Häftlinge "nach Hause" schicken?

Justizminister Brandstetter will Häftlinge aus EU-Staaten in ihre Heimatländer überstellen

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Fakten - Häftlinge "nach Hause" schicken?

Wie die "Presse" berichtet, will Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) mit einem "alten Rezept" der Überlastung der österreichischen Gefängnisse entgegenwirken: Ausländische Strafgefangene, vor allem aus anderen EU-Staaten, sollen in ihre Heimatländer überstellt werden. "Das wollen wir jetzt forcieren", zitiert ihn das Blatt. Vorrangig betreffe das Rumänien, Bulgarien, Serbien, die Slowakei und Ungarn. Mit den Justizministern dieser Länder stehe Brandstetter bereits in Gesprächen über die Umsetzung. Erstmals gefordert hat das bereits 2003 FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer, der sogar ein eigenes Gefängnis in Rumänien finanzieren wollte.

Möglich macht solche Rückführungen der EU-Rahmenbeschluss 2008/909/JI. Hintergrund der Regel ist eigentlich, dass man im jeweiligen Heimatland eine Resozialisierung der Straftäter für aussichtsreicher, die ja auch ein Ziel der Haft ist, hält. Dass sich die überstellenden Staaten Vollzugskosten sparen, ist ein für sie angenehmer Nebeneffekt. Aber auch im Rahmen des EU-Beschlusses muss es mit den jeweiligen Staaten erst eine Einigung geben. Derzeit sind in Österreich 8.896 Personen inhaftiert, acht Gefängnisse sind zu mehr als hundert Prozent belegt. Weiter verschärfen könnte die Lage der neue Straftatbestand "Drogenhandel im öffentlichen Raum", der ab 1. Juni gilt.

Ein Hafttag kostet den Staat 123,12 Euro

Anfang des Monats waren 54 Prozent der Häftlinge Ausländer, davon 21 Prozent aus EU-Staaten und 33 Prozent aus Drittstaaten. Und jeder Häftling kostet den Staat pro Tag 123,12 Euro, wie das Justizministerium im März bekannt gab. Die von Brandstetter angesprochenen Staaten könnten Österreich daher merklich entlasten: Derzeit sitzen über 600 Serben, knapp 600 Rumänen, mehr als 300 Ungarn, knapp 250 Slowaken und um die hundert Bulgaren in heimischen Justizanstalten ein.

Zusätzlich zu den Verhandlungen mit anderen EU-Staaten über Rücküberstellungen will das Justizministerium auch durch den Ausbau von Gefängnissen die Überlastung reduzieren. Schon seit längerem gibt es Pläne, in Wien überhaupt eine neue Justizanstalt mit rund 500 Haftplätzen zu bauen. Heuer bereits wird jedenfalls Eisenstadt um 20 Plätze erweitert, 2017 dann Wien-Simmering um 94 und Hirtenberg in Niederösterreich um etwa 85 Plätze. Insgesamt werden so etwa 220 neue Plätze geschaffen.