Informeller Gesundheitsrat: Debatte über Diabetes & geschlechterspezifische Medizin

Rauch-Kallat: "Diabetes weltweit unterschätzt" "Frauen leiden mehr unter Krebs als Männer"

"Diabetes ist die mit Sicherheit weltweit unterschätzteste Krankheit. 'Wegen dem bisserl Zucker' - das ist nicht nur grammatikalisch, sondern auch inhaltlich falsch. (...) Wir müssen bei Typ-2-Diabetes von eine weltweiten Epidemie sprechen", sagte Rauch-Kallat in ihrem Eingangsstatement.

Die stellvertretende WHO-Generadirektorin betonte die Bürde, die der Weltbevölkerung zunehmend durch chronische Erkrankungen wie Diabetes auferlegt wird: "2005 starben weltweit 58 Millionen Menschen. 60 Prozent dieser Todesfälle waren auf chronische Erkrankungen zurückzuführen. Das waren 35 Millionen Opfer. Nur 20 Prozent davon entfallen auf die Staaten mit hohen Einkommen. Dabei kennen wir die Ursachen. Prävention ist der Schlüssel für die Zukunft."

In Sachen Diabetes - mit den Gesundheitsministern der EU-Beitrittskandidaten sowie zusätzlich des chinesischen Ressortchefs Gao Quiang und seines US-Kollegen Michael Leavitt zu den Ministern der EU-Staaten sind in Wien sozusagen 2,1 Mrd. Menschen oder ein Drittel der Weltbevölkerung vertreten - kommt es laut Rauch-Kallat vor allem auf die Früherkennung und die Vorsorge an.

Die Ministerin bei der Pressekonferenz - aus Zeitgründen ohne Fragemöglichkeit: "In Österreich gibt es rund 300.000 erkannte und behandelte Diabetiker. Der in den Wiener und niederösterreichischen Apotheken derzeit durchgeführte Schnell-Gesundheitscheck hat ergeben, dass bei 100 Leuten (die an der Aktion teilnahmen, Anm.) zwei neu erkannte Diabetiker dabei waren. In Europa leben derzeit 22,5 Millionen Diabetiker, für das Jahr 2025 rechnet man mit 60 Millionen. 1995 wurden weltweit rund 3,8 Mrd. US-Dollar für Diabetes-Medikamente ausgegeben. Im Jahr 2005 waren es 17,8 Milliarden Dollar und für 2010 wurden 27,9 Milliarden Dollar prognostiziert."

Gender-Medizin in die Beipackzettel
Frauengesundheit beziehungsweise Gender-Medizin - also die geschlechtsspezifische Gesundheitsversorgung der Menschen - ist das zweite Hauptthema des Informellen EU-Gesundheitsministerrates. Le-Gales-Camus: "Frauen leiden mehr unter Krankheiten wie Krebs und Diabetes als Männer.

Wenn wir uns auf Europa konzentrieren, dann sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Schlaganfall, Herzinfarkt etc.) die häufigste Todesursache. Im Jahr 2005 wurden 59 Prozent der Todesfälle bei Frauen durch diese Krankheiten verursacht. Das wird noch immer missachtet, ignoriert und unterschätzt. Das Gesundheitswesen versorgt die Frauen oft schlecht. Daraus resultieren mangelhafte und späte Diagnosen sowie eine schlechte Behandlung von Krankheiten."

Ähnlich auch Österreichs Ressortchefin Rauch-Kallat: "Männer und Frauen haben unterschiedliche Bedürfnisse im Gesundheitswesen, auch in der Prävention und der Therapie von Krankheiten."

Trotz einer jahrzehntelangen Gleichstellungsdebatte sei sie, Rauch-Kallat, absolut verärgert, dass Frauen bei einem Herzinfarkt im Durchschnitt noch immer eine halbe Stunde später ins Spital kämen als Männer, seltener High-Tech-Therapien oder gar Transplantationen erhielten. Die Ministerin: "Lange Zeit war man der Meinung, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur Männer im mittleren Alter betreffen. Dabei stirbt jede zweite Österreicherin an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung." (apa/red)