Grundrechtler und NGO kritisieren
Überwachungspläne der Regierung

Kampagne gegen Überwachungspaket - Amnesty International fordert mehr Rechtsschutz

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"Die Tinte unter der Beschwerde gegen das Staatsschutzgesetz ist noch nicht trocken, hegt die Regierung neue Überwachungspläne", sagte Christof Tschohl von epicenter.works am Dienstag in einer Pressekonferenz. FPÖ und Grüne hatten sich Mitte 2016 wegen des Staatsschutzgesetzes an der Verfassungsgerichtshof (VfGH) gewandt, das Verfahren ist noch anhängig.

AI-Generalsekretär Heinz Patzelt sagte, Terrorbekämpfung sei für Staaten ein "Muss", es sei auch ein sehr weitreichender Eingriff in Grundrechte legitim. Es brauche dafür aber eine gesetzliche Basis und eine unabhängige Kontrolle. "Mehr Eingriff bedeutet auch mehr Rechtsschutz", so Patzelt. Die richterliche Kontrolle sowie der Rechtsschutz kommen laut Patzelt zu kurz. Nicht alle überwachten Verdächtigen würden im Nachhinein über die Überwachung informiert.

Der Anwalt von epicenter.works, Ewald Scheucher, erklärte, dass weniger Freiheit nicht mehr Sicherheit bedeute. Frankreich habe trotz Ausnahmezustands Terroranschläge nicht verhindern können. An den österreichischen Plänen kritisierte Scheucher konkret die fehlende Definition von Gefährdern. Dies könnte in Zukunft zu einem Machtmissbrauch führen, wenn plötzlich ganz andere Personen als Gefährder eingestuft würden, so Scheucher. Er erinnerte an das Kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz aus dem Jahr 1917, dass Engelbert Dollfuß fünfzehn Jahre später dazu missbrauchte, um den autoritären "Ständestaat" zu errichten.

Reinhard Kreissl vom Vienna Centre of Societal Security (Vicesse) kritisierte die hohen Kosten der Überwachungsmaßnahmen. Mit Angst lasse sich sehr viel Geld verdienen, so Kreissl. Es handle sich bei den Plänen um eine "Gelddruckmaschinerie für die einschlägige Sicherheitsindustrie". Die Journalistin Sonja Bettel vom Verein Freischreiber warnte davor, das Redaktionsgeheimnis, aber auch das Anwaltsgeheimnis oder Beichtgeheimnis, zu gefährden.

Die Bundesregierung hat sich heuer im Jänner auf ein überarbeitetes Arbeitsprogramm geeinigt. Teil davon ist auch ein Sicherheitspaket mit mehreren Überwachungsmaßnahmen (Kennzeichenerfassung, Registrierung von SIM-Karten, Überwachung von Gefährdern, Echtzeitstreaming von Videokameras, Speicherung von Telekommunikationsdaten, Zugriff auf WhatsApp etc.). Die Pläne sollen bis Mitte des Jahres umgesetzt werden.

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