'Einfach nur ein Monster'

Neue Doku von Daniela Ambrosoli widmet sich der Persönlichkeit des Künstlers

"Manche nennen ihn Mörder" und "Für viele ist er einfach nur ein Monster" - wenn die Hauptfigur eines Dokumentarfilms mit diesen Worten aus dem Off eingeführt wird, weckt das durchaus Interesse. Ein wenig befremdlich ist das Ganze allerdings, wenn es sich dabei um Hermann Nitsch handelt, einen der international erfolgreichsten Künstler Österreichs. In weiterer Folge erschließt die Filmemacherin Daniela Ambrosoli jedoch mit ihrer Dokumentation "HN. Hermann Nitsch" das breite Panoptikum der Persönlichkeit Nitsch. Heute erscheint die DVD im Handel.

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HN. Hermann Nitsch - 'Einfach nur ein Monster'

Ambrosoli, Tochter der Ausdruckstänzerin Sonja Bragowa und eines Schweizer Unternehmers, bleibt dabei ihrem lakonischen Titel treu und nähert sich vornehmlich dem Menschen und Künstler Nitsch, weniger seinem Oeuvre. So finden die Bühnenarbeiten für die Oper beispielsweise keinerlei Erwähnung, ebenso wird Nitschs Malerei bestenfalls touchiert. Stattdessen fokussiert Ambrosoli, die Nitsch ein Jahr auf seinen Wegen zwischen Asolo und Prinzendorf begleitete, auf Biografie und Charakter ihres Protagonisten - die letztlich natürlich nicht vom Werk zu trennen sind.

"Zwei alte Herren"
Künstlerische Wegbegleiter wie Günter und Anna Brus oder Heinz Cibulka erinnern sich dabei ebenso wie der frenetische Nitsch-Sammler Giuseppe Mora oder der Psychoanalytiker Berthold Rothschild. Zu den berührendsten Momenten des Films zählt das Gespräch des greisen Mäzen Francesco Conz mit "seinem" Künstler - zwei alte Herren, die eine lange Geschichte verbindet. Dann wieder tapst Nitsch durch italienische Städtchen, niederösterreichische Weinberge und die Wiener Stätten seiner Kindheit - gleich Gott Vater mit Rauschebart und Altersmilde. Die beiden Nitsch-Museen Mistelbach und Neapel werden hingegen nur gestreift.

Der Schaffensaspekt des 1938 Geborenen, der näher beleuchtet wird, ist die Entwicklung vom Wiener Aktionismus zum Orgien-Mysterien-Theater am Standort Schloss Prinzendorf, das Nitsch für diese Zwecke sanierte. Dabei kommen zahlreiche Akteure des OM-Theaters zu Wort, die ihrem Mentor mit beinah religiöser Inbrunst folgen. Auch hier liegt der Fokus vornehmlich auf dem persönlichen Erleben, den synkretistischen Erfahrungen mit Blut, Gedärm, Archaik, weniger auf dem dahinterliegenden theoretischen Grundkonzept des Dionysischen. Ungewohnt bleibt allerdings der Blick auf das kompositorische Werk Nitschs, der für seine Aktionen im Sinne des Gesamtkunstwerks auch die Beschallung liefert.

Künstler fühlt sich verstanden
Auf persönlicher Ebene offenbart Nitsch Einsichten wie den selbst konstatierten Egoismus in seinen Beziehungen oder die einstige Eifersucht auf seinen Adoptivsohn Leo Kopp. "Ich war sehr gerührt, als ich den Film das erste Mal sah und auch betroffen, dass ich alt geworden bin", wird der Künstler in einer Grußnote zitiert: "Ich fühle mich sowohl als Person wie auch als Künstler verstanden."

Info: "HR. Hermann Nitsch" von Daniela Ambrosoli
Polyfilm Video 2011, 60 Minuten (+ 25 Minuten Extras) www.polyvideo.at