Launischer Kronprinz

Der Norweger Henrik Kristoffersen will sich mit der Rolle des "ewigen Zweiten" hinter Marcel Hirscher nicht abfinden.

von Henrik Kristoffersen © Bild: IMAGO/CTK Photo

Verlieren war noch nie sein Ding. Deshalb ist es für Henrik Kristoffersen eine Erlösung, als er 2018 auf dem Ganslernhang in Kitzbühel triumphiert - nach einer Durststrecke von fast einem Jahr ohne Weltcupsieg. Aus dem Seriensieger der vergangenen zwei Winter ist ausgerechnet in der Olympiasaison plötzlich "nur" ein Podestfahrer geworden, weil Marcel Hirscher im Stangenwald immer um die eine Kleinigkeit schneller ist. Zwei Tage später stellt der Salzburger beim Nightrace in Schladming die Rangordnung wieder her und distanziert seinen um fünf Jahre jüngeren Rivalen aus Norwegen. Obwohl ihn Ski-Rowdys während des zweiten Durchgangs mit Schneebällen bewerfen und damit sicher auch in der Konzentration stören, gratuliert Henrik Kristoffersen sportlich: "Marcel war heute einfach besser."

Henrik Kristoffersen
© IMAGO/MAXPPP Henrik Kristoffersen beim Alpine Ski World Cup 2024

2014 hat der damals erst 19-jährige Norweger aus Lørenskog in der Nähe von Oslo in Schladming seinen ersten von bis heute 15 Weltcupslaloms gewonnen, darunter auch die Klassiker von Wengen, Kitzbühel oder Madonna di Campiglio. Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi holte er die Bronzemedaille hinter den beiden Österreichern Mario Matt und Marcel Hirscher und ist seither der jüngste Olympiamedaillengewinner der Alpin-Geschichte.

Der Steirer Christian Mitter, Cheftrainer der Norweger, kennt und arbeitet mit Henrik Kristoffersen schon seit vielen Jahren, zunächst als sein Trainer im Skigymnasium von Oslo, dann als sein Betreuer beim rasanten Aufstieg in die absolute Weltspitze: "Henrik hat einen unglaublichen Willen, alles für den Sieg zu geben. Seit ich ihn kenne, wollte er immer der beste Skifahrer der Welt werden."

Streit mit dem Verband

Mit ein Grund für das etwas angeschlagene Nervenkostüm des Norwegers 2018 war wahrscheinlich auch der anhaltende Streit mit seinem Skiverband um ein Red-Bull-Privatsponsoring. Wie Kristoffersens Teamkollege Aksel Lund Svindal will auch er mit dem Bullen-Logo auf dem Helm zusätzlich Geld lukrieren, was ihm bisher verboten wurde. Erst am 1. Oktober 2017 unterzeichnete Kristoffersen den Athletenvertrag mit dem Verband - die Voraussetzung für einen Olympiastart. Wegen des Vertragsstreits wurde Kristoffersen vorübergehend suspendiert und musste die gesamte Vorbereitung selbst finanzieren. Auch die Rolle seines Trainervaters Lars, früher in der Baubranche tätig, gibt immer wieder Anlass für Streitigkeiten im norwegischen Skiteam.

Dafür hat der notorische Einzelkämpfer im Sommer 2016 mit Tonje Barkenes sein privates Glück gefunden. In die ehemalige Handballerin war Henrik Kristoffersen nach eigenen Angaben schon während der gemeinsamen Zeit in der Sandbekken- Sportmittelschule verliebt. Sie begleitet ihn heute zu allen Rennen und wohnt mit ihm gemeinsam in Salzburg.

Der Olympiasieg ist für Henrik Kristoffersen das größte sportliche Ziel, nachdem er 2023 den Slalom-Weltmeistertitel geholt hat.

Dieser Artikel ist im News Nr. 4/2018 erschienen.