Facebook-Löschzentrum:
Einblick in eine Festung

Erstmals gewährt Facebook Journalisten Zutritt zu seinem Berliner Löschzentrum.

Erstmals hat Facebook Journalisten den Zugang zu seinem bisher streng abgeschirmten Löschzentrum in Berlin gewährt. Ein wenig Transparenz in einem Bereich des Unternehmens, der zuletzt wegen seiner Arbeitsbedingungen in der Kritik stand. Dennoch blieben bei den Besuchern viele Fragen offen.

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Inside Facebook - Facebook-Löschzentrum:
Einblick in eine Festung

Facebooks Dienstleister Arvato hatte in der Vergangenheit viel Aufwand betrieben, um die Öffentlichkeit aus dem Berliner Löschzentrum fern zu halten. In einem unscheinbaren Bürogebäude im Westen der Stadt hatte man sich eine Festung aufgebaut: Abgeklebte Fenster, Sprechverbot für Mitarbeiter und kein Zutritt für Journalisten oder Politiker. Insbesondere nachdem Kritik an den Arbeitsbedingungen laut wurden, schirmte man die Öffentlichkeit verstärkt ab. Das „Süddeutsche Zeitung Magazin“ und das Onlineportal MobileGeeks.de hatten über überlastete Mitarbeiter berichtet und fehlende psychologische Betreuung berichtet.

Drei ausgewählte Mitarbeiter im Gespräch

Nachdem ausgewählten deutschen Politikern der Zugang gewährt wurde, durften nun auch Journalisten den Ort betreten, an dem entschieden wird welche Inhalte der Social-Media-Riese löscht. Der Besuch, welcher immerhin drei Stunden dauerte, war allerdings streng durchgeplant. Nach einer Präsentation von Facebook und der Bertelsmann-Tochter Arvato, die im Auftrag das Löschzentrum betreut, durften die Journalisten mit drei ausgewählten Mitarbeitern sprechen. Diese erzählten von ihren Erfahrungen mit kriminellen Inhalten wie Gewalttaten, Mord und Tierquälerei. Die Berliner Zeitung Tagespiegel berichtet von einem Mitarbeiter, der erzählt wie er nachdem er erstmals ein Enthauptungsvideo sah rausging und weinte. „Das war aber nur ein einziges Mal so, und jetzt habe ich mich daran gewöhnt," ergänzte er gegenüber der Journalisten. Die in der Vergangenheit aufgekommenen Vorwürfe verstehe man nicht. Die Mitarbeiter seien stolz im Löschzentrum von Facebook zu arbeiten und von Beginn an habe man den Mitarbeitern psychologische Unterstützung bereitgestellt.

Konkrete Fragen zu Mitarbeiterzahlen bleiben offen

Die ARD-Nachrichtensendung Tagesschau berichtet, dass ihnen genau 15 Minuten Zeit gegeben wurde um die Mitarbeiter zu filmen. Allerdings nur von hinten, um diese zu schützen. Die alltägliche Arbeit wurde den Besuchern nicht präsentiert, da man die Privatsphäre der Facebook-User sichern wolle. Bei Fragen nach genauen Zahlen, beispielsweise zur Fehlerquote bei Löschentscheidungen und Mitarbeiterzahlen, die sich um deutschsprachige Inhalte kümmern, hielt man sich verschlossen. Mit der Öffnung des Löschzentrums für Medienvertreter geht Facebook einen ersten Schritt Richtung Transparenz, lässt aber noch viele Fragen offen.