"Der Zilk" ist auch vielen jüngeren Stadtbewohnern ein Begriff, obwohl sie ihn nie in seiner aktiven Zeit erlebten. Wobei: Helmut Zilk war selten nicht aktiv. Sogar noch wenige Wochen vor seinem Tod empfing er Medienvertreter im Spital, um etwa über den bevorstehenden Nationalratswahlkampf zu reden. Seine markante Stimme, seine geradlinige und direkte Art, seine durch die Briefbombe schwer verletzte und in einem Seidenhandschuh verborgene Hand und die Tatsache, dass seine Frau Dagmar Koller selbst im Rampenlicht stand (und steht), machten ihn zu einer urbanen Legende.
Kein vorgezeichneter Weg
Der Weg dorthin war keineswegs vorgezeichnet. Zilk wurde am 9. Juni 1927 im Arbeiterbezirk Favoriten geboren. Er besuchte die Lehrerbildungsanstalt und arbeitete ab 1947 als Volks- und dann Hauptschullehrer. Parallel dazu absolvierte er das Studium der Pädagogik, Germanistik, Psychologie und Philosophie. 1946 wurde er Mitglied des Sozialistischen Lehrerverbandes, 1950 trat er der SPÖ bei.
Schon 1955 folgte ein Schritt in ein völlig anderes Metier - zum Rundfunk. Erst freier Mitarbeiter für Jugendsendungen, baute er ab 1959 federführend das Schulfernsehprogramm auf. Bald begann er als Ombudsmann und wurde mit den "Stadtgesprächen", später auch mit "In eigener Sache" bekannt. Von 1967 bis 1974 war er Programmdirektor im ORF. Seine Tätigkeit als Ombudsmann setzte er später bei der "Kronen Zeitung" fort. Eine Niederlage erlitt Zilk 1978, als er an Gerd Bacher als SP-Kandidat für die ORF-Spitze scheiterte.
Wechsel in die Politik
In die Politik wechselte er 1979: Der damalige Wiener Bürgermeister Leopold Gratz machte Zilk zum Kulturstadtrat. Fred Sinowatz holte ihn dann 1983 als seinen Nachfolger ins Unterrichtsministerium - wo er nicht lange blieb: Bereits ein Jahr später kehrte Zilk ins Rathaus zurück, und zwar an die Spitze. Als kongenialer Partner des Wiener Bürgermeisters fungierte in dieser Zeit als Vizebürgermeister und SP-Chef Hans Mayr. Denn Vorsitzender der Wiener Roten war Zilk nie. Als Mayr 2006 starb, verabschiedete sich sein Weggefährte beim Begräbnis von einem "Lebensfreund" und seinem "anderen Ich".
Stadtbild war ihm ein Anliegen
Als Bürgermeister war Zilk vor allem das Stadtbild ein besonderes Anliegen: Ob es die Bekleidung der Fiaker, das Orange der Müllabfuhr oder die Plakatflut war. Der Stadtchef kümmerte sich gerne persönlich um diese Fragen. Stets setzte er sich vehement für Ideen ein, die er für gut und richtig hielt - auch wenn sie von anderen Fraktionen oder Parteien kamen. Auch in der eigenen Partei hielt er sich mit Kritik nicht zurück. Bei seiner ersten Wien-Wahl 1987 wurde sein Einsatz noch mit einer hohen Mehrheit von fast 55 Prozent für die SPÖ belohnt. Weniger gut lief es 1991, als die SPÖ im "Roten Wien" an Stimmen erstmals unter die 50-Prozent-Marke rutschte. Eine schwere Niederlage schließlich brachte die Expo-Volksbefragung, bei der die Wiener trotz der massiven Werbung ihres Bürgermeisters die Weltausstellung ablehnten.
Briefbomben-Opfer
Im Dezember 1993 wurde Zilk ein Opfer des Briefbombenterrors. Attentäter Franz Fuchs wählte ihn bereits bei der ersten Serie als Adressat aus. Die linke Hand wurde von der Explosion schwer getroffen. Zilk hüllte sie später in stets zur Krawatte passendes Tuch.
Übergabe an Häupl
1994 übergab der Bürgermeister sein Amt an Michael Häupl. Mit Ratschlägen an den Nachfolger hielt er sich weitgehend zurück, ein Rückzug aus dem öffentlichen Geschehen kam für den frischgebackenen Altbürgermeister aber nicht infrage. Zilk war etwa Aufsichtsratsvorsitzender des Wiener Städtische-Hauptaktionärs "Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt-Vermögensverwaltung" und Leiter der Bundesheer-Reformkommission.
Spionage-Vorwürfe
Immer wieder war er auch mit Vorwürfen konfrontiert, er hätte in den 1960er-Jahren für den Geheimdienst der damals kommunistischen Tschechoslowakei gearbeitet. Zilk hat stets dementiert - und sogar der einstige tschechische Staatspräsident Vaclav Havel hat bei Zilks Trauerfeier von "ungerechtfertigten" Vorwürfen gesprochen. Doch die Gerüchte verstummten auch nach dem Tod nicht. Der Wiener Politiker soll unter dem Decknamen "Holec" firmiert und Informationen über die österreichische Innenpolitik geliefert haben, wurde 2009 kolportiert.
Im Jahr 2006 wurde offensichtlich, dass es um den Gesundheitszustand des einstigen Bürgermeisters schlecht bestellt war: Er erhielt einen Herzschrittmacher. Seither war er auch Dialyse-Patient. Unmittelbar vor seinem Tod 2008 war er - nach der Rückkehr aus seinem Feriendomizil in Portugal - wegen einer Infektion ins Wilhelminenspital eingeliefert worden.
Ehrengrab am Zentralfriedhof
Zilk wurde am 8. November 2008 in einem Ehrengrab am Zentralfriedhof bestattet. Zuvor war das verstorbene Stadtoberhaupt zwei Tage im Rathaus aufgebahrt. Das Requiem fand im Stephansdom statt. Dort findet am kommenden Montag (22. Oktober) auch ein Gedenkgottesdienst anlässlich des zehnten Todestags statt.
Auch zwei Orte in der Stadt erinnern an den berühmten Stadtchef: der Helmut-Zilk-Park beim Hauptbahnhof und der Helmut-Zilk-Platz. Letzterer umfasst jenes Areal bei der Albertina, auf dem sich das von Alfred Hrdlicka gestaltete Mahnmal gegen Krieg und Faschismus befindet - für dessen Errichtung sich Zilk einst eingesetzt hat.