Heinz Fischers erstes Buch

von Peter Pelinka © Bild: NEWS

Noch ist nicht klar, ob Alexander Van der Bellen am 8. Juli zum neuen Bundespräsidenten angelobt wird, klar ist aber, dass an diesem Tag Heinz Fischer als Staatsoberhaupt verabschiedet wird. Grund genug für Franz Richard Reiters Ephelant-Verlag, Fischers erstes Buch ("Einer im Vordergrund: Taras Borodajkewycz“), ursprünglich erschienen im Juni 1966, neu aufzulegen.

Taras Borodajkewycz, 1902 in Wien geboren, war eine der relativ seltenen Mischungen aus Katholik und Nationalsozialist. 1934 wurde er illegaler Nazi, gleichzeitig war er Dozent im austrofaschistischen Ständestaat. Im Nazi-Staat wurde er Professor, er blieb das auch nach 1945, als CV-Mitglied von Gnaden der ÖVP. Politisch blieb Borodajkewycz aber weiter bei seiner Linie. Auch in seinen Vorlesungen, wo er gegen den Verfassungsautor Hans Kelsen ätzte ("heißt ja eigentlich Kohn“), gegen das "Geflunker von der österreichischen Nation“ oder generell "die Kaffeehausjuden“.

In seinen Vorlesungen saß auch der Wirtschaftsstudent Ferdinand Lacina. Er hielt die prägnantesten Tiraden "Boros“ in Mitschriften fest und übergab sie seinem Freund Heinz Fischer, damals frischgebackener Jurist im SP-Parlamentsklub. Fischer publizierte sie in der "Zukunft“, Borodajkewycz klagte wegen Ehrenbeleidigung. 1963 wurde Fischer verurteilt, er hatte die Quelle nicht preisgegeben, Lacinas Mitschrift wurde daher nicht als Beweismittel zugelassen.

Zwei Jahre später gab Fischer sie Oscar Bronner, dem heutigen Herausgeber des "Standard“. Der reichte sie seinem Vater Gerhard weiter, und der Kabarettist machte sie in seiner TV-Sendung "Zeitventil“ einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der Professor gab sich unbeeindruckt, witzelte bei einer Pressekonferenz weiter über jüdische Namen. Das war zu viel: Am 31. März 1965 demonstrierten 2500 Antifaschisten in Wien gegen Borodajkewycz, einer der Demonstranten, der 68-jährige Pensionist Ernst Kirchweger, wurde vor dem Hotel Sacher vom Neonazi Günther Kümel erschlagen.

In zweiter Instanz wurde Heinz Fischer freigesprochen, Lacina hatte sein Studium abgeschlossen und konnte als Zeuge auftreten. "Boro“ wurde 1971 zwangspensioniert.

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