Gequälte Billig-Welpen

In Osteuropa gezüchtet, bei uns verkauft. NEWS-Report über grausame Deals mit Tieren

von Das miese Geschäft der Hunde-Mafia. © Bild: Marcus Deak/NEWS

Erik scheint dick da zu sein im Geschäft mit den Billig-Welpen. Auf zahlreichen Internet-Portalen versucht der Slowake seine Tiere zu verkaufen. Und ja, seine Angebote klingen verlockend: Jung, gesund und billig sollen seine Rassetiere angeblich sein. Putzige Fotos. Vielversprechende Texte. "Verkaufe schöne Yorkshire-Terrier-Minis“ war in der Online-Anzeige, über die NEWS ihn kontaktierte, zu lesen. "Acht Wochen, voll geimpft, entwurmt, mit Chip und Pass“, hieß es außerdem.

Auf insgesamt fünf Verkaufsportalen im In- und Ausland fanden wir ähnliche Anzeigen von Erik, der - je nach Herkunft seiner potenziellen Kunden - mit zwei unterschiedlichen Telefonnummern seine illegalen Geschäfte abwickelt. Einige kurze Gespräche von NEWS mit Erik - und der Deal schien bereits gebongt.

Nur 200 Euro soll uns ein klein gewachsenes Yorkshire-Terrier-Mädchen kosten - ein echtes Schnäppchen. Im Vergleich: Bei österreichischen Züchtern kostet ein vergleichbarer Hund über 1.000 Euro. Also fünfmal mehr als der "Normalpreis“- allerdings in bar und ohne Rechnung, versteht sich. Trotzdem sollte das Tier geimpft, gechippt, mehrfach entwurmt und mit EU-Pass geliefert werden.

Ein schockierender Anblick.

Der Parkplatz in Schwechat, am vergangenen Donnerstag: Mit fünfzehnminütiger Verspätung fährt ein roter Skoda Fabia am vereinbarten Treffpunkt vor. Das Handy des NEWS-Redakteurs klingelt. "Wir sind da. Im roten Auto.“ Die Türen gehen auf, zwei stämmige Slowaken steigen in Arbeitsgewand aus. Auf der Rückbank ihres Wagens: vier verschlossene Schuhkartons mit klei-nen Löchern in den Deckeln. Auf einem ist mit schwarzem Filzstift ein Z geschrieben. Für "žena“ - was auf Slowakisch "weiblich“ bedeutet.

Das Geschäft mit der Liebe.

Erik greift zielsicher nach diesem Karton, wirft den Deckel lässig in den Kofferraum und übergibt emotionslos die kleine Kiste. Der Anblick des Welpen ist kaum zu ertragen. Winselnd und mit müdem Blick sitzt ein winziger Yorkie-Welpe in seinem eigenen Urin. Mit letzter Kraft hievt er sich auf die Beine, zittert am ganzen Körper. "Das ist Wahnsinn, der ist ja viel zu jung“, murmelt Tierarzt Michael Antolini, der NEWS zum Parkplatz begleitet hat. Den Hund zurückzulassen kommt nicht infrage. Wir denken uns: Das Tier hat genug gelitten.

Zurück zu Erik: Momentan hat er fünf verschiedene Hunderassen im Angebot. Vom Labrador bis zum Chihuahua. Derzeit, erzählt er, halte er etwa 25 Welpen auf seinem Hof. Wahrheit - oder Lüge? Ist der Landwirt tatsächlich, wie er sagt, "nur“ ein Hobbyzüchter - oder ein Mittelsmann in einem System mit mafiaähnlichen Strukturen? Ein System, durch das jedes Jahr Tausende Hunde aus Osteuropa illegal nach Österreich geschleust und hier verkauft werden. Spontan und unkompliziert, auf Parkplätzen und Autobahnraststationen - und nicht selten mit gefälschten Impfpässen. "Oft sind die Tiere bereits beim Verkauf krank und sterben schon nach wenigen Tagen“, sagt Nikola Furtenbach von der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten“. Kein Wunder, bedenkt man die Umstände, unter welchen die Hunde gezüchtet werden. Viel zu früh werden die Hundebabys von den Muttertieren getrennt, um sie dann in vollgepferchten Käfigen über die Grenze zu karren. Furtenbachers Schätzungen zufolge überleben die Hälfte der Welpen den qualvollen Transport nicht.

Der Pass ist gefälscht.

So schnell wie möglich fahren wir mit dem Yorkie-Welpen in Antolinis Praxis. Die Diagnose des Tierarztes, nach einer Erstuntersuchung: Die angeblich acht Wochen alte Hündin wiegt bloß 450 Gramm, hat Fieber. Ist in einem schlechten Allgemeinzustand und erst vier, maximal fünf Wochen alt. "Die Kleine bräuchte noch ganz dringend ihre Mutter“, erklärt der Veterinär.

Das miese Geschäft der Hunde-Mafia.
© Marcus Deak/NEWS Erste Diagnose: Tierarzt Michael Antolini zeigt sich schockiert: "Der Hund ist mit Sicherheit nicht viel älter als vier Wochen."

In den vergangenen Jahren wurden immer öfter kranke Billig-Welpen aus dem Osten in Antolinis Praxis gebracht. Viele von ihnen hat er leiden - und sterben gesehen: "Durch die schrecklichen Umstände, die in den Vermehrerstationen im Osten herrschen, stecken sich die Hunde oft über die Zitzen der Mutter mit Paravirose, Würmern oder Staupe an. Ein tragischer Kreislauf.“

Und unser Yorkie? Bis auf das falsche Geburtsdatum ist auf den ersten Blick im Pass des Welpen nichts Auffälliges zu erkennen. Einige Impfungen sind abgestempelt, erst heute wurde der Hund gechippt. Doch unseren Experten macht die Art, wie die Behandlungen eingetragen wurden, stutzig. Wir rufen bei dem in den Papieren angeführten slowakischen Tierarzt an. Diesen Hund geimpft zu haben will er nicht bestätigen. "Wir müssen davon ausgehen, dass der Yorkie noch gar nicht untersucht wurde“, stellt Antolini klar.

Vom Dorfplatz ins Internet.

Es ist noch nicht lange her, dass Welpen lediglich auf öffentlichen Märkten in Osteuropa verscherbelt wurden. Doch mittlerweile hat sich das dubiose Geschäft mit den Billighunden ins Internet verlagert - und boomt seitdem wie noch nie! Allein auf der Marktplattform kijiji.at gab es zu Redaktionsschluss fast 1.000 Einträge unter dem Suchbegriff "Welpe“ - zum Großteil Angebote der "Hunde-Mafia“, wie Nikola Furtenbach von Vier Pfoten erklärt: "Sicher gibt es auch seriöse Züchter, die auf diesen Plattformen inserieren. Aber allein ein Blick auf das Preisniveau verrät, wer hier zum Großteil Hunde verkauft.“

Rechtlich ist es schwierig, Erik und seinen Kollegen zu belangen. Anwalt Christopher Posch, Autor des soeben erschienenen Buches "Die Welpenmafia“: "Obwohl diese Menschen bewusst gegen Gesetze verstoßen, haben sie nur mit geringen Konsequenzen zu rechnen. Denn vor dem Gesetz ist ein Tier eine ‚lebende Sache‘ - und diese wird bei Beschädigung meist bloß mit einer Geldstrafe geahndet. Das schreckt niemanden ab“ (siehe Kasten vorige Seite).

Die Rechnung geht nie auf.

Die Rechnung geht nie auf. Nach intensiver Behandlung scheint unsere Yorkie-Hündin nun halbwegs stabil. Die Tierarztkosten würden den Kaufpreis aber schon jetzt klar übersteigen. "Einen Hund auf diesem Weg zu kaufen geht erfahrungsgemäß in den meisten Fällen schief. Wir können wirklich nur jedem von einem solchen Kauf abraten“, so Furtenbach. Genauso sieht das Autor Posch: "Es ehrt jeden Menschen, dass er Mitleid hat. Ich hoffe aber, dass dieses Negativbeispiel klarmacht, dass ein Kauf bei diesen Händlern immer der falsche Weg ist. Denn: Wird ein Tier erworben, wird sofort das nächste produziert.“

Mit Familie Neubauer hat NEWS erfahrene Besitzer für den kleinen Yorkie gefunden. Sie geben "Puppi“ - wie sie die Hündin nennen - nun Geborgenheit und Sicherheit. Mit einer von Tierarzt Antolini angeordneten Spezialkost legte der Welpe innerhalb weniger Tage Gewicht zu und scheint auf einem guten Weg zu sein.

Übrigens: Nachdem er einige Male nicht an sein Handy ging, rief Erik am Tag nach dem Kauf zurück. Schließlich gab er sogar zu, dass der Hund tatsächlich erst vier Wochen alt und nicht geimpft ist. Dann entschuldigte er sich - und stellte wenig später eine neue Anzeige ins Netz. Diesmal Dackelwelpen. Um 200 Euro. Der Text, wie immer: "Acht Wochen, voll geimpft, entwurmt, mit Chip und Pass.“ Ganz sicher.

Kommentare

Heidelore Grundner

Ich selber habe diese Hundemafia voriges Jahr im Juli auf einem Autobahnparkplatz im Triestingtal am Abend zwischen 22 Uhr und 23 Uhr gesehen, als sie den Hundebabies Wasser gaben und sie kurz aus dem Auto je drei und drei hintereinander ließen. Ich habe sofort die Gendarmerie angerufen und ihnen auch die Autonummer durchgegeben, aber trotz mündlichem Versprechen ist keiner gekommen!!!!

I sog nur. MOI IS DER SÜÜß´!!! solang es das gibt wirds immer solche hunde geben

zuzanka

von dieser tatsache wiess man doch schon jahrelang. warum werden die dealer nicht festgenommen? Wo sind jetzt die Vier Pfoten oder Peta?

silvia1201 melden

Es gibt in Österreich und auch im benachbarten Ausland seriöse und wirklich exzellente Züchter der verschiedensten Rassen. Namen dieser Züchter findet man über den ÖKV (Österr, Kynologenverband) bzw. über nationale Zuchtvereine - auch die österr. Zuchtvereine führen ausländische Mitglieder an, die Welpen haben bzw. erfährt man Kontaktdaten vom nationalen Zuchtwart.

freud0815 melden

wir fande weder für sphynx katzen, noch chinesische schopfhunde jemand in der näheren wien umgebung-wir hatten jedoch *glück* und bekamen 1 durch die nothilfe-allerdings wars halt ne sehr lange wartezeit und wir überlegten schon ob wir uns nicht auf ein inserat melden sollten....

das angebot richtet sich immer nach nach der nachfrage-in wien gibt es leider nur sehr wenige züchter ausgefallener hunde und katzenrassen und viele denken sich dann die arztkosten sind noch günstiger als der kauf in de-wir warteten 3 jahre bis der von uns gewünschte im TH zu finden war-auch hier beliefen sich die TA folgekosten auf ca 2000€

Marc 99 melden

Wann auch immer diese Länder (Slowakei, Rumänien, Bulgarien, etc.) irgendwie in den Medien auftauchen handelt es sich um irgendein Verbrechen. Diebstahl, Menschenhandel, Mord, Tierquälerei, Kinderprostitution, falsch deklarierte Fleischimporte, etc. Die haben wir wahrlich gebraucht in der EU!!!

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Marc 99
Nicht zu vergessen auch die Todeslager für Hunde! Sonst ist Ihrem Beitrag absolut nichts mehr hinzuzufügen!

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