Langsam geht Marian Aschenbrenner auf den Bienenstock zu und zieht eine Wabe nach der nächsten heraus. Der Imker ist auf der Suche nach der Königin des Volks, die sich einzig aufgrund ihrer Größe von den Tausenden anderen Bienen unterscheidet.
Als er die Königin gefunden hat, nimmt Aschenbrenner sie vorsichtig mit den Fingern von der Wabe, um sie zu markieren. So kann er sie künftig einfach entdecken. "Die Königin ist der Motor des Volks", sagt Aschenbrenner. Sie fliegt nur einmal im Leben beim Hochzeitsflug aus. Dabei wird sie in der Luft von Drohnen begattet. Zurück im Stock legt die Königin nun Tag für Tag bis zu 2.000 Eier. Sollen daraus Arbeiterinnen entstehen, werden die Eier befruchtet. Aus unbefruchteten Eier entwickeln sich Drohnen.


Bis zu fünf Jahre alt kann eine Königin werden. "Ab dem dritten Jahr steigt allerdings die Gefahr, dass sie den nächsten Winter nicht mehr überlebt", erklärt Aschenbrenner, der die Königinnen auch züchtet und verkauft. Dass es einer Königin gut geht, erkennt er, wenn sie die Eier in der Wabe kreisförmig ablegt. Lässt sie dabei Lücken, fehlt ihr etwas.
Honig, Königinnen und Schulungen
Seit 2011 ist Aschenbrenner, der eigentlich Verfahrenstechnik an der TU studierte, Imker. Mittlerweile hat er 200 Bienenvölker in Wien und Gänserndorf und übt die Imkerei im Vollerwerb aus. "Ich hatte das Glück, gleich zu Beginn bei einem alten Zuchtmeister mitarbeiten zu können", sagt Aschenbrenner. "Dabei habe ich sehr viel gelernt." Nebenbei absolvierte er eine Imkerausbildung im zweiten Bildungsweg.
Um als Berufsimker bestehen zu können, ist Vielseitigkeit wichtig. Denn nur rund ein Drittel des Ertrags seines Unternehmens macht die Honigproduktion aus. Ein weiteres Drittel erwirtschaftet Aschenbrenner mit dem Verkauf von Bienen und Königinnen, das letzte Drittel durch Bildungsprogramme. So bietet er etwa Programme für Schulklassen und sogar eineinhalbjährige Imkerkurse an.

Frühlings- bis Sonnenblumenhonig
Jetzt im Hochsommer, wenn die Bienen den Nahrungsvorrat für den Winter anlegen, besteht jedes Volk aus rund 50.000 Tieren. Jetzt ist auch die Zeit, um den Sonnenblumenhonig zu ernten. Denn, erklärt Aschenbrenner, der Sortenhonig müsse möglichst zeitnah zur Blüte gewonnen werden. Im Marchfeld sind bis zu vier Ernten jährlich möglich: zunächst der Frühlingsgefolgt vom Akazienhonig. Später jener der Sommerblüten - meist Linden - und zuletzt der Sonnenblumenhonig.
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"Wenn es genau zur Zeit der Blüte regnet, dann gibt es keinen Honig", so der Imker. Vor allem im vergangenen Jahr sei die Honigernte schlecht gewesen. Auch heuer wären die Bienen im Frühling fast verhungert, da es so lange kalt gewesen sei. Eine Besonderheit stellt der Waldhonig dar: Er stamme nicht vom Nektar, sondern von Läusen, erklärt Aschenbrenner: "Diese Läuse leben auf Fichten und Tannen. Die Bienen sammeln das Sekret der Läuse und machen daraus Honig."


Stiche schwellen nicht mehr an
Ein Teil von Aschenbrenners Bienenstöcken steht in einem kleinen Wald bei Gänserndorf. Gemeinsam mit seinem Team nimmt er die Waben aus den Stöcken. Die Bienen, die darauf sitzen, werden vorsichtig abgekehrt. Eine Schutzausrüstung trägt er dabei meist nicht. Sticht eine Biene zu, dann sei dies für ihn zwar kurz schmerzhaft. Die Stelle schwelle allerdings nicht mehr an, so Aschenbrenner. "Stiche gehören zum Berufsrisiko. An einem Tag ist es kein einziger, am nächsten sind es dann wieder ein paar."

Generell merke man schnell, ob sich die Bienen gestört fühlen. "Fliegt eine Biene immer wieder auf einen zu und stößt dabei an unserem Körper an, ist es Zeit, ein Stück zurückzugehen. Denn das heißt, sie ist im Verteidigungsmodus."

Von den eingesammelten Waben wird das Wachs abgekratzt und durch Schleudern der Honig daraus gewonnen. Anschließend wird noch der Wassergehalt bestimmt. Der eines guten Produkts beträgt unter 18 Prozent.


"Die Honigernte ist eigentlich einfach", sagt der Imker, "das Bienenzüchten hingegen eine Wissenschaft." So macht eine in den 80er-Jahren aus Asien eingeschleppte Milbe den Imkern das Leben schwer. Auch der Winter wird wieder zur Härteprobe für die Völker. Schon jetzt beginnt die Zahl der Bienen pro Volk auf 20.000 zu schrumpfen. In der kalten Jahreszeit fahren die Tiere ihren Stoffwechsel herunter und zehren von den eingelagerten Honigvorräten.


Auch für Marian Aschenbrenner ändert sich die Arbeit in den Wintermonaten. Er ist dann weniger bei seinen Bienenstöcken, sondern vermehrt auf Weihnachtsmärkten, um dort seinen Honig zu verkaufen.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich im News 34/2021.