Furcht vor neuem
atomaren Rüstungswettlauf

Mit dem 1987 abgeschlossenen INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen endet heute einer der wichtigsten Abrüstungsverträge zwischen den USA und Russland. Damit können die beiden Länder wieder ohne Beschränkungen solche Waffen bauen - deswegen wird ein neuer atomarer Rüstungswettlauf befürchtet.

von INF-Vertrag - Furcht vor neuem
atomaren Rüstungswettlauf © Bild: iStockphoto.com

Die USA hatten den INF-Vertrag Anfang Februar mit Rückendeckung der NATO-Partner gekündigt, weil sie davon ausgehen, dass Russland das Abkommen seit Jahren mit einem Waffensystem namens SSC-8 (Russisch: 9M729) verletzt. Wenig später setzte auch Moskau den Vertrag aus.

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Das russische Waffensystem soll in der Lage sein, Marschflugkörper abzufeuern, die sich mit Atomsprengköpfen bestücken lassen und mehr als 2.000 Kilometer weit fliegen können. Russland gibt die maximale Reichweite der SSC-8 hingegen mit nur 480 Kilometern an. Das wäre vertragskonform, da das Abkommen lediglich den Besitz landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern untersagt.

Pompeo verkündet formalen Ausstieg

US-Außenminister Mike Pompeo hat heute den formalen Ausstieg der USA aus dem INF-Abrüstungsvertrag zu atomaren Mittelstreckenraketen verkündet. Pompeo sagte bei einem Besuch in Bangkok, der Ausstieg der USA aus dem Vertrag "tritt heute in Kraft". Für das Ende des Abkommens sei "ausschließlich" Russland verantwortlich.

Russland gab hingegen den USA die Schuld. Der 1987 in Washington von der Sowjetunion und den USA unterzeichnete Vertrag habe am Freitag "auf Veranlassung" der USA seine Gültigkeit verloren, erklärte das Außenministerium in Moskau.

Die USA hatten den INF-Vertrag im Februar gekündigt, nach einer sechsmonatigen Auslaufphase tritt der Ausstieg nun formal in Kraft. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump begründet den Vertragsausstieg damit, dass Russland mit seinem Marschflugkörper 9M729 gegen das Abkommen verstoße. Moskau weist die Anschuldigungen zurück.

Kurz vor dem Auslaufen des Vertrags schlug Russland den USA ein Moratorium zur Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen vor. Vize-Außenminister Sergej Riabkow sagte der russischen Nachrichtenagentur Tass, die russische Regierung habe den USA und anderen NATO-Länder ein solches Moratorium vorgeschlagen.

Das vorgeschlagene Moratorium sei vergleichbar mit einem Moratorium, das Präsident Wladimir Putin verkündet habe, sagte Riabkow. Wenn die USA "in bestimmten Regionen" keine Waffen stationierten, werde auch Russland darauf verzichten. Die Unterzeichnung eines neuen Abrüstungsvertrags steht seinen Angaben zufolge aber nicht auf der Tagesordnung.

Riabkow zog zugleich Angaben der NATO in Zweifel, dass es nach dem INF-Aus keine Pläne zur Stationierung neuer nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa gebe. Russland "glaubt" demnach nicht daran.

Das INF-Abkommen war 1987 zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossen worden. Es verbot landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern, die Atomsprengköpfe tragen können. Besonders für europäische Länder war der INF-Vertrag eine wichtige Sicherheitsgarantie. Nun gibt es Sorgen, dass es zu einem neuen Rüstungswettlauf zwischen den USA und Russland kommt.

NATO-Partner geschlossen hinter der USA

Die NATO-Partner der USA haben sich geschlossen hinter deren Entscheidung gestellt, aus dem INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen auszusteigen. In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung der Militärallianz heißt es, die Entscheidung werde von den Alliierten voll und ganz unterstützt. Die alleinige Verantwortung für das Ende des Vertrages trage Russland.

Eine Situation, in der die Vereinigten Staaten sich vollständig an den INF-Vertrag hielten, Russland dies aber nicht tue, sei nicht haltbar.

Die Militärallianz bekräftigt in der Erklärung zudem ihre Entschlossenheit, auf ein neues russisches Marschflugkörpersystem zu reagieren. "Die NATO wird in angemessener und verantwortlicher Art und Weise auf die signifikanten Risiken antworten, die die russischen Marschflugkörper für die Sicherheit der Allianz darstellen", hieß es in der Mitteilung. Man habe ein ausgewogenes und defensives Maßnahmenpaket vorbereitet, um sicherzustellen, dass die Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeiten glaubwürdig und effektiv blieben.

Alle Bündnispartner würden zudem weiter entschlossen für den Erhalt einer effektiven internationalen Rüstungskontrolle eintreten. Unter der Voraussetzung eines entsprechenden russischen Verhaltens strebe man weiter ein konstruktives Verhältnis zu Russland an.

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