Im "Vorhof der Macht": Zeitungsmacher Hans Dichand feierte den 85. Geburtstag

So mancher Wegbegleiter kam ihm schon abhanden Chef der "Kronen Zeitung" im Konflikt mit der WAZ

Im "Vorhof der Macht": Zeitungsmacher Hans Dichand feierte den 85. Geburtstag

Seit Jahren schwelt der Konflikt zwischen Hans Dichand und der Westdeutschen Allgemeine Zeitung (WAZ). Auch das Urteil des Schiedsgerichts im Februar des Vorjahres brachte keinen Schlusspunkt, sondern zementierte die Patt-Situation der beiden Hälfteeigentümer. Die Schweizer Schiedsrichter gaben Dichand zwar recht und bestätigten ihn als Hauptgeschäftsführer, Ruhe kehrte aber nicht ein. 2005 zankten sich Dichand und der langjährige Sportchef Michael Kuhn, der 2003 von der WAZ zum geschäftsführenden Chefredakteur neben Dichands Sohn Christoph bestellt wurde. Anfang Jänner dieses Jahres wurde der Streit durch einen bedingten Vergleich beigelegt.

Doch Dichand rechnet durchaus mit einem dramatischen Finale, zeigen seine jüngsten Aussagen. Dass er in Sachen Klimt nicht mäzenatisch tätig werden könne, begründete er mit Verweis auf den Konflikt: "Da ich nicht weiß, wie es ausgeht, es aber möglich ist, dass sehr große Summen notwendig werden könnten, sind meine Hände gebunden", sagte er. Derzeit versucht er dem Vernehmen nach, die Doppel-Chefredaktionslösung beim Schiedsgericht zu bekämpfen.

Sein um zehn Jahre jüngerer Widersacher in Essen wird ihm vorerst nicht abhanden kommen: Erich Schumann, der im Dezember 2005 75 wurde, ist zwar dienstältester WAZ-Geschäftsführer, will aber seine bisherigen Funktionen weiterführen, wie er anlässlich seines Geburtstages betonte. Ein anderer früherer Weggefährte und späterer Kontrahent Dichands verstarb 2005 im Alter von 72 Jahren: Kurt Falk, 1958 Mitbegründer der "Kronen Zeitung", den Dichand 1987 - mit Hilfe der WAZ - auskaufte.

Familienzusammenhalt durch "Gruppe Dichand"
Die Hälfte der "Krone" gehört Hans Dichand, doch in jüngster Zeit tritt er gegenüber der WAZ gerne als "Gruppe Dichand" auf. Und diese Gruppe ist durch Familienbande zusammengeschweißt, wurde erst kürzlich wieder deutlich, als Schwiegertochter Eva öffentlich auftrat. Den Vortrag über die Gratistageszeitung "Heute", wo sie als Co-Geschäftsführerin werkt, wollten nicht nur Gatte Christoph, sondern auch der Schwiegervater live erleben. Dass Eva Dichand dereinst in der Chefetage der "Krone" Hand anlagen könnte, gilt in Branchenkreisen als nicht unwahrscheinlich.

"Heute" trat in die Fußstapfen des "U-Express", den Hans Dichand 2001 lanciert hatte, der aber auf Geheiß seiner Mediaprint-Partner im Jahr 2004 das Zeitliche segnete. Mit "Heute" habe er nichts zu tun, beteuerte er mehrmals - wohlweislich, denn die WAZ wäre wohl wenig erbaut über einen neuen Ausflug ins Gratistageszeitungs-Geschäft.

Erste Erfahrungen im Nachrichtendienst
Die Karriere Hans Dichands begann mit einer Schriftsetzerlehre in Graz. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, den er bei der deutschen Marine verbrachte, sammelte Dichand beim englischen Nachrichtendienst in Graz erste journalistische Erfahrungen. Kurz darauf wechselte er zur "Murtaler Zeitung". Ab 1949 leitete Dichand sechs Jahre lang die Redaktion der "Kleinen Zeitung", 1955 ging er als Chefredakteur zum "Kurier" nach Wien.

"Dort", schildert Dichand in seinem 1977 erschienenen Buch "Kronen Zeitung - Geschichte eines Erfolges", "entstand das Team, aus dem die Kronen Zeitung werden sollte, von der ich seit meiner Kindheit geträumt hatte." Mit Unterstützung des damaligen ÖGB-Präsidenten Franz Olah, der ihm den Startkredit vermittelte, erwarb Dichand den Titel "Kronen Zeitung" und brachte 1959 gemeinsam mit Kurt Falk die "Krone" auf den Markt. Schon ab Mitte der Siebziger Jahre beschränkte sich die Geschäftsbeziehung der beiden Partner allerdings auf finanzielle Belange.

Dichand will WAZ loswerden
Mit Hilfe der WAZ wurde Dichand Falk dann zwar los, zugleich legte der Einstieg des deutschen Konzerns aber den Grundstein für jenen Konflikt, der seit Jahren die Medienbranche abwechselnd in Atem hält oder amüsiert. Lieber heute als morgen würde er der WAZ ihre "Krone"-Hälfte abkaufen, hat Dichand wiederholt signalisiert - für die Essener kommt dies aber nicht in Frage.

Nach Falk kamen Dichand im Laufe der Jahre weitere treue Freunde abhanden: Mit Friedrich "Bibi" Dragon, langjähriger geschäftsführender Chefredakteur, verkehrt er seit 2001 hauptsächlich vor Gericht. Der umstrittene Richard "Staberl" Nimmerrichter verabschiedete sich ebenfalls im Jahr 2001 in den Ruhestand. Konfliktfrei, wie er stets betonte. Dichand zeigte sich im Nachhinein nicht restlos zufrieden mit dem gestrengen Kommentator, der jahrzehntelang das Bild der "Krone" mitprägte. "Ich habe 'Staberl' immer vorgeworfen: Du bist ein Haider-Journalist, der von uns bezahlt wird", sagte er vor zwei Jahren in einem Interview. "Ein bissl Werbung" für ein Buch Nimmerrichters habe man dann aber doch gemacht.

Im "Vorhof der Macht"
"Ein bissl Werbung", eine gute Nachred' und/oder ein paar schöne Fotos in der "Krone" sind wohl auch der Traum (fast) jeden Politikers hier zu Lande. Die "Kronen Zeitung" ist als meist gelesene Zeitung Österreichs auch die mächtigste des Landes: Diese Ansicht hält sich nach wie vor hartnäckig, wenn auch Dichand selbst so gerne beteuert, sich am liebsten im "Vorhof der Macht" aufzuhalten, und wenn auch Wolfgang Schüssel die schwarz-blaue Koalition im Jahr 2000 gegen den Willen des Alten in der Muthgasse installierte. Berühmt und berüchtigt ist das Kleinformat für seine Kampagnen. Zuletzt gelang es in nur wenigen Tagen, einer EU-Kunst-Initiative den Porno-Stempel aufzudrücken.

In der Öffentlichkeit hat sich Dichand in den vergangenen Jahren kaum geäußert, es sei denn von Zeit zu Zeit als "Cato", so sein Pseudonym für Beiträge in der "Krone". Seine letzte Wortmeldung in der eigenen Zeitung zeichnete er sogar namentlich und bezog sich auf eine mögliche Kampagne, mit der so mancher angesichts des geplanten FPÖ-Volksbegehrens zu Türkei, EU-Verfassung und Neutralität rechnet. "Für eine solche demokratische Aktion gibt es bei uns, wie jeder weiß, eine große Mehrheit", schrieb Dichand. Zugleich ließ er durchblicken, dass es die "Krone" nicht nötig habe, ein Parteivolksbegehren zu unterstützen. Das Blatt sei unbedingt unabhängig. Es gilt also abzuwarten, wie und ob sich das Volksbegehren - und seine Hauptthemen - in der "Krone" niederschlagen. (apa)