"Schwiegermuttergeld"
und Briefkastenfirmen

Richterin weitet Verhandlung um Causa Telekom aus

Karl-Heinz Grasser hatte sich gestern wortreich für völlig unschuldig erklärt und die Vorwürfe der Anklage, er habe Schmiergeld genommen, zurückgewiesen. Heute wurde er erstmals von Richterin Marion Hohenecker befragt.

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Grasser-Prozess - "Schwiegermuttergeld"
und Briefkastenfirmen

Der heutige 42. Verhandlungstag im Korruptionsprozess rund um die Buwog-Privatisierung war der erste Tag der Einvernahme des Hauptangeklagten, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, durch Richterin Marion Hohenecker. Grasser wurde zum "Schwiegermuttergeld", dem Verlauf der Privatisierung, zu seinen Treffen mit Walter Meischberger und seinem Terminkalender penibel befragt.

Grasser zeichnet Weg des "Schwiegermuttergeldes"

Grasser zeichnete den Weg der 500.000 Euro, die er von seiner Schwiegermutter bekommen haben will, nach. Das Geld übergab er in bar bei der Meinl Bank auf ein Konto der Schweizer Ferint AG, mit der er einen Treuhandvertrag abschloss, allerdings erst Monate nach den Geldübergaben. Den Treuhänder habe er gar nicht gekannt, der Banker Julius Meinl habe ihm das Vorgehen so empfohlen.

Von dort floss das - durch ein Genussschein-Investment bei der Hypo Alpe Adria vermehrte - Geld, konkret 780.000 Euro, dann Anfang 2009 zur Gesellschaft Mandarin mit Sitz auf Belize, die ihm sein Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki empfohlen habe, und weiter zur Gesellschaft Catherine Participations Corporation, auch auf Belize. Alles geschah laut Grasser, um das Vermögen für seine Kinder bestmöglich zu veranlagen. Die beiden Firmen teilen sich dieselbe Adresse auf Belize.

Laut einem Zusatz zum Treuhandvertrag handelte es sich um Geld von Grassers Schwiegermutter, Marina Giori-Lhota, geborene Swarovski. Diese bestreitet allerdings, dass sie die wirtschaftlich Berechtigte ist. Über die Mandarin liefen auch Aktiengeschäfte, die von einem Liechtensteiner Konto finanziert wurde, das laut Anklage Grasser gehörte, was dieser aber dementiert.

Grasser-Anwalt rechtfertigt Transaktionen

Grassers Anwalt Manfred Ainedter rechtfertigte die Transaktionen nach der Verhandlung vor Journalisten: "Das Schwiegermuttergeld ist für die Öffentlichkeit hoch interessant, Glamour und High Society, aber für die Causa völlig irrelevant, weil es mit Sicherheit mit der Buwog nichts zu tun hat." Dass es für die Bar-Einzahlungen einer halben Million Euro keine Belege gab, erklärte er mit dem "hohen Vertrauensverhältnis" Grassers zur Bank: Julius Meinl sei sein Freund gewesen. "Da ist nichts verdächtiges dran."

»Das Schwiegermuttergeld ist für die Öffentlichkeit hoch interessant, Glamour und High Society, aber für die Causa völlig irrelevant, weil es mit Sicherheit mit der Buwog nichts zu tun hat«

Jörg Haider forderte Verkaufsrecht

Richterin Hohenecker setzte ihre genaue Befragung fort und fragte Grasser auch zum - mittlerweile verstorbenen - Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und dem Kärntner Vorkaufsrecht auf die Villacher ESG-Wohnungen, einem Teil der Bundeswohnungen. Haider habe das Vorkaufsrecht einfach gefordert und auch bekommen, sagte Grasser. "Er hat's verlangt, wir haben's ihm gegeben". Am 17. Juni 2002 erhielt das Land Kärnten ein Vorkaufsrecht für die ESG-Wohnbaugesellschaft eingeräumt. Der Rechnungshof kritisierte später, dass der Bund für die Gewährung des Vorkaufsrechts nichts erhalten habe.

Das Land Kärnten hat dann aber das Vorkaufsrecht nicht ausgenutzt. Aus den Unterlagen der Kärntner Landesregierung geht hervor, dass Kärnten damals davon informiert wurde, es müsse 120 Mio. Euro für die Villacher ESG zahlen. Das war der Preis, mit dem das Österreich-Konsortium die ESG bewertet hatte. Der endgültige Bestbieter stand allerdings nach der Sitzung der Vergabekommission noch gar nicht fest, weil er abhängig war von der Ausübung des Kärntner Vorkaufsrechts, wie die Richterin betonte. Es habe "zwei Varianten" gegeben: Wenn Kärnten das Vorkaufsrecht ausgeübt und die ESG herausgekauft hätte, wäre die CA Immo vorne gelegen. Da Kärnten aber sein Vorkaufsrecht nicht ausübte, war das Österreich-Konsortium rund um Immofinanz und die RLB OÖ siegreicher Bieter.

Grassers voller Terminkalender

Schließlich ging die Richterin noch den Terminkalender von Grasser durch, der im Finanzministerium für ihn von seinem Sekretariat geführt worden war. Darin sind auch zahlreiche Treffen zur Buwog-Privatisierung sowie mit Meischberger und dem mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech vermerkt. Gerätselt wurde dann über eine E-Mail-Adresse "HBM", die laut Grasser nicht ihm gehörte. Er habe in seiner Zeit als Minister gar keine Mails geöffnet oder beantwortet, das sei alles über sein Büro gelaufen.

Der Prozess wird morgen, Donnerstag, mit der weiteren Befragung Grassers fortgesetzt.

Richterin weitet Verhandlung um Causa Telekom aus

Der Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere wird noch umfangreicher. Richterin Marion Hohenecker erklärte heute Nachmittag während der erstmaligen Befragung Grassers, dass auch die Causa Telekom/Parteienfinanzierung in das Verfahren miteinbezogen wird. Daraufhin verteilte sie die neuen Gerichtstermine, die nun statt bis Oktober bis Dezember 2018 gehen.

In einer Verhandlungspause scherzten Anwälte und Angeklagte, ob sich nun die Hauptverhandlung im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts überhaupt noch bis Ende des nächsten Jahres ausgehe. Rechtlich sei der Richterin aber nicht viel an Alternativen übrig geblieben, so der Tenor. Eine unmittelbare Einspruchsmöglichkeit gegen die Zusammenlegung der Causen gibt es nicht. Es gilt die "subjektive Konnexität", weil einige Angeklagte dieselben sind, werden die Verfahren also vor den selben Richtern geführt.

Für zahlreiche Angeklagte sowie die Privatbeteiligtenvertreter bedeutet dies nun einmal eine längere Prozesspause, da sie nicht Teil des Telekomverfahrens sind. Womit, nach der Einvernahme aller derzeit Angeklagten, dann vorerst nur die mitangeklagten Walter Meischberger und Peter Hochegger die Angeklagtenbank drücken müssen. Zu ihnen gesellen sich zwei weitere ehemalige Manager der Telekom Austria (Rudolf und Michael Fischer) sowie ein weiterer Angeklagter.

Es geht um "Schwarze Kassen"

In dem Verfahren geht es um "Schwarze Kassen" in der Telekom Austria in den Jahren von 2004 bis 2009. In diesem Zeitraum zahlte die Telekom an die Valora AG von Peter Hochegger rund neun Millionen Euro, so die Staatsanwaltschaft Wien. Diesen Zahlungen lagen teilweise reale Lobbyingleistungen zugrunde, sie dienten aber auch dazu, außerhalb der Telekom eine Liquiditätsreserve (laut Anklage 5,7 Millionen Euro) zu bilden, wodurch das Telekom-Management in der Lage war, Geldbeträge an Dritte "ohne werthaltige Gegenleistung" auszuzahlen.

Angeklagt sind Rudolf Fischer, Ex-Vorstand der Telekom Austria, und Peter Hochegger, Ex-Lobbyist, wegen Untreue sowie Geschenkannahme als Machthaber. Die Strafdrohung für das Verbrechen der Untreue beträgt bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Hochegger ist zusätzlich noch wegen falscher Beweisaussage angeklagt. Weiters sind Walter Meischberger, früherer FPÖ-Politiker und Ex-Lobbyist, sowie ein früherer Public-Affairs-Manager bei der Telekom Austria und Ex-ÖVP-Organisationsreferent, wegen Geldwäscherei angeklagt. Hier liegt die Strafdrohung bei bis zu fünf Jahren Haft. Der fünfte Angeklagte ist ebenfalls ehemaliger Mitarbeiter der Telekom Austria.

Insgesamt wurde das Verfahren gegen etwa 40 Beschuldigte geführt. Die Ermittlungen gegen andere Politiker, die auch Geld von der Telekom erhielten, wurden eingestellt. Der ehemalige Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) und seine Sekretärin hingegen kamen mit einer Geldstrafe und Schadenswiedergutmachung davon - wobei die Sekretärin eine höhere Strafe als der Ex-Vizekanzler zahlen musste.

Nachdem die Anklage in der Causa im Vorjahr bekannt wurde, legte Meischberger Beschwerde ein. Sein Vorwurf: Es werde parteipolitisch motiviert gegen ihn ermittelt, denn gegen Politiker anderer Parteien sei alles eingestellt worden. In dem Schriftsatz zählt Meischbergers Anwalt etliche Geschäftsfälle aus der Anklageschrift auf, in denen die Verfahren eingestellt wurden. Beispiele: Echo-Verlag, Stadt Wien Marketing, Exparlamentarier Kurt Gartlehner (alle SPÖ). Steirischer Bauernbund, FC Sierning, Wilhelm Molterer, Reinhold Lopatka, Werner Amon (ÖVP).

Der Prozessverlauf im Überblick

1. Verhandlungstag: Rundumschlag der Verteidiger
2. Verhandlungstag: Republik will 9,8 Millionen Euro zurück
3. Verhandlungstag: Plädoyer von Grasser-Anwalt Wess
4. Verhandlungstag: Hochegger belastet Grasser massiv
5. Verhandlungstag: Grasser äußert sich zu Hocheggers Teilgeständnis
6. Verhandlungstag: Hochegger: "War Teil dieses Systems"
7. Verhandlungstag: Hochegger-"Scheinrechnungen" & "Briefkastenfirmen"
8. Verhandlungstag: "Ohne Karl-Heinz hätten wir das nicht geschafft"
9. Verhandlungstag: "Peter, wir gewinnen das"
10. Verhandlungstag: Die Freimaurer-Spur
11. Verhandlungstag: Petrikovics entlastet Grasser
12. Verhandlungstag: "Geheimagent" Hochegger
14. Verhandlungstag: Petrikovics verteidigt Geheimhaltung der Provision
15. Verhandlungstag: "Die Kärntner Wohnungen wollte keiner"
16. Verhandlungstag: Starzer: "Das ist alles erlogen"
17. Verhandlungstag: "Das darf man nicht mal im Kino"
18. Verhandlungstag: Thornton: "Ich war schlicht ein Bote"
19. Verhandlungstag: "Enttäuscht und belogen"
20. Verhandlungstag: Thornton scheidet aus Verfahren aus
21. Verhandlungstag: Zahlung an Meischberger auf Weisung
22. Verhandlungstag: Meischbergers Leistung im Fokus
23. Verhandlungstag: Kurzer Verhandlungstag zu Bestechungsverdacht
24. Verhandlungstag: 200.000 € waren "kein Schmiergeld"
25. Verhandlungstag: Die Schöffen werden immer weniger
26. Verhandlungstag: Vom "Lustsog" zur Übersiedlung ins Linzer Hochhaus
27. Verhandlungstag: Befragung um Rechnung dreht sich im Kreis
28. Verhandlungstag: Erkrankter Makler Plech rückt in den Fokus
29. Verhandlungstag: Zweitangeklagter Meischberger teilt aus
30. Verhandlungstag: Meischberger: Haider auf Grasser "eifersüchtig"
31. Verhandlungstag: Meischberger auf den Spuren der Logik
32. Verhandlungstag: Meischberger: Geld reiste rund um den Globus
34. Verhandlungstag: Meischberger rätselt über Liechtenstein-Konten
35. Verhandlungstag: Meischberger: Grasser drehte durch
36. Verhandlungstag: Meischberger beschreibt Zerwürfnis mit Grasser
37. Verhandlungstag: Lauschangriff der Justiz verärgert Meischberger
38. Verhandlungstag: "Fest den Schüssel schützen"
39. Verhandlungstag: Meischberger am 10. Tag in Folge am Wort
40. Verhandlungstag: Meischberger ungewohnt schweigsam
41. Verhandlunstag: Liebeserklärung im Gerichtsprozess

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