Infantin Cristina vor Gericht

Schwester des spanischen Königs wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor Gericht

Es waren nur wenige Schritte vom Auto bis zum Eingang der balearischen Verwaltungsschule. Aber es waren die schwersten, die Infantin Cristina von Spanien (50) jemals zurücklegen musste. Mit ernstem Gesichtsausdruck und an der Seite ihres Mannes Inaki Urdangarin (47) betrat die Schwester von König Felipe VI. unter dem Blitzgewitter Hunderter Kameras so schnell es ging das Gebäude der Verwaltungsschule, in dem am Montag der Mega-Prozess im Korruptionsfall Noos begonnen hat. Es ist das erste Mal, dass ein Mitglied der spanischen Königsfamilie vor Gericht steht. Ihr drohen bis zu acht Jahre Haft für Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen.

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600 Journalisten aus der ganzen Welt berichteten live über den von der spanischen Presse bereits als "Jahrhundertprozess“ getauften "Fall Noos“. Er ist Symbol für den Kampf gegen die in Spanien weit verbreitete politische Korruption und Auftakt zu einer Serie verschiedener Korruption-Prozesse, die heuer in Spanien stattfinden werden.

Schlüsselfigur des Korruptionsprozesses im "Fall Noos“, in dem für die insgesamt 18 Angeklagten über 100 Jahre Gefängnis gefordert wurden, ist Cristinas Ehemann Urdangarin. Der Schwager des Königs soll zusammen mit seinem Geschäftskollegen Diego Torres über eine gemeinnützige Stiftung namens Noos rund sechs Millionen Euro Steuergelder ergaunert und veruntreut haben.

Als Schwiegersohn des Königs Juan Carlos soll er zwischen 2003 und 2009 lukrative Berateraufträge ergattert haben und dabei großen Menge Geld auf Privatkonten in Steuerparadiesen abgezweigt haben. Auch Politiker verdienten anscheinend mit. So kassierte Urdangarin anscheinend 114.000 Euro für seine Hilfe, die Olympischen Spiele 2016 nach Madrid zu holen. Eine Arbeit, für die es aber keinerlei Belege oder Nachweise gibt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Handball-Profi vom FC Barcelona Beamtenbestechung, Betrug, Korruption, Geldwäsche, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung vor. Ihm drohen bis zu 19 Jahre Haft.

Diverse Politiker auf der Anklagebank

Auch der ehemalige Ministerpräsident der Balearen und spanischer Umweltminister Jaume Matas sowie verschiedene Regionalpolitiker und Regierungsbeamte der Balearen, Valencia und Madrid müssen sich wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder, Amtsmissbrauch und Korruption verantworten.

44.000 Seiten ist die Anklageschrift lang. Bis zum Urteil am 30. Juni werden über 363 Zeugen angehört. Auch Spaniens ehemaliger Justizminister Alberto Ruiz-Gallardon, der frühere Wirtschaftsminister und IWF-Chef Rodrigo Rato, die ehemalige Madrider Bürgermeisterin Ana Botella, Valencias ehemaliger Ministerpräsident Francisco Camps und der frühere Königshaus-Sprecher Fernando de Almansa müssen aussagen. Die Verwicklungen sind komplex und undurchsichtig.

Beim Prozessbeginn am Montag ging es zunächst nur um Verfahrensfragen. Für Infantin Cristina war es allerdings ein wichtiger Tag. Ihre Rechtsanwälte und Staatsanwalt Pedro Horrach beantragten für sie die Anwendung der Botin-Doktrin, nach der Steuerdelikte nicht zur Verhandlung kommen, wenn die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhebt.

Infantin soll aktiv beteiligt gewesen sein

Virgina Lopez-Negrete, Rechtsanwältin des Nebenklägers "Manos Limpias“ (Saubere Hände), wirft ihr allerdings vor, nicht einfach nur Teilhaberin der Noos-Stiftung gewesen zu sein. "Es gibt viele Indizien, die dafür sprechen, dass die Infantin nicht nur von den illegalen Machenschaften wusste, sondern auch aktiv an den Steuerdelikten und der Geldwäsche beteiligt war“, erklärte Lopez-Negrete im APA-Gespräch vor Prozessbeginn.

Die Rechtsanwältin der Manos Limpias-Vereinigung, die sich in Spanien dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hat, warnt: "Cristina aufgrund der Botin-Doktrin vom Prozess zu befreien, würde das Königshaus unter Verdacht stellen, Druck ausgeübt zu haben, bevorzugt behandelt zu werden“.

Schicksalstage für das Königshaus

Die Gefahr eines Schuldspruchs, aber auch einer polemischen vorzeigten Befreiung Cristinas vom Prozess ist groß. Sie könnten die Krone in ihren Grundpfeilern erschüttern. "Während wir verarmen und jeder zweite Spanier arbeitslos ist, bereichern sich die Großen und Mächtigen auf unsere Kosten. Es ist eine Schande“, erklärte gegenüber der APA Miquel Mascaro, der mit seiner antimonarchistischen Vereinigung Unidad Civica por la Republica vor dem Gerichtsgebäude für ein Ende der Monarchie protestierte.

Der Erfolg der Anti-Korruptionsparteien Podemos (Wir können) und Ciudadanos (Bürger) bei den vergangenen Parlamentswahlen am 20. Dezember, aber auch der Umstand, dass erstmals ein Mitglied des Königshauses vor Gericht gestellt wird, zeigen allerdings, dass in Spanien Korruption aufgehört hat, ein Kavaliersdelikt zu sein.

Update: Prozess vertagt

Im Prozess gegen die spanische Infantin Cristina, die Schwester von König Felipe VI., und gegen 17 weitere Angeklagte hat das Gericht die Verhandlungen bis zum 9. Februar vertagt. Dies gab die Vorsitzende Richterin am Montagabend in Palma de Mallorca bekannt.

Bis dahin will das Gericht entscheiden, ob die Anklage gegen die 50-jährige Cristina aufrechterhalten wird. Die Anwälte der Schwester des Königs hatten ebenso wie die Staatsanwaltschaft den Antrag gestellt, das Verfahren gegen die Infantin einzustellen.

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