Schwere Unwetter in
Kärnten und Osttirol

Das Unwetter, das in der Nacht auf Dienstag vor allem über Südösterreich gezogen ist, hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die Bundesregierung kündigte schnelle und unbürokratische Hilfe an.

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Am frühen Nachmittag waren Ortschaften in Kärnten immer noch abgeschnitten. In Salzburg zerstörte der Föhnsturm Teile der Festung Hohensalzburg. In Tirol beruhigte sich die Lage langsam.

Regierung kündigt schnelle Hilfe an

Die Bundesregierung kündigte nach den Unwetter- und Hochwasserschäden in Teilen Österreichs schnelle und unbürokratische Hilfe an. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wollte sich noch am Dienstag selbst ein Bild von der Lage in den betroffenen Gebieten machen. Kurz begibt sich in das vom Hochwasser betroffene Kärnten und trifft dort den Landesfeuerwehrkommandanten und die Landespolizeidirektorin.

Am frühen Nachmittag waren Ortschaften in Kärnten immer noch abgeschnitten. In Salzburg zerstörte der Föhnsturm Teile der Festung Hohensalzburg. In Tirol beruhigte sich die Lage langsam.

Neben dem Lesachtal hatte es im Bezirk Hermagor auch die Ortschaft Rattendorf schwer getroffen, sagte Bezirkshauptmann Heinz Pansi: "Vier Kilometer oberhalb der Ortschaft ist ein Damm gebrochen, das Wasser ist in die Siedlung gelangt. Jetzt müssen wir schauen, dass wir das weitere Wasser zurückbehalten, aber auch, dass die anderen Dämme dicht bleiben." Der Wasserstand der Gail halte sich seit etwa zwölf Stunden konstant, was auch Gefahren berge, so Pansi: "Dadurch, dass das Wasser so hoch steht, weicht der Uferbereich auf." Weiterhin gesperrt bleibt die Straße über den Plöckenpass, auch die Gailtal Straße (B111) war am Nachmittag noch an mehreren Stellen blockiert.

Ortschaften im Mölltal nach wie vor abgeschnitten

Laut dem Spittaler Bezirkshauptmann Klaus Brandner wusste man am Dienstag noch nicht, wie lange die Ortschaften im Mölltal noch abgeschnitten bleiben würden: "Derzeit sind Sachverständige mit dem Hubschrauber unterwegs. Sie schauen, wo es für die Aufräumarbeiten noch zu gefährlich ist, weil zum Beispiel eine Mure nachkommen könnte. Die Frage ist vor allem aber: Wann hört es zu regnen auf?" Neben dem Regen hatte man im Mölltal aber vor allem mit dem Föhnsturm zu kämpfen: "Teilweise wurde der Wald hektarweise niedergeworfen", so Brandner.

»Die Frage ist: Wann hört es zu regnen auf?«

Im Drautal hatte die Bahn nach wie vor den Betrieb eingestellt, Gleisanlagen wurden überflutet. Auch Schienenersatzverkehr konnte es am Dienstagnachmittag noch keinen geben. Für die hochgefährdete Gemeinde Lavamünd (Bezirk Wolfsberg), wo die Drau am tiefsten Punkt Kärntens das Bundesland verlässt, konnten die Verantwortlichen noch keine Entwarnung geben: "Wir müssen weiterhin die Regenmengen, die wir jetzt noch aus dem Gailtal erwarten, abführen", sagte der zuständige Landesrat Daniel Fellner (SPÖ), der sich aber trotzdem "vorsichtig optimistisch" zeigte.

Auf Hochtouren waren auch die rund 200 Monteure des Kärntner Landesenergieversorgers Kelag im Einsatz. "In Früh waren noch etwa 10.000 Haushalte ohne Strom, diese Zahl lag zu Mittag bei 5.500", sagte Kelag-Sprecher Josef Stocker.

Wetterlage in Kärnten "entschärft sich"

Nach Starkregen und Föhnsturm in Kärnten hat sich am Dienstagabend die Wetterlage entschärft. Wie Katastrophenschutz-Landesrat Daniel Fellner (SPÖ) sagte, könne man aber noch immer keine gänzliche Entwarnung geben - vor allem wegen der Lage in Lavamünd, wo die Wassermassen aus ganz Kärnten abfließen.

In Oberkärnten, in den Bezirken Hermagor und Spittal an der Drau waren am Abend immer noch einige Straßen gesperrt. Durch Murenabgänge, Windwürfe und Überschwemmungen wurden teils schwere Schäden angerichtet, die Ortschaft Rattendorf im Bezirk Hermagor wurde fast vollständig überflutet. Dennoch ließ sich beim Blick auf die Pegelstände der Flüsse Gail und Möll eines sagen: Langsam, aber doch sanken sie.

Bei den Aufräumarbeiten gab es am Dienstagvormittag auch einen Verletzten. Ein 37-jähriger Mitarbeiter der Kärnten Netz GmbH wollte in Kötschach-Mauthen eine Stromleitung reparieren. Als er dazu auf ein Dach kletterte, gab ein Schneefänger nach und der Mann stürzte aus sechs Metern Höhe auf den asphaltierten Boden. Er wurde schwer verletzt mit einem Rettungshubschrauber ins Klinikum Klagenfurt geflogen.

Lage in Osttirol entspannt sich

In Osttirol entspannte sich die Lage indes weiter. Die Pegelstände der Bäche und Flüsse sanken deutlich und auch Regen und Wind ließen nach. Die Felbertauernstraße (B108) soll noch am Nachmittag wieder für den Verkehr freigegeben werden und die Defereggenstraße (L25) war wieder bis Ladstatt befahrbar. Laut Angaben des Landes gab es in Osttirol am Nachmittag wegen unterspülter Stromleitungen und Baumstürzen auf Stromleitungen noch in 13 Gemeinden Störungen bei der Stromversorgung. Zwischen Innsbruck und Matrei hatten mehrere umgestürzte Bäume die Oberleitung der Brennerbahnstrecke beschädigt. Diese musste deshalb bis voraussichtlich Dienstagabend gesperrt werden. Der durch das Unwetter entstandene Schaden konnte vorerst noch nicht beziffert werden.

In Südtirol war in der Zwischenzeit der Zivilschutzstatus um eine Stufe von "Rot" auf "Orange" herabgesetzt worden, "weil keine akute Gefahr mehr für die Bevölkerung besteht", teilte das Land mit. Am schlimmsten betroffen war das Gebiet der Drau. Schäden größeren Ausmaßes waren im Einzugsgebiet der Gader und des Grödnerbaches zu verzeichnen, geringe Schäden an Eisack und Rienz und fast keine an der Etsch.

Schäden gehen in die Millionen

Die heftigen Niederschläge und der starke Wind, die in der Nacht auf Dienstag über Osttirol gezogen sind, dürften Schäden verursacht haben, die "in die Millionen gehen", teilte das Land in einer Aussendung mit. Vor allem die Straßeninfrastruktur, Verbauungsmaßnahmen vieler Bäche und Flüsse sowie die Jausenstation Galitzenklamm bei Amlach waren besonders schwer betroffen.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sagte bei einem Lokalaugenschein am Dienstag finanzielle Unterstützung des Landes zur Behebung der Schäden zu. Die Felbertauernstraße (B108) konnte am Nachmittag wieder einspurig für den Verkehr freigegeben werden. 13 Gemeinden waren jedoch auch weiterhin noch ohne Strom.

Schaden an der Festung Hohensalzburg

Eine einzige starke Windböe des Föhnsturmes dürfte für die große Zerstörung auf der Festung Hohensalzburg verantwortlich gewesen sein. "Der finanzielle Schaden beträgt mehrere Hunderttausend Euro", sagte Burgverwalter Bernhard Heil. Insgesamt rechnete die Wiener Städtische Versicherung mit Schäden in einer Höhe von fünf Millionen Euro durch den Sturm.

"Der Süden hat in den vergangenen vier Tagen so viel Niederschlag abbekommen wie Wien in einem ganzen Jahr", sagte ein Meteorologe der ZAMG. An manchen Messstellen wurden Spitzenwerte von bis zu 600 mm gemessen. Und nach einem Zwischenhoch am Mittwoch wird es dort auch am Donnerstag und Freitag neuerlich regnen. "Nicht so stark wie zuletzt, aber angesichts der bereits durchnässten Böden ist jeder Tropfen einer zu viel." Gleichzeitig zu dem starken Regen hat der Südföhn an der Alpennordseite für große Windspitzen, auch im Osten Österreichs, gesorgt. 174,6 km/h wurden am Brunnenkogel in Tirol gemessen. 159,1 waren es am Feuerkogel in Oberösterreich. Sogar am Semmering/Sonnwendstein wurden enorme 155,5 km/h verzeichnet.

Die Salzburger Festung ist trotz der schweren Sturmschäden vom Dienstag am Mittwoch wieder für Besucher geöffnet. Allerdings ist die Auffahrt nur mit der Festungsbahn möglich. Der Fußweg auf das Wahrzeichen, der Burghof und der Zugang zur St. Georgs-Kirche bleiben aus Sicherheitsgründen gesperrt. Wie das Land am Nachmittag mitteilte, können die Innenräume jedoch uneingeschränkt besichtigt werden.

1.500 Feuerwehrmitglieder in NÖ im Einsatz

In Niederösterreich verzeichnete die Feuerwehr aufgrund des Sturms 130 Einsätze. Der Schwerpunkt lag im Bezirk Neunkirchen, wo auch die Südbahnstrecke bis mittags komplett gesperrt war. Insgesamt waren 1.500 Mitglieder von 90 Feuerwehren mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt, sagte Franz Resperger vom Landeskommando. Vorübergehend waren in der Nacht auf Dienstag laut EVN 3.000 Kunden ohne Strom.

Vor allem im Süden des Landes waren Bäume auf Leitungen und Trafostationen gestürzt, am Vormittag war der Strom noch in knapp 800 Haushalten ausgefallen. Am späten Nachmittag waren noch ein paar Dutzend Kunden im Mariazellerland betroffen. Seit Montagabend standen mehr als 150 Störungsmonteure der Netz Niederösterreich im Einsatz, berichtete EVN-Sprecher Stefan Zach. Es gebe "sehr viele Schadensstellen", die teilweise auch schwer erreichbar seien. "Wir hoffen, dass wir bis Einbruch der Dunkelheit alle Kunden wieder mit Strom versorgen können", sagte Zach. Die Reparatur- und Erneuerungsarbeiten werden laut dem Sprecher noch einige Wochen dauern.

Einige wenige Zwischenfälle gab es laut Resperger in den Bezirken St. Pölten, Amstetten und Baden. In Kottingbrunn (Bezirk Baden) hatte sich aufgrund des Sturms ein etwa 500 Quadratmeter großes Blechdach von einer Lagerhalle abgelöst und drohte abzustürzen. Mitglieder dreier Feuerwehren schnitten die Bedeckung am Dienstagnachmittag in mehrere Stücke und entfernten die Blechteile, teilte das Bezirkskommando in einer Aussendung mit. Auch einige blockierte Straßen mussten freigeräumt werden. "Die Lage hat sich mittlerweile in Niederösterreich beruhigt", teilte Resperger am Nachmittag mit.

2.900 Feuerwehrleute in OÖ im Einsatz

Windspitzen von bis zu 120 km/h haben in der Nacht auf Dienstag zu etlichen Sturmschäden auch in Oberösterreich geführt. Rund 2.900 Feuerwehrleute standen im Einsatz. Am stärksten betroffen war der südliche Teil des Bundeslandes mit den Bezirken Vöcklabruck, Gmunden, Kirchdorf und Steyr-Land.

Laut Landesfeuerwehrkommando wurden die Einsatzkräfte von Montag 17.30 Uhr bis Dienstag 9.30 Uhr zu 325 Einsätzen gerufen, 198 freiwillige Feuerwehren mit insgesamt rund 2.900 Helfern beseitigten die Folgen des Sturmes wie umgestürzte Bäume, die auf Straßen und Hausdächer gestürzt waren. In Gosau blockierte ein etwa zwei Tonnen schwerer Felsbrocken eine Fahrspur der Pass Gschütt Straße (B166), die Atterseestraße (B151) war zwischen Nußdorf und Unterach gesperrt. Auch die Oberwanger Straße und die Seewalchener Straße waren während Aufräumarbeiten für den Verkehr gesperrt.

Eine starke Sturmbö erfasste das Dach der Mehrzweckhalle in St. Georgen, riss große Teile der Glasverkleidung aus der Dachkonstruktion und schleuderte sie auf den nahen Parkplatz. Auch in Wels beschäftigte das abgedeckte Dach eines Mehrparteienhauses die Einsatzkräfte. Insgesamt waren 139 Feuerwehren mit rund 2.100 Personen im Einsatz. Die Straßen wurden so gut wie möglich für den Frühverkehr geräumt, am Vormittag stürzten noch vereinzelt Bäume um, die Intensität habe aber nachgelassen, hieß es aus dem Landesfeuerwehrkommando OÖ.

Zusätzlich wurden die Feuerwehren rund um Gilgenberg am Weilhart (Bezirk Braunau) kurz vor 3.00 Uhr zum Großbrand eines Bauernhofs gerufen. Die Löscharbeiten wurden durch den starken Wind massiv erschwert. Brandursache dürfte laut Polizei Funkenflug gewesen sein, der von einer Hackgutheizung ausging. Die Schadenshöhe wurde mit mehreren 100.000 Euro beziffert.

Südbahnstrecke wieder geöffnet

Die Südbahnstrecke am Semmering ist am Dienstagnachmittag nach einer unwetterbedingten Sperre wieder freigegeben worden. Nachdem seit Mittag ein Gleis wieder befahrbar war, folgte kurz vor 14.30 Uhr das zweite. Unterbrochen war am Nachmittag die Verbindung zwischen dem St. Pöltner Stadtteil Viehofen und Herzogenburg. Dort war laut ÖBB ein Baum ins Gleis gefallen.

Die Sperre bei St. Pölten werde voraussichtlich bis 17.00 Uhr dauern, sagte ÖBB-Sprecher Karl Leitner. Ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet.

Weitere Niederschläge am Donnerstag und Freitag

Gleichzeitig zu dem starken Regen hat der Südföhn an der Alpennordseite für große Windspitzen, auch im Osten Österreichs, gesorgt. 174,6 km/h wurden am Brunnenkogel in Tirol gemessen. 159,1 waren es am Feuerkogel in Oberösterreich. Sogar am Semmering/Sonnwendstein wurden enorme 155,5 km/h verzeichnet.

Nun soll sich die Situation durch ein Zwischenhoch kurzzeitig beruhigen. Im Süden lässt der Regen nach, doch durch den Südföhn bleibt es warm mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 15 und 20 Grad.

Bereits am Donnerstag kommt das nächste Italientief auf uns zu - mit großen Niederschlagsmengen im Süden und Südwesten. Wie viel es tatsächlich werden wird, dazu sei es derzeit noch zu früh. Durch die Südströmung sei jedenfalls in den nächsten Tagen kein Winter in Sicht.

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