"Irma" fordert
weitere Todesopfer

"Irma" war der schwerste Hurrikan der Aufzeichnungen. "Harvey" der mit dem meisten Wasser.

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Nach seinem zerstörerischen Zug durch Florida hat der Tropensturm "Irma" in weiteren US-Bundesstaaten gewütet. Der Sturm bewegte sich am Montag weiter Richtung Norden und brachte schwere Regenfälle und heftigen Wind nach Georgia und South Carolina. Mindestens drei Menschen starben. In Florida wurde das Ausmaß der Schäden erst nach und nach sichtbar.

Mindestens 43 Menschen kamen ums Leben

Der Sturm riss in vielen Teilen Hausdächer herab und kappte Leitungen. Millionen Haushalte waren ohne Strom. "Irma" war am vergangenen Mittwoch erstmals auf der kleinen Karibikinsel Barbuda an Land getroffen. Es ist einer der schwersten jemals in der Region registrierten Tropenstürme. Einige Gegenden in der Karibik wurden so schwer zerstört, dass sie als unbewohnbar gelten. Schätzungen zufolge kamen mindestens 43 Menschen ums Leben. In der Karibik gab es 34 Todesopfer, darunter 10 in Kuba. In den USA starben mindestens 8 Menschen.

Am Montag verlor der Sturm an Kraft, so dass ihn das Hurrikan-Zentrum auf ein tropisches Tief herunterstufte. Dennoch galt er weiter als sehr gefährlich, als er über Georgia zog. Die Katastrophenschutzbehörde des Bundesstaates bestätigte zwei Tote. Wie der Sender WSB berichtete, starb ein 55-Jähriger in der Stadt Sandy Springs, nachdem ein Baum auf sein Haus gestürzt war. Ein weiterer Mann kam ums Leben, weil er von seinem Dach geweht wurde.

Am Flughafen von Atlanta mussten zahlreiche Flüge gestrichen werden. In der bei Touristen beliebten Küstenstadt Savannah drückte heftiger Wind Wasser aus dem Meer in den Fluss, es kam zu Überschwemmungen.

Auch Orte in South Carolina kämpften mit den Fluten. In der historischen Stadt Charleston standen ganze Straßenzüge unter Wasser. Im Hafen wurden Pegelstände von drei Metern gemessen, wie der Sender CNN berichtete. In Calhoun Falls wurde laut einem Bericht des Senders WRAl ein Mann von einem herunterstürzenden Ast getötet. In Florida hatte der Sturm nach Zählungen von US-Medien mindestens sechs Menschen das Leben gekostet.

Besonders angespannt war die Lage in dem südlichen Bundesstaat am Montag in Jacksonville und auf der Inselgruppe der Florida Keys. Der Heimatschutzberater des Weißen Hauses, Tom Bossert, erklärte, die Rettungsbehörden widmeten diesen beiden Gegenden einen "beträchtlichen Teil" ihrer Aufmerksamkeit.

In Jacksonville kam es zu Sturzfluten. In der Stadt im Nordosten, die mit ihren rund 880.000 Einwohnern die größte in Florida ist, mündet der St. Johns River ins Meer. Der Fluss fließt mitten durch den Ort, das macht Überschwemmungen so verheerend.

Die Pegelstände erreichten nach Angaben der Behörden Rekordhöhen. Die Bezirke am Wasser wurden evakuiert. Ein Park in der Stadt glich einem See, wie auf Aufnahmen zu sehen war.

"Irma" hinterließ gewaltige Verwüstung

Auf den Florida Keys hinterließ "Irma" eine gewaltige Verwüstung. Auf Bildern waren zerstörte Häuser zu sehen, sie hatten sich zum Teil von ihren Fundamenten gelöst. Boote wurden aufs Land gespült, Bäume waren eingeknickt. Um die Rettungsmaßnahmen zu unterstützen, schickte das Verteidigungsministerium einen Flugzeugträger zu den Inseln.

Die Inselgruppe war am Sonntag früh (Ortszeit) direkt vom Auge des Sturms getroffen worden. Sie liegt vor der Südspitze Floridas und hat rund 70.000 Einwohner. Die einzige Landverbindung zwischen den Inseln und dem Festland ist der Overseas Highway, der im weiteren Verlauf zum großen Teil aus Brücken besteht.

Keine Entspannung in Sicht

Das Weiße Haus rechnete damit, dass Bewohner möglicherweise über Wochen nicht auf die Inselgruppe zurückkehren können. Es werde dauern, bis sich die Gegend von dem Sturm erholt habe, sagte Heimatschutzberater Bossert. Man habe Grund zur Annahme, dass einige der Zugbrücken, die die Straßen zwischen den Inseln verbinden, verbogen seien.

Auch in anderen Orten in Florida war keine Entspannung in Sicht. In Daytona Beach retteten Sicherheitskräfte 25 Menschen vor dem Wasser, wie der Sender CNN berichtete. Auch aus der zentral gelegenen Großstadt Orlando berichteten lokale Medien und Augenzeugen auf Twitter von hüfthohem Wasser.

Nach Angaben der Behörden waren am Montag mehr als 7,2 Millionen Haushalte und Geschäfte in Florida von der Stromversorgung abgeschnitten - mehr als die Hälfte aller Haushalte in dem Bundesstaat. Die Katastrophenschutzbehörde Fema rechnete damit, dass einige Gegenden noch über Wochen keinen Strom haben könnten.

Floridas Gouverneur Rick Scott sagte: "Wir wollen allen helfen, so schnell wie möglich wieder zum normalen Leben zurückzukehren." Das werde gleichwohl einige Zeit dauern, seien die Schäden mancherorts doch sehr groß. Für die größte Gefahr in dieser Woche halte er das Hochwasser an den Küsten einerseits und die Überflutungen durch stark angeschwollene Flüsse andererseits.

Kubaner räumen nach Hurrikan auf

Nach dem Durchzug von Hurrikan "Irma" haben in Kuba die Aufräumarbeiten begonnen. In der Hauptstadt Havanna schafften Bautrupps am Montag umgestürzte Bäume und Trümmer beiseite. "Die Revolution wird niemanden schutzlos allein lassen. Keine kubanische Familie wird ihrem Schicksal überlassen", schrieb Präsident Raul Castro in der Parteizeitung "Granma".

»Jetzt ist keine Zeit zum Jammern«

"Jetzt ist keine Zeit zum Jammern. Wir werden wieder aufbauen, was die Winde von Hurrikan "Irma" zerstören wollten." Allerdings gab es in vielen Stadtteilen noch immer weder Strom noch Wasser oder Gas. "Was sollen wir ohne Trinkwasser machen? Sie sollen und Tanklastzüge mit Wasser bringen", riefen einige Frauen am Montag nahe dem exklusiven Hotel Melia Cohiba.

"Irma" hatte Havanna hart getroffen. Hohe Wellen überspülten die Uferpromenade Malecon. Das Wasser drang mehr als 500 Meter ins Stadtzentrum vor. "Soweit kam das Wasser bisher noch nie", sagte die Chefin des Zivilschutzes in der Hauptstadt, Mercedes Lopez.

Mit Eimern, Besen und Lappen kämpften die Menschen gegen das Wasser in ihren Häusern. "Bis hier stieg das Wasser", sagte Caridad und hob die Hand über ihren Kopf. Sie wohnt nur drei Straßenblocks oberhalb des Malecon und musste sich in den zweiten Stock flüchten, um nicht von den Wassermassen mitgerissen zu werden.

Todesopfer auf Kuba

Mindestens zehn Menschen kamen auf Kuba im Wirbelsturm "Irma" ums Leben. Sieben Menschen seien in der Provinz Havanna getötet worden, wie der Zivilschutz am Montag mitteilte. Drei weitere Menschen kamen demnach in den Provinzen Matanzas, Ciego de Avila und Camagüey ums Leben.

In der Hauptstadt Havanna erlitten zwei Männer tödliche Stromschläge durch zerrissene Kabel. Zwei Frauen wurden im Zentrum getötet, als ein Balkon im vierten Stock abbrach und auf einen Bus stürzte, wie es im Bericht des Zivilschutzes hieß. Eine Frau wurde vor ihrem Haus in einer überschwemmten Straße entdeckt.

10 000 Menschen wurden allein in Havanna in Sicherheit gebracht. Kuba ist hurrikanerprobt, der Zivilschutz funktioniert gut. Allerdings sind vor allem im historischen Zentrum von Havanna zahlreiche Gebäude baufällig und halten extremen Wetterbedingungen nicht stand.

Die Opfer außerhalb Havannas kamen ums Leben, als ihre Häuser einstürzten. Sie hätten den Anweisungen der Behörden nicht Folge geleistet und seien daheim geblieben, statt sich in Notunterkünften in Sicherheit zu bringen, teilte der Zivilschutz mit.

Im Norden Kubas richtete der starke Tropensturm erhebliche Schäden an. Besonders schlimm wurde unter anderem die Provinz Villa Clara getroffen. In dem Fischerort Caibarien wurden reihenweise Hausdächer abgedeckt, Bäume entwurzelt, es kam zu schweren Überschwemmungen.

Vor allem die Landwirtschaft erlitt erhebliche Schäden. "Die Pflanzungen wurden beschädigt, vor allem Bananen, Reis und Zuckerrohr", sagte Martín Chávez Blanco vom Wirtschaftsministerium.

"Irma" war in der Nacht zum Samstag mit Windgeschwindigkeiten von rund 200 Kilometern pro Stunde auf Kuba getroffen. Tausende Menschen wurden in Notunterkünfte gebracht. Die Regierung rief Hurrikan-Warnungen für mehrere Provinzen aus.

Niederländischer König wegen Sint Maarten erschüttert

Der niederländische König Willem-Alexander ist tief bestürzt über die Verwüstung der Karibikinsel Sint Maarten durch den Hurrikan "Irma". "Das übersteigt alle Vorstellungskraft", sagte der Monarch am Dienstag in der Hauptstadt Philipsburg dem niederländischen Fernsehen. Die niederländisch-französische Insel war vor knapp einer Woche von dem Hurrikan schwer getroffen worden.

»Überall sieht man Zerstörung und Entsetzen«

"Überall sieht man Zerstörung und Entsetzen", sagte der König nach einer Rundfahrt sichtlich erschüttert. "So etwas habe ich noch nie gesehen. Und ich habe ziemlich viel Naturgewalt und Kriegsgewalt gesehen."

Willem-Alexander war am Montag auf Sint Maarten gelandet, um sich über das Ausmaß der Zerstörung und die angelaufenen Hilfsmaßnahmen zu informieren. Er hatte auch mit Opfern gesprochen.

Die niederländische Armee und das Rote Kreuz leisten Nothilfe. Mit Marineschiffen und Armeeflugzeugen versorgen sie die rund 40 000 Einwohner mit Wasser, Nahrung und Zelten. Rund 500 Soldaten sorgen zudem für die öffentliche Ordnung nach Plünderungen und bewaffneten Überfällen.

Der König versprach Hilfe beim Wiederaufbau der Insel, die als autonomes Gebiet zum Königreich gehört. Er wollte anschließend noch zwei kleinere Antillen-Inseln besuchen. Saba und St. Eustatius waren ebenfalls - wenn auch weniger schwer - vom Hurrikan betroffen.

Macron auf Krisenbesuch

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstag seinen Krisenbesuch in Pointe-a-Pitre auf der Karibikinsel Guadeloupe begonnen. Im weiteren Tagesverlauf will er die vom Hurrikan "Irma" verwüsteten Inseln Saint-Martin und Saint-Barthelemy aufsuchen und dort mit Betroffenen sprechen. Macron wurde von Gesundheitsministerin Agnes Buzyn und Bildungsminister Jean-Michel Blanquer begleitet.

Macron brachte aus Frankreich Experten und Hilfsgüter mit. Die politische Opposition in Frankreich kritisiert seit Tagen das Krisenmanagement der Regierung. Auch Plünderungen in Saint-Martin sind ein Streitthema.

Die Insel Saint-Martin teilt sich in einen französischen und einen niederländischen Teil, genannt Sint Maarten. Mindestens zehn Menschen kamen auf französischer Seite um, sieben Menschen werden vermisst. Die niederländischen Behörden zählten mindestens vier Todesopfer.

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