versteht, dass alles sich pausenlos verändert, nichts gleich bleibt.

Roland Düringer ist "Der Kanzler":
Und darum geht es: Ein Kanzler, einstiger Hoffnungsträger seiner Partei, hat die Wahl verloren und wird der Politik den „rückgratlosen Rücken“ kehren und feilt an seiner letzten, seiner Abschiedsrede. Dabei lässt er die Wahl – und den Kampf darum – wohl Revue passieren, denn Schuld an der Niederlage waren eine unglückliche Markenpositionierung und eine dreibeinige Hündin. „Politik ist eben ein beinhartes, ein schmutziges Geschäft“, sinniert der (Ex-)Kanzler. Die Besucher dürfen sich wohl auf eine bitterböse Abrechnung mit Düringers Ausflug in die Welt der Politik einstellen.
Wien-Premiere am 19.10. im Orpheum