Großbritannien will EU bei Brexit angeblich 20 Milliarden Euro zahlen

Austrittsrechnung gehört zu zentralen Streitpunkten

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May werde die Summe in ihrer Grundsatzrede zum Brexit am Freitag in Florenz bekannt geben. Die finanziellen Forderungen der EU an Großbritanniens wegen des Brexit sind einer der größten Streitpunkte in den Austrittsverhandlungen beider Seiten. Bisher hat sich London nicht dazu geäußert, welche Summe es zu zahlen bereit ist. Die EU fordert nach Angaben aus Kreisen in Brüssel 60 bis 100 Milliarden Euro.

Mays Regierung bezeichnete den Bericht der "Financial Times" über die Summe von mindestens 20 Milliarden Euro als "reine Spekulation". Ein Sprecher der deutschen Bundesregierung wies zurück, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel über ein konkretes Verhandlungsangebot Londons informiert worden sei.

Der britische Außenminister Boris Johnson wies indes Spekulationen über eine Rücktrittsdrohung im Streit um den Brexit zurück. Auf die Frage eines Reporters, ob er zurücktreten werde, antwortete Johnson am Dienstag in einem New Yorker Hotel: "Nein." Die Regierung sei sich einig wie ein "Nest singender Vögel". Johnson war für die Generalversammlung der Vereinten Nationen in die US-Metropole gereist.

Der "Daily Telegraph" hatte zuvor berichtet, Johnson wolle sein Amt möglicherweise noch vor dem Wochenende niederlegen, sollte sich May nicht seinen Wünschen hinsichtlich des geplanten EU-Austritts beugen. Johnson werden auch Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs nachgesagt. Am vergangenen Samstag hatte Johnson im "Daily Telegraph" seine Brexit-Vorstellungen dargelegt und May damit brüskiert.

Beobachter gehen davon aus, dass Johnson der Premierministerin absichtlich in die Parade fahren wollte. May gilt seit der schiefgelaufenen Parlamentswahl im Juni als angezählt.

Eine knappe Mehrheit der Briten hatte bei einem Referendum im Juni 2016 für den Austritt aus der EU votiert. Ende März löste May den Scheidungsprozess offiziell mit dem Austrittsantrag aus. Gemäß Artikel 50 des EU-Vertrages läuft damit eine auf zwei Jahre festgesetzte Frist für die Trennungsgespräche. Der EU-Austritt würde dann Ende März 2019 erfolgen.

Die seit Juni laufenden Austrittsverhandlungen zwischen Großbritannien und der EU brachten bisher kaum Fortschritte. Neben den Finanzforderungen an London gehören die Rechte der 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien sowie der Status der britischen Provinz Nordirland zu den zentralen Punkten.

Erst wenn in den Austrittsfragen "ausreichende Fortschritte" erzielt sind, will die EU Phase zwei der Verhandlungen einläuten. In ihr könnte dann auch wie von London gewünscht über ein künftiges Handelsabkommen gesprochen werden. Die vierte Verhandlungsrunde zwischen London und Brüssel startet am Montag - sie war wegen Mays Grundsatzrede um eine Woche verschoben worden.

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