So wird das Hitler-Geburtshaus in Zukunft aussehen

Gebäude wird umgestaltet, dann zieht die Polizei ein - Umbau soll "gesamten Ort neutralisieren"

Das Vorarlberger Architektenbüro Marte.Marte wird die Umgestaltung des Hitler-Geburtshauses in Braunau vornehmen. Der Entwurf des Brüderpaares setzte sich in der Ausschreibung des Innenministeriums gegen elf Kontrahenten durch, wurde am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Der Umbau soll gegen Ende 2022 abgeschlossen sein. Danach kann die Polizei einziehen.

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Braunau - So wird das Hitler-Geburtshaus in Zukunft aussehen

Das Hitler-Geburtshaus fiel dem Innenministerium im Zuge einer Enteignung zu, nachdem man sich mit der langjährigen Besitzerin des Objekts nicht einigen hatte können. Gut 800.000 Euro mussten der Frau nach einigem gerichtlichen Tauziehen vergütet werden, der Umbau wird noch einmal etwa fünf Millionen Euro kosten, erklärte der zuständige Sektionschef Hermann Feiner am Dienstag.

Polizei zieht ein

Dass die Polizei mit dem Bezirkspolizeikommando und einer Polizeiinspektion einzieht, ist für Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) geradezu die geeignetste Nutzung. Schließlich sei die Polizei die Hüterin der Grund- und Freiheitsrechte. Davor war das Gebäude unter anderem als Schule und seitens der Lebenshilfe genutzt worden.

"Neutralisierung des gesamten Ortes"

Wie Feiner betonte, sei es beim Umbau um "eine Neutralisierung des gesamten Ortes" gegangen. Daher habe die interdisziplinäre Kommission, die sich mit dem Projekt auseinandergesetzt hat, eine zeitgenössische Kommentierung untersagt. Ein Gedenkstein vor dem Objekt soll möglichst im "Haus der Geschichte" untergebracht werden, kündigte der Sektionschef entsprechende Gespräche mit der Einrichtung an.

Einfachheit überzeugte

Was das Siegerprojekt angeht, ist dieses "in der Erscheinung sehr reduziert", wie der Juryvorsitzende Robert Wimmer ausführte: "Die Einfachheit an dem Projekt war es, das uns alle in der Jury überzeugt hat." Die Innere Struktur des Objekts mit zwei Häusern wird auch beibehalten: "Der Denkmalschutz war begeistert." Vorgesorgt wird architektonisch, dass sich beim Gebäude keine Versammlungen von Neonazis abspielen können.

Verantwortlich für den Umbau zeichnen mit den in Feldkirch stationierten Architekten Stefan und Bernhard Marte keine Unbekannten in der Szene. Sie können unter anderem den Staatspreis für Architektur ihr Eigen nennen. Der größte Teil der von ihnen realisierten Projekte befindet in Vorarlberg, etwa das Freilichtmuseum Römervilla in Rankweil.

Kritik der Gedenk-Verbände

Mehrere Verbände zum Gedenken der Opfer von Nazi-Verbrechen haben am Mittwoch Kritik an den von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Vortag präsentierten Plänen zur Neugestaltung des Hitler-Geburtshauses in Braunau geübt. Sie vermuten bei dem Vorhaben die Devise "Verdrängung statt Auseinandersetzung". Gegen die Entfernung des Gedenksteines vor dem Gebäude wurde Widerstand angekündigt.

Laut Nehammer (ÖVP) und dem zuständigen Sektionschef Hermann Feiner soll das Gebäude "neutralisiert" werden. Nach einem Umbau soll dort die Polizei mit dem Bezirkspolizeikommando und einer Polizeiinspektion einziehen. Der 1989 von der Stadt Braunau vor dem Objekt aufgestellte Gedenkstein mit der Aufschrift "Für Frieden, Freiheit und Demokratie - Nie wieder Faschismus - Millionen Tote mahnen" solle möglichst im "Haus der Geschichte" untergebracht werden, kündigte Feiner entsprechende Gespräche mit der Einrichtung an.

»Handfester demokratiepolitischer Skandal«

Das stieß auf Kritik vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ), dem OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus und vom KZ-Verband/VdA OÖ (Landesverband Oberösterreich der AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus). "Die geplante Neugestaltung des Hitler-Geburtshauses orientiert sich an der Devise "Verdrängung statt Auseinandersetzung", urteilte der MKÖ-Vorsitzende Willi Mernyi in einer Presseaussendung. "Offenbar wolle man die Welt vergessen lassen, dass der schlimmste Massenmörder der Geschichte in Braunau geboren wurde. Dieser Ansatz ist inhaltlich falsch und wird auch sicher nicht funktionieren. Man muss zu dem stehen, was war." Der Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus Robert Eiter forderte: "Anstelle des krampfhaften Versuchs, die historischen Tatsachen zu 'neutralisieren', sollte gedenkpolitisch offensiv vorgegangen werden". Als Beispiel nennt er das Konzept "Haus der Verantwortung" des Politikwissenschafters Andreas Maislinger.

Auf vehemente Ablehnung stößt der Plan, den Gedenkstein vom Gehsteig vor dem Hitler-Geburtshaus zu entfernen und ins "Haus der Geschichte" nach Wien zu verlegen. "Dass diese Mahnung an die Millionen NS-Opfer aus Braunau weg soll, ist fatal. Dagegen wird es breiten Widerstand geben", kündigte Eiter an. Der Landesvorsitzende des KZ-Verband/VdA OÖ Harald Grünn begrüßt zwar die Pläne für den Einzug der Polizei, ist aber über das Vorhaben für einen Umzug des Gedenksteines "empört": Die geplante "Entsorgung" sei "eine Verhöhnung aller Opfer des Faschismus" und ein "handfester demokratiepolitischer Skandal".