Ibiza-Affäre: Sind
Ermittler befangen?

In der Ibiza-Affäre geraten nun die Ermittler der "Soko Ibiza" in den Fokus: Jetzt-Abgeordneter Peter Pilz forderte eine baldige Sondersitzung im Nationalrat. Er ortet eine Befangenheit der Ermittler. Auch die FPÖ plädiert für eine personelle Neubesetzung aufgund der angeblichen politischen Nähe der meisten Soko-Mitglieder zur ÖVP.

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Ibiza-Video - Ibiza-Affäre: Sind
Ermittler befangen?

"Es geht nicht mehr ohne", sagte Pilz am Donnerstag und bat SPÖ und NEOS um Unterstützung für sein Vorhaben. Behandeln möchte Pilz im Nationalrat unter anderem den Vorwurf, dass die Ermittler in der Ibiza-Affäre befangen sind. "Wir können die Ibiza-Politiker nicht einfach frei von jeder Verantwortung im Wahlkampf herumlaufen lassen", sagte Listengründer Pilz am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Investoren, die im Ibiza-Video - und nun teils auch als großzügige ÖVP-Spender - genannt werden, seien "ja nicht irgendwelche Leute, die mit ihrem Geld herumschmeißen und das landet dann zufällig bei der ÖVP. Die Leute wollen ja was dafür haben", so Pilz. Leistungen wären ihm zufolge zum Beispiel "Grundstückswidmungen, Steuersenkungen und in erster Linie Umverteilung der Sozialversicherungslasten von den Millionären zu den Arbeitnehmern" gewesen. Dem möchte er in einer Sondersitzung nachgehen.

SPÖ und NEOS noch zögerlich

SPÖ und Neos haben sich am Donnerstag zu der von Pilz geforderten Sondersitzung zur "Soko Ibiza" eher zurückhaltend gezeigt. Pilz habe "bis jetzt mit niemandem aus der SPÖ gesprochen", hieß es aus dem Klub der Sozialdemokraten. Vor einer Sondersitzung müssten immer erst Gespräche auf parlamentarischer Ebene geführt werden, das sei bisher nicht passiert. Auch bei den Neos stieß der Vorschlag einer Sondersitzung nicht auf breite Zustimmung. "Wir sind natürlich für volle Aufklärung und sorgen regelmäßig mit zahlreichen Anfragen dafür", sagte Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. Prinzipiell könne auch eine Sondersitzung Sinn machen, um Ressortchefs zu dem Verhalten ihres Ministeriums zu befragen. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist dieser Versuch einer weiteren Pilz'schen Showeinlage kurz vor der Wahl aber entbehrlich", teilte Krisper mit. Aber: Sollten die Neos nicht bald klare Antworten auf offene Fragen bekommen, werde an einer Sondersitzung kein Weg vorbeiführen.

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Was passierte mit verdeckten Millionenspenden?

Außerdem will Pilz im Nationalrat behandeln, wie es überhaupt zu dem Ibiza-Video kam und wann ÖVP-Chef Sebastian Kurz davon erfahren hat. Außerdem möchte Pilz wissen, was "mit den verdeckten Millionenspenden passiert" ist und was "beim Kurz-Schredder genau passiert" ist.
Was aber noch viel wichtiger ist: Pilz ortet in der "Soko Ibiza" parteipolitische Befangenheit und möchte diese Angelegenheit so schnell wie möglich klären. Das Problem seien ÖVP-Beamte, die als Kriminalpolizisten in der "Soko Ibiza" gegen FPÖ und ÖVP ermitteln. Und "ein ÖVP-Polizist ist mit Sicherheit befangen, wenn er gegen eigene Leute ermitteln soll", so Pilz.

Kritik an "ÖVP-freundlicher Ibiza-Weisung"

Kritik übte der Listengründer an einer "fatalen und rechtlich nicht vertretbaren ÖVP-freundlichen Ibiza-Weisung des Justizministers". Justizminister Clemens Jabloner habe in der Frage der Befangenheit einzelner Mitglieder der "Soko Ibiza" laut Pilz ein "verheerendes Signal" gesetzt. Jabloner hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, dass eine Parteimitgliedschaft von Ermittlern noch keine Befangenheit bedeute. Laut Ö1-"Morgenjournal" teilte der Justizminister mit: "Der bloße Umstand einer Mitgliedschaft in einer Partei vermag (...) keinen Anschein einer Befangenheit zu begründen." Jabloner beruft sich dabei auf die Bundesverfassung.

Pilz ortet in diesem Vorgehen "schweres politisches Versagen". Der Jetzt-Abgeordnete glaube zwar nicht, dass der Minister "bewusst Spuren verwischen" will. Jedoch verlangte Pilz von Jabloner, er solle den Innenminister auffordern, bei jedem Mitglied der "Soko Ibiza" eine mögliche Befangenheit überprüfen zu lassen. Es bestehe nämlich "der Verdacht, dass die "Soko Ibiza" am türkisen Auge nicht so gut sieht!"

FPÖ spricht von ÖVP-Nähe

Auch die FPÖ fordert unterdessen eine personelle Neubesetzung der Soko Ibiza. Grund ist die angebliche politische Nähe der meisten Mitglieder zur ÖVP, so der stellvertretende Klubchef Herbert Kickl und der Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Sie befürchten, das etwa sichergestellte Handydaten des früheren FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache an die Parteizentrale wandern könnten.

Nahezu alle ermittelnden Mitglieder der zur Aufklärung der Causa Ibiza eingerichteten Soko seien ÖVP-Parteigänger, lautete Jeneweins Vorwurf. Quellen nannte er allerdings nicht. Trage Innenminister Wolfgang Peschorn nur einen "Funken von Überparteilichkeit", müsse er die derzeit bestehende Kommission auflösen und durch unabhängige Experten ersetzen. "Es kann nicht sein, hier der ÖVP freien Zugang zu Informationen zu geben", teilte er mit.

Datenleck befürchtet

Konkret fürchtet Jenewein, dass im Wahlkampf Daten auf Straches beschlagnahmten Telefon über die ÖVP-Zentrale an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Das Gerät eines ehemaligen Vizekanzlers müsste eigentlich als Staatsgeheimnis behandelt und versiegelt werden, forderte er. Der FPÖ-Mandatar zeigte sich auch überzeugt davon, dass es nach der Wahl einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Causa Ibiza geben werde. Dafür brauche es nicht einmal die Freiheitlichen.

Die Überparteilichkeit Peschorns stellte auch Kickl infrage. So sei der Innenminister regelmäßiger Gast in der ÖVP-Bundesparteizentrale und werde wohl "seine Anweisungen holen", um den "Linksschwenk" der Partei voranzutreiben. Dementsprechend hart fiel auch Kickls Kritik an dessen Nachfolger aus. Peschorn sei eine "lame duck", also eine lahme Ente, seit dessen Amtsantritt leide die Sicherheitspolitik in Österreich massiv.

Peschorn sei auch gefordert, dem "wahnsinnigen Ansinnen" der ÖVP, Asylwerbern in Lehre vor ihrer möglichen Abschiebung die Beendigung ihrer Ausbildung zu ermöglichen, Einhalt zu gebieten. Als weitere Versäumnisse zählte Kickl die Schließung von Polizeiinspektionen, die Beendigung der Rekrutierungsoffensive sowie das Aussetzen der Beschaffung neuer Munition auf. Peschorn sei daher kein "Schutzpatron" der Polizisten.

ÖVP: Vorwürfe sind "Verschwörungstheorien"

Für die ÖVP sind die Vorwürfe von FPÖ und Jetzt "absurd". Generalsekretär Karl Nehammer sprach am Donnerstag in einer Aussendung von "Verschwörungstheorien" und kritisierte vor allem die Freiheitlichen. Deren geschäftsführender Klubchef Herbert Kickl wolle damit offenbar die FPÖ-internen Querelen überschatten.

"Herbert Kickl sollte aufhören, um sich zu schlagen und zu einem sachlichen Stil zurückkehren", findet Nehammer. Ansonsten müsse Parteiobmann Norbert Hofer ein Machtwort sprechen. "Dass Kickl als ehemaliger Chef und Innenminister anständige Polizisten, die ordentlich und korrekt ihre Arbeit machen, aus parteitaktischen Gründen anpatzt und schlecht macht, zeigt einmal mehr das mangelnde Problembewusstsein und die fehlende Sensibilität Herbert Kickls im Umgang mit dem FPÖ-Ibiza-Skandal."

Minister sehen keinen Grund zur Sorge

Justizminister Clemens Jabloner und Innenminister Wolfgang Peschorn lassen sich von aller Kritik an der Soko Ibiza nicht beirren. Die strafrechtlichen Ermittlungen werden auf Grundlage der Gesetze von den dazu berufenen Justizbehörden unter Mitwirkung der Organe der Kriminalpolizei konsequent fortgeführt, teilten sie am Donnerstag in einer Aussendung mit.
"Es besteht kein Anlass sich von diesem rechtsstaatlichen Vorgehen durch Zurufe abbringen zu lassen", erklärten beide. Jeder Vorwurf der Befangenheit werde zwar ernst genommen, die bisher in diesen sensiblen Untersuchungen anonym erhobenen Vorwürfe hätten sich nach Prüfung nach dem Strafprozessrecht und dem Beamtendienstrecht allerdings als substanzlos herausgestellt.

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Kommentare

Sein Leben lang unfähig für das österr. Volk etwas zu leisten und ich bin schon 70, musste aber 49 Jahre täglich etwas leisten! So billig kann man in Österreich gut verdienen!

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