Pure Geschmacklosigkeit für eigene PR-Zwecke oder ein genialer Tabubruch der zum Nachdenken anregt? So ganz sicher sind sich Fans und Historiker noch nicht, was die Rocker mit dem Video genau meinen. Fakt ist: Der 35-Sekunden-Clip mit dem ihr neues Album beworben wird, verbreitet sich schnell und sorgt für hitzige Debatten. Das vollständige Video soll demnächst veröffentlicht werden.
Till Lindemann am Galgen
Doch schon die kurze Ankündigung lässt niemanden kalt: Rammstein stehen in KZ-Häftlings-ähnlicher Kleidung am Galgen. Vier Musiker haben einen Strick um den Hals, starren nach vorn. Sänger Till Lindemann (56) blutet aus einer Wunde über dem rechten Auge. Abschließend ist das Wort „Deutschland“ in Frakturschrift zu sehen - offenbar Werbung für ihre neue Single „Deutschland“.
Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, kritisiert gegenüber der „Bild“: „Mit diesem Video hat die Band eine Grenze überschritten. Wie Rammstein hier das Leid und die Ermordung von Millionen zu Entertainmentzwecken missbraucht, ist frivol und abstoßend.“ Als eine „Form von Leichenschändung“ bezeichnet der jüdische Historiker Michael Wolffsohn den Clip.
Nicht der erste "Nazi"-Skandal
Bereits 1998 sorgte die Band für einen Skandal, weil sie im Video „Stripped“ Bilder aus dem Nazi-Propagandafilm „Olympia“ (gedreht 1936 von Leni Riefenstahl) verwendet hatte. Damals zeigten sich die Musiker von der Kritik völlig überrascht und teils missverstanden.
2006 sagte Lindemann in einem „Playboy“-Interview auf die Frage, ob er einen Film wie „Stripped“ noch mal zulassen würde: „Nein, weil ich müde bin zu hören, wir seien eine rechte Band. Das war ein Punkt, an dem ich mir gesagt habe: Da haben wir eine Grenze überschritten.“
Was steckt hinter Holocaust-Szenen?
Nach diesen doch recht eindeutigen Worten sind wohl auch die Fans überrascht, dass Rammstein erneut mit Holocaust-Szenen schockiert. Es bleibt die Hoffnung bestehen, dass nach der Veröffentlichung des ganzen Videos Klarheit in die Angelegenheit kommt. Besteht doch für manche die Hoffnung, dass bloß Ausschnitt irritiert, doch das gesamte Musikvideo einen Beitrag zur Aufarbeitung des Holocaust leisten könnte.
Es gibt Hoffnung
Das sehen auch Experten ähnlich. Iris Rosenberg, Sprecherin von Yad Vashem, der wichtigsten Holocaust-Gedenkstätte der Welt in Jerusalem, sagt: „Yad Vashem kritisiert nicht generell künstlerische Arbeiten, die an Holocaust-Bilder erinnern. Wir glauben, dass eine respektvolle künstlerische Darstellung des Subjekts legitim sein kann, solange es die Erinnerung an den Holocaust keinesfalls beleidigt, herabsetzt oder schändet. Und nicht nur als bloßes Werkzeug dient, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen.