Liebeserklärung
im Gerichtsprozess

Nicht weniger als 40 Prozesstage hat es gedauert und nun ist es soweit: Im "Grasser-Prozess" kommt erstmals der namensgebende Hauptangeklagte und ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu Wort. Auf Resultate wird man dennoch lange warten müssen.

von
Grasser-Prozess - Liebeserklärung
im Gerichtsprozess

Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere kommt heute, am 41. Tag des Prozesses, erstmals der Hauptangeklagte Grasser zu Wort. Der frühere Spitzenpolitiker in zwei Bundesregierungen unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) ist wegen Bestechlichkeit angeklagt. Er bekannte sich zu Beginn seiner Befragung am Dienstagvormittag "nicht schuldig".

»Nicht schuldig«

Zunächst will Grasser eine zusammenhängende Stellungnahme zu den Anklagevorwürfen abgeben, wie er vergangene Woche angekündigt hatte. Dann wird er von Richterin Marion Hohenecker befragt werden, die bisher die Verhandlung diszipliniert und penibel genau führte.

Grasser spricht von "schwierigster Situation in meinem Leben"

Zu Beginn seiner Darstellung meinte Grasser: "Es ist sehr schwierig für mich als Angeklagter hier zu stehen, sicher die schwierigste Situation in meinem Leben." Das Ermittlungsverfahren sei teilweise gesetzeswidrig verlaufen, weil es öffentlich geführt worden sei. Er sei neun Jahre kriminalisiert und als Verbrecher hingestellt worden.

Der Große Schwurgerichtssaal im Wiener Straflandesgericht ist heute stärker besucht als sonst. Zahlreiche Medienvertreter sind gekommen, um Grassers Einvernahme live mitzuverfolgen. Auch versammeln sich mehr Besucher als in den vergangenen Prozesstagen auf der Galerie des Gerichtssaals.

Grasser ist wegen Geschenkannahme durch Beamte, Bestimmung zur Untreue und Beweismittelfälschung angeklagt. Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat er bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 gemeinsam mit den Mitangeklagten Walter Meischberger, Ernst Karl Plech und Peter Hochegger eine fast zehn Millionen Euro hohe Provision kassiert. Weiters ist er wegen einer 200.000-Euro-Zahlung der Errichter des Linzer Büroturms Terminal Tower angeklagt. Im Falle einer Verurteilung drohen dem heute 49-jährigen Ex-Minister bis zu zehn Jahre Haft.

Ex-Finanzminister legt es sehr langatmig an

Wie erwartet hat heute Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) im Korruptionsprozess gegen ihn und andere seine Vernehmung im Großen Schwurgerichtssaal mit einem ausschweifenden Monolog begonnen. Ausführlich ging Grasser dabei auf die Regierungsbildung von ÖVP und FPÖ im Jahr 2000 ein.

Er habe zu Beginn seiner Tätigkeit als Finanzminister sieben Tage die Woche 16 bis 18 Stunden am Tag gearbeitet, so Grasser. Die Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sei extrem unter Druck gestanden, gleich zu Beginn hätte es drei Rücktritte und eine Massendemo mit 150.000 Protestierenden gegeben.

Das alles habe er sich nur im Interesse des Staates angetan, denn bei seinem vorigen Arbeitgeber, der Magna des Austrokanadiers Frank Stronach, habe er weit mehr verdient, so Grasser zu Richterin Marion Hohenecker.

Wenig überraschend betonte Grasser, wie schon die Tage zuvor der zweitangeklagte Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, dass es eine mediale Hetzjagd gegen ihn gegeben habe. Er sei dadurch auch beruflich blockiert gewesen, da ein Blick in Google gereicht hätte um zu sehen, was hier in Österreich gegen ihn los sei.

»Die Anklage hat kein Fundament«

"Die Staatsanwaltschaft liegt falsch, die Anklage hat kein Fundament", betonte Grasser heute zu Beginn seines Monologs, der den ganzen Tag dauern könnte. Gestärkt hat er sich dafür mit einem Energy Drink und Mineralwasser.

Auffallend war die vergangenen 40 Prozesstage, dass Grasser während der Verhandlungen permanent Notizen machte und mit Textmarker Akten durcharbeitete. Regungen zeigte er bisher kaum. Wie schon alle anderen Prozesstage zuvor vermied es Grasser auch heute tunlichst auf der Anklagebank fotografiert und gefilmt zu werden. Er nimmt erst Platz, wenn die Richterin die Foto- und Videoaufnahmen untersagt.

Grasser ist jedenfalls noch immer ein Publikumsmagnet. Während das Interesse von Medien und Gerichtskiebitzen in den vergangenen Wochen deutlich nachgelassen hat, ist heute der Große Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts recht gut gefüllt.

Grasser: Es gab keinen "Tatplan"

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) hat heute entschieden bestritten, dass es den in der Anklageschrift beschriebenen "Tatplan", wonach er und andere bei Privatisierungen und Aufträgen der damaligen schwarz-blauen Bundesregierung durch Korruption mitverdienen wollten, je gegeben habe. "Ich halte diesen Tatplan für eine Erfindung der Staatsanwaltschaft", sagte Grasser.

Grasser warf auch dem - mitangeklagten - früheren Geschäftspartner und Lobbyisten Peter Hochegger Falschaussage vor. Hochegger hatte im laufenden Prozess ein Teilgeständnis abgelegt und damit Grasser belastet.

Weiters warf Grasser dem Belastungszeugen Willibald Berner Falschaussage vor. Berner hatte ausgesagt, der - nun mitangeklagte - Peter Hochegger habe ihn im Jahr 2000 von einem "Tatplan" erzählt, wonach Grasser auf der einen Seite und der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) auf der anderen Seite mit ihren Freunden und Vertrauten durch Einnahmen aus Bestechung von der Regierungstätigkeit profitieren wollten.

Berner habe gelogen, weil er ein "Roter" und außerdem einer der besten Freunde des weiteren Belastungszeugen Michael Ramprecht sei, meinte Grasser. Auch Ramprecht habe nur aus persönlichen Gründen seine belastenden Aussagen gegen Grasser gemacht, unter anderem weil Grasser seine Tätigkeit nicht verlängert habe. Berner war damals, zum Zeitpunkt des von ihm ausgesagten Gesprächs im Jahr 2000, Kabinettschef im FPÖ-geführten Infrastrukturministerium. Grasser meinte heute, dass das Infrastrukturministerium gar keine Rolle bei Privatisierungen und großen Aufträgen gespielt habe, weil alles durch das Finanzministerium, direkt oder indirekt, gesteuert worden wäre. Daher hätte es gar keinen Sinn gemacht, mit Berner über einen allfälligen "Tatplan" der Korruption überhaupt zu sprechen.

Für Grasser ist auch die Tatsache, dass Berner erst im Jahr 2009 vor der Staatsanwaltschaft von dem angeblichen Gespräch mit Hochegger im Jahr 2000 ausgesagt hatte, ein Argument dafür, dass dessen Angaben unglaubwürdig seien. Im Jahr 2009 waren erstmals die Vorwürfe wegen angeblicher Korruption Grassers bei der Privatisierung der Bundeswohnungen aufgekommen. Weiters habe Hochegger laut Berner von einer liechtensteinischen Firma mit englischem Namen gesprochen, diese angebliche Firma sei aber von der Staatsanwaltschaft nie gefunden worden, so der Ex-Finanzminister.

Berner und Ramprecht hätten auch behauptet, Grasser sei bei der Privatisierung des Dorotheums korrupt gewesen. Ein weiterer Zeuge, der frühere Soravia-Manager Martin Ohneberg, hätte Berner nach dessen Angaben gesagt, "bei uns (beim Dorotheum, Anm.) hat er (Grasser, Anm.) nur Bargeld genommen". Auch das sei gelogen, so der nunmehrige Angeklagte: Das Verfahren wegen Korruptionsverdacht bei der Dorotheums-Privatisierung sei nach sechs Jahren Ermittlungen eingestellt worden.

"Masterplan" von SPÖ und Grünen?

Der Rechnungshof hatte 2012 die Privatisierung des Dorotheums im Jahr 2001 unter Grasser scharf kritisiert. Der Verkauf des Dorotheums sei "zu einem wirtschaftlich ungünstigen Zeitpunkt" erfolgt, der Verkaufserlös des Bundes lag mit 70,57 Mio. Euro "um rund 10 bis 20 Mio. Euro unter der Verkaufspreisempfehlung seitens der Investmentbank".

Einen "Tatplan" der Korruption und Bereicherung habe es nie gegeben, sagte Grasser heute. Stattdessen frage er sich, ob es nicht einen "Masterplan" seiner politischen Gegner und anderer gegeben habe, um sich bei ihm zu revanchieren, dass er dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wesentlich zu seinem großen Wahlerfolg im Jahr 2002 geholfen habe. SPÖ und Grüne hätten verhindern wollen, dass er jemals wieder zurück in die Politik komme. Bereits 2003 hätten Berater der SPÖ gesagt, die Partei müsste Grasser unglaubwürdig machen.

Grasser hat seine Stellungnahme in einer "Gegenschrift" zur Anklage zusammengefasst, auf die er heute mehrmals verwies.

Ex-Finanzminister redet seine Rolle klein

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) hat heute im Korruptionsprozess gegen ihn und andere seine Rolle bei der Privatisierung der Buwog kleingeredet. Ein Finanzminister setze nichts um, er könne operativ praktisch gar nichts tun. Deswegen habe er ja unter anderem die US-Investmentbanker von Lehman Brothers eingesetzt, die der Republik beim Buwog-Verkauf zehn Mio. Euro gekostet haben.

Dass es bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) eine zweite Bieterrunde gegeben habe, sei nicht von ihm beeinflusst worden, sondern von der Vergabekommission, die er eingesetzt habe. Er habe keine Verhandlungen geführt.

Weiters habe er mit dem mitangeklagten Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger rund um den Verkauf keinen Kontakt gehabt, sagte Grasser und verwies auf seinen Terminkalender. Hingegen hatte Meischberger in seinem Terminkalender ein Treffen mit Grasser am 14. Juni eingetragen. Laut Grasser sei sein eigener Terminkalender genau geführt worden, daher könne der Eintrag bei Meischberger nicht stimmen.

Daher habe er auch nicht Meischberger den Tipp geben können, wie viel der letztendliche Käufer - die Immofinanz - anbieten musste. Von ihm, Grasser, habe Meischberger jedenfalls keine Infos erhalten. Des Weiteren habe es gar keine Finanzgarantie des Mitbewerbers der Immofinanz - der CA Immo - gegeben, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet wird. Die angebliche "Finanzierungsgarantie" von rund 960 Mio. Euro sei in Wahrheit das "Gesamtinvestitionsvolumen" der CA Immo in der ersten Angebotsrunde gewesen, als die CA Immo noch 922,7 Mio. Euro geboten habe.

Meischberger, Peter Hochegger und Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics haben - in diesem Punkt übereinstimmend ausgesagt, dass in der letzten Phase der Privatisierung von Meischberger über Hochegger die Information weitergegeben wurde, das Immofinanz/RLB-OÖ-Österreich-Konsortium solle mehr als 960 Mio. Euro bieten. Sie boten 961,3 Mio. Euro, knapp mehr als die CA Immo mit 960,1 Mio. Euro.

Grasser räumte aber ein, dass er insofern in den Buwog-Verkauf eingebunden war, als dass es seitens der Opposition und der Medien einen großen Informationsbedarf gab. Er habe auch das erste verbindliche Angebot für die Buwog gekannt. Die "Zielgröße" von 960 Mio. Euro sei vielleicht damals am Markt bekannt gewesen, meinte Grasser. Meischberger habe wohl gute Informationen "vom Markt" gehabt. Vielleicht sei es ja auch "ein simpler Zufall" gewesen, dass die beiden letzten Angebote, der CA Immo und des Österreich-Konsortiums, so knapp beieinander gelegen seien.

Grasser und der Harry Potter Vergleich

Wodurch weiterhin die Frage offen ist, warum dann die Immofinanz für den Tipp, wie viel sie für die Bundeswohnungen bieten muss, ein Prozent des Barpreises, also rund 9,6 Mio. Euro, an Peter Hochegger und Grassers Trauzeugen Meischberger gezahlt hat.

Etwas überraschend war der Vorwurf Grassers an die Staatsanwälte, dass diese keinerlei Erfahrungen mit Privatisierungen hätten - ihn aber gleichzeitig zum "Harry Potter der Privatisierungen" machten, so Grasser, der über zwei Stunden seinen Monolog vor Richterin Marion Hohenecker führte. Nun ist eine kurze Pause angesetzt.

Anklage zu Terminal Tower "Seifenblase"

Karl-Heinz Grasser hat heute in seiner ausführlichen Stellungnahme den Anklagepunkt der Bestechlichkeit bei der Errichtung des Terminal Tower als "Seifenblase" der Staatsanwälte zurückgewiesen. Er habe in der Frage der Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus in Wahrheit gar keine Rolle gespielt, sagte Grasser.

Er habe weder den Mietvertrag verhandelt noch ihn unterschrieben, sagte Grasser. Es sei dabei um eine von vielen Standortfragen für die Finanzverwaltung gegangen. Er habe sich nicht eingemischt. Lediglich einmal, bei einem Termin am 21. Dezember 2005, habe er davor mit dem - mittlerweile verstorbenen - ehemaligen Generalsekretär des Finanzministeriums, Peter Quantschnigg, gesprochen, weil es Proteste der Belegschaft gegeben habe.

Damals seien die Mitarbeiter und die Personalvertretungen der Finanz gegen eine Übersiedlung in das Bürohaus gewesen. Daher habe er in der Sitzung kurz vor Weihnachten "ungehalten und verärgert" reagiert, dass so über die Mitarbeiter drübergefahren werden sollte, und habe auf weitere Verhandlungen gedrängt, um die Mitarbeiter einzubeziehen. "Das hat sich aus meiner Sicht ausgezahlt", so Grasser. Die Kosten für die Finanz seien gesenkt worden, die Mitarbeiter seien zufrieden gewesen.

Laut Anklage flossen von den Errichtern des Terminal Towers 200.000 Euro Schmiergeld über Peter Hochegger an Walter Meischberger als Gegenleistung für Grassers Zustimmung zur Einmietung der Finanzbehörden. Das Geld ging über Zypern auf Umwegen auf drei Konten in Liechtenstein, so wie die Buwog-Millionenprovision.

Grasser: Bareinzahlungen, weil Fiona mir Geld gab

Grasser hat heute eine überraschende und ungewöhnliche Erklärung für zahlreiche Bareinzahlungen auf seinem Konto geliefert. Er habe von seiner Frau, der Swarovski-Millionenerbin Fiona, immer wieder Bargeld bekommen, wenn er etwas für sie ausgelegt habe.

So habe er etwa die Hochzeitskosten selber ausgelegt, das Geld aber dann von seiner Ehefrau in bar zurückbekommen. Auch komme es immer wieder vor, dass Fionas Kreditkarte nicht funktioniere, dann habe er in Geschäften für sie bezahlt. Sie würde ihm dann später seine Ausgaben immer in bar zurückerstatten. Dieses Bargeld habe er dann auf sein Konto eingezahlt. Laut Grasser gibt es vor seiner Ehe nie Bareinzahlungen auf eines seiner Konten, das habe erst mit der Ehe angefangen.

Grasser ist in zweiter Ehe mit der Swarovski-Kristallerbin Fiona Pacifico Griffini-Grasser verheiratet. Die Ehe wurde im Oktober 2005 geschlossen.

Die Staatsanwaltschaft hingegen hat in der Anklage ausgeführt, dass zwischen den Bareinzahlungen auf Grassers Konto und Barabhebungen vom Liechtenstein-Konto 400.815 ein Zusammenhang bestehe. Das wird als Beweis dafür angeführt, dass das Konto 400.815, auf das ein Teil der Millionenprovision aus der Buwog-Privatisierung geflossen sei, in Wahrheit Grasser gehört habe und nicht Walter Meischberger, wie dieser angibt.

Weiters erklärte Grasser, die 500.000 Euro, die er in einen Genussschein der Kärntner Hypo-Bank investiert habe, seien wirklich das Geld seiner Schwiegermutter gewesen. Laut Anklage handelt es sich auch hier eigentlich um Geld von Grasser. Der Investor Tilo Berlin hatte in einem Mail an Meischberger geschrieben, das aber an Grasser adressiert war, dass es eine gute Investitionsmöglichkeit sei und wie er einen Genussschein kaufen könne. Vorher habe ihn Berlin angerufen und von dem Investment erzählt, schilderte Grasser. Da er damals, zu Jahresende 2006, noch Finanzminister war, aber wusste dass er im Jänner 2007 aus dem Amt scheiden werde, und nicht gewollt habe, dass ein derartiges Mail mit seinen privaten Investitionen oder den Investitionen seiner Familie über den Server des Finanzministers lief, habe er Berlin gebeten es an Meischberger zu schicken. "Ich hatte damals kein privates Mail, weil mir die Zeit gefehlt hatte, Mails zu verfolgen", sagte Grasser.

Er habe das Hypo-Investment dann über das Konto der Ferint umgesetzt. Details dazu will er nach der Mittagspause schildern.

Ex-Minister erklärt das "Schwiegermuttergeld"

In seiner nun bereits mehrstündigen Eingangserklärung hat heute Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser versucht zu erläutern, wie es zum sogenannten "Schwiegermuttergeld" gekommen ist. Dabei geht es um 500.000 Euro, die Grasser von seiner Schwiegermutter geschenkt bekommen haben will - wovon allerdings die Schwiegermutter laut einer Erklärung nichts wusste.

Konkret habe die Schwiegermutter das Geld ihm und seiner Frau Fiona aus persönlichen Gründen geschenkt. Er habe aber gleich gewusst, dass er das Geschenk nicht annehme. Physisch hatte Grasser das Geld, das ihm die Schwiegermutter in der Schweiz geschenkt haben soll, jedoch angenommen und über die Grenze nach Österreich gebracht. Das sei nicht illegal gewesen, betonte er heute. Er habe sich vorher beim damaligen Generalsekretär des Finanzministeriums, dem mittlerweile verstorbenen Peter Quantschnigg, erkundigt, der ihm versichert habe, dass der Geldtransport über die Grenze legal sei. Damals war Grasser noch Finanzminister.

Schwiegermutter von Steuerprüfung überfordert

Grasser erklärte das Verhalten seiner Schwiegermutter heute am 41. Verhandlungstag im Wiener Straflandesgericht damit, dass die damals etwa 70 Jahre alte Schwiegermutter nach einer Hausdurchsuchung und einer Steuerprüfung überfordert gewesen sei. Daher habe sie eine notarielle Erklärung abgegeben, dass sie nie die wirtschaftlich Berechtigte des Geldes auf dem Konto - wo Grasser das Geld veranlagt hatte - gewesen sei.

Er verstehe seine Schwiegermutter, sie habe damals nicht mal mit ihm geredet, schilderte Grasser heute. Richtig sei, dass die Schwiegermutter ihm und seiner Frau 500.000 Euro schenken wollte, was er nicht annehmen wollte. Daher hatte er die 500.000 Euro bei der Meinl-Bank veranlagt - außerhalb der Banköffnungszeiten. Der Schwiegermutter habe er von der Veranlagung nichts erzählt, weil es sie, aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse, gar nicht interessiert habe.

Zuvor sagte Grasser, der als Beschuldigter nicht unter Wahrheitspflicht aussagen muss, dass er bei seinen Einvernahmen durch die Ermittlungsbehörden nicht alles zu den 500.000 Euro offengelegt hat. Dies habe zum Teil damit zu tun gehabt, dass es sich um den höchstpersönlichen Lebensbereich gehandelt habe.

Im Zuge der Finanzkrise habe er dann das Geld von der Meinl Bank auf eine sichere Bank transportieren wollen. Der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki habe für ihn die St. Gallener Kantonalbank ausgesucht. Dort habe er das Geld, das er inzwischen von 500.000 auf über 700.000 Euro vermehrt habe, für seine Kinder veranlagen wollen.

Grasser beteuerte auch, dass die Unterschriften auf dem Treuhandvertrag und am Zusatzvertrag zum Treuhandvertrag beides seine Unterschriften seien.

Grasser: Fiona aus Liebe geheiratet

Grasser, der heute teilweise sehr emotional reagierte, betonte, dass er seine sehr vermögende Frau Fiona aus Liebe zu ihr und nicht aus Liebe zum Geld geheiratet hat. Daher habe er auch von Anfang an Wert auf eine Gütertrennung gelegt. Dass in seinem Ehevertrag eine Klausel stehen würde, wonach er jährlich eine Million Euro für den Lebensunterhalt beizusteuern habe, wie Medien berichteten, sei schlicht falsch.

Grassers Frau Fiona hatte eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, dass das Geld von ihrer Mutter stamme und in ihrem Beisein in der Schweiz an Grasser übergeben worden sei. Bewegungsprofile, die die Staatsanwaltschaft erstellt hat, und wonach laut Anklage unmöglich ist, dass er das Geld von seiner Schwiegermutter im Beisein seiner Frau im von ihm angegebenen Zeitraum in der Schweiz erhalten habe, seien ebenfalls falsch, betonte heute Grasser. Wie überhaupt die Staatsanwaltschaft schlampig ermittelt habe, weil sie ihn unbedingt habe anklagen wollen.

Grasser reitet scharfe Attacken gegen Hochegger

Mit scharfen Attacken gegen den mitangeklagten Ex-Lobbyisten Peter Hochegger hat Karl-Heinz Grasser versucht, die Glaubwürdigkeit Hocheggers zu erschüttern. Hochegger hatte ja zu Beginn des Prozesses ein Teilgeständnis abgelegt und darin Grasser massiv belastet.

»Eine Schlange, die sich häutet, bleibt eine Schlange«

Grasser beschuldigte heute in seinem Monolog Hochegger, er sei nach wie vor ein geschickter PR-Profi, und seinen Wandel vom Lobbyisten und PR-Unternehmer zum spirituellen Yoga-Praktizierenden nehme er ihm nicht ab. "Eine Schlange, die sich häutet, bleibt eine Schlange."

Er erkläre sich das Verhalten Hocheggers ihm gegenüber damit, dass er vor zehn Jahren in einem massiven Streit mit Hochegger gewesen sei. Hochegger habe nämlich seine, Grassers "Gegner" bei der Meinl International Power (MIP) vertreten, wo Grasser selber Manager war. Als er das erfahren habe, dass sein damaliger Geschäftspartner Hochegger seine Gegner vertrete, sei er wütend geworden und habe mit ihm gebrochen. Seitdem habe er Hochegger weder getroffen noch mit ihm gesprochen.

Grasser versuchte, Hocheggers belastende Aussage im Prozess zu zerpflücken. Hochegger hatte gesagt, er habe von seinem Liechtenstein-Bankberater erfahren, dass Grasser auch von der Bundeswohnungs-Provision profitiert habe. Die drei Konten in Liechtenstein würden demnach Walter Meischberger, Ernst Karl Plech und Grasser gehören. Der Hauptangeklagte Grasser meinte heute, das müsse eine Lüge sein, da zum von Hochegger genannten Zeitpunkt erst eine der drei Kontonummern festgestanden sei.

Der Hauptangeklagte monierte auch, dass Hochegger jahrelang bei den Ermittlungen nichts von seinem angeblichen Wissen über Grassers Korruption bei der Privatisierung der Bundeswohnungen preisgegeben habe. Entweder habe Hochegger damals gelogen, oder er lüge jetzt. Grasser sprach in diesem Zusammenhang davon, dass sich Hochegger für den "brasilianischen Weg" entschieden habe - sprich, er wolle alles unternehmen, damit er statt ins Gefängnis zurück in sein Haus nach Brasilien kann.

Für Grasser gemeinsame Anwaltstermine unverdächtig

Karl-Heinz Grasser hat heute zum Schluss seines eintägigen Monologs seine gemeinsamen Treffen beim Anwalt mit den Beschuldigten Walter Meischberger und Ernst Karl Plech verteidigt. Er habe sich damals informieren müssen, sagte er.

Aus Sicht der Anklage hingegen dienten diese gemeinsamen Treffen beim Anwalt der Verschleierung der Korruptionsgeschäfte und der Geldflüsse. Im Herbst 2009, als die Korruptionsvorwürfe öffentlich aufgekommen waren, hatte Grasser mehrmals an einer "Großen Runde" beim - nun mitangeklagten - Anwalt Gerald Toifl teilgenommen. Später hatte Grasser dann getrennte Termine beim Anwalt. Grasser ist unter anderem auch wegen Fälschung von Beweismitteln angeklagt.

"Fuchtsteufelswild" auf Meischberger

Als er damals, im Herbst 2009, überhaupt von dem Provisionsgeschäft Meischbergers und Hocheggers mit dem Österreich-Konsortium bei der Buwog-Privatisierung erfahren habe, sei er zunächst "fuchtsteufelswild" auf Meischberger gewesen. Dieser sei nämlich in seiner Zeit als Finanzminister sein politisch-strategischer Berater gewesen und auch ein guter Freund. Die Basis der Freundschaft habe aber auch diese Krise überstanden. "Das war für mich eine Charakterfrage", meinte Grasser. "Ein Freund bleibt ein Freund, auch wenn dieser einen Fehler macht".

»Ein Freund bleibt ein Freund, auch wenn dieser einen Fehler macht«

Meischberger habe sich in mehreren Aussprachen bei ihm entschuldigt, dass er ihn da hineingezogen habe. Meischberger habe aber auch gesagt, "Was willst du, Karl-Heinz, ich habe ja nur einen privaten Auftrag angenommen, ich kann ja kein Berufsverbot haben".

"Freunderlwirtschaft" immer verabscheut

Grasser erklärte dann, er habe "Freunderlwirtschaft" immer verabscheut und nie praktiziert. In den sieben Jahren seiner Tätigkeit als Finanzminister habe nie ein Freund von ihm einen Auftrag bekommen. Meischberger sei sein Berater gewesen, aber habe kein Geld dafür erhalten. Der mit ihm befreundete Makler Ernst Karl Plech, nun Mitangeklagter, den Grasser in mehrere Aufsichtsräte berufen hatte, habe seine Honorare gespendet.

Seine abgehörten Telefonate mit Meischberger und Plech sieht Grasser als Entlastungs- und nicht als Belastungsbeweis. Er habe damals nicht gewusst, dass er abgehört werde. Grasser zitierte sich selber aus einigen Telefonaten, er habe etwa davon gesprochen, bei der Buwog-Privatisierung eine "Super-Arbeit" geleistet zu haben. Er habe nichts zu verbergen. Würde man alle aufgenommenen 3.750 Telefonate vor Gericht abspielen, bliebe von der Anklage nichts mehr übrig.

»Mir fehlt jedes Motiv für so ein Verbrechen, das mir vorgeworfen wird«

Im Schlusswort seiner Stellungnahme, die er um 9.30 Uhr begonnen hatte, erklärte Grasser erneut, er habe nie Geld genommen und nie Amtsmissbrauch begangen. Er hätte auch kein Motiv gehabt, sich sein Leben so zu ruinieren, da er "relativ viel" verdient habe. "Mir fehlt jedes Motiv für so ein Verbrechen, das mir vorgeworfen wird."

Lange Pause erst wieder ab August

Diese Woche finden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag die Verhandlungen im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts statt. Im Juli sind dann noch drei Verhandlungstage angesetzt (17., 18. und 19. Juli) und auch am 1. August wird verhandelt. Dann folgt eine längere Prozesspause, bis es am 18. September wieder weitergeht.

Grasser hat den Prozess bisher zwar so wie alle anderen Angeklagten im Gerichtssaal verfolgt, wirkte aber teilweise geistig abwesend: Tagelang ging er Akten durch und markierte dabei Passagen in seinen Unterlagen. Zu Beginn jeder Verhandlung stellt er sich neben, nicht - wie die anderen Beschuldigten - hinter die zur "Anklagebank" umfunktionierten Tische. Die Prozesspausen verbringt er mit seinen beiden Anwälten, Manfred Ainedter und Norbert Wess, und plaudert manchmal mit seinem Trauzeugen Meischberger. Gegenüber Medienvertretern setzt der ehemals medienaffine Politiker bisher auf Zurückhaltung.

Teilgeständnis von Hochegger

Bisher wurden zehn Angeklagte einvernommen: Der Lobbyist Peter Hochegger kam als erster der Beschuldigten bereits ab dem 20. Dezember 2017, dem sechsten Verhandlungstag, zu Wort. Er legte ein Teilgeständnis ab und belastete darin Grasser und Meischberger. Ab 24. Jänner saß dann der frühere Immofinanz-Chef Karl Petrikovics auf dem "heißen Stuhl" und wurde befragt. Er belastete den mitangeklagten Ex-Raiffeisenbanker Georg Starzer. Starzer wurde ab dem 13. Februar befragt, er wies alle Vorwürfe zurück und betonte, er habe keine Vereinbarung mit Hochegger über die Millionenprovision getroffen.

Ab 21. Februar kam dann der frühere Immofinanz-Manager Christian Thornton mit der Befragung dran. Er hatte die Millionenprovision an Hochegger ausbezahlt, sieht sich aber nur als Bote und "Rechenknecht" im Auftrag von Petrikovics.

Am 28. Februar, dem 21. Prozesstag, begann die Aufarbeitung der "Linzer Causa" um eine 200.000 Euro-Zahlung im Zuge der Errichtung des Bürohauses "Terminal Tower" - laut Anklage ebenfalls Schmiergeld für Grasser. Im Zuge dessen wurden fünf Beschuldigte - deren Namen die APA aus Persönlichkeitsschutzgründen nicht nennt - einvernommen, nämlich frühere Manager des Baukonzerns Porr, von Raiffeisen Leasing und der RLB-OÖ-Tochter Real Treuhand.

Verhandlungsunfähige Angeklagte

Am 12. April, dem 29. Verhandlungstag, begann die Befragung von Walter Meischberger, ehemals Geschäftspartner von Hochegger, Ex-FPÖ-Politiker und Trauzeuge von Grasser. Da Meischberger den gesamten ersten Tag zu einer eigenen zusammenhängenden Stellungnahme zu den Anklagevorwürfen nutzte, konnte Richterin Hohenecker erst am 24. April, dem 30. Verhandlungstag, mit der eigentlichen Befragung beginnen.

Noch nicht befragt wurden der frühere Anwalt von Meischberger, Gerald Toifl, der frühere Vermögensberater von Grasser, Norbert Wicki und der Immobilienmakler und ehemalige Buwog-Aufsichtsratspräsident Ernst Karl Plech. Plech war zwar zu Beginn des Prozesses anwesend, ist aber nun seit Monaten nicht mehr zu den Verhandlungen gekommen. Er ist aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig.

Von Beginn des Prozesses an verhandlungsunfähig aus gesundheitlichen Gründen und daher nicht anwesend ist der mitangeklagte ehemalige Raiffeisenlandesbank-Oberösterreich-Generaldirektor Ludwig Scharinger.

Der Prozessverlauf im Überblick

1. Verhandlungstag: Rundumschlag der Verteidiger
2. Verhandlungstag: Republik will 9,8 Millionen Euro zurück
3. Verhandlungstag: Plädoyer von Grasser-Anwalt Wess
4. Verhandlungstag: Hochegger belastet Grasser massiv
5. Verhandlungstag: Grasser äußert sich zu Hocheggers Teilgeständnis
6. Verhandlungstag: Hochegger: "War Teil dieses Systems"
7. Verhandlungstag: Hochegger-"Scheinrechnungen" & "Briefkastenfirmen"
8. Verhandlungstag: "Ohne Karl-Heinz hätten wir das nicht geschafft"
9. Verhandlungstag: "Peter, wir gewinnen das"
10. Verhandlungstag: Die Freimaurer-Spur
11. Verhandlungstag: Petrikovics entlastet Grasser
12. Verhandlungstag: "Geheimagent" Hochegger
14. Verhandlungstag: Petrikovics verteidigt Geheimhaltung der Provision
15. Verhandlungstag: "Die Kärntner Wohnungen wollte keiner"
16. Verhandlungstag: Starzer: "Das ist alles erlogen"
17. Verhandlungstag: "Das darf man nicht mal im Kino"
18. Verhandlungstag: Thornton: "Ich war schlicht ein Bote"
19. Verhandlungstag: "Enttäuscht und belogen"
20. Verhandlungstag: Thornton scheidet aus Verfahren aus
21. Verhandlungstag: Zahlung an Meischberger auf Weisung
22. Verhandlungstag: Meischbergers Leistung im Fokus
23. Verhandlungstag: Kurzer Verhandlungstag zu Bestechungsverdacht
24. Verhandlungstag: 200.000 € waren "kein Schmiergeld"
25. Verhandlungstag: Die Schöffen werden immer weniger
26. Verhandlungstag: Vom "Lustsog" zur Übersiedlung ins Linzer Hochhaus
27. Verhandlungstag: Befragung um Rechnung dreht sich im Kreis
28. Verhandlungstag: Erkrankter Makler Plech rückt in den Fokus
29. Verhandlungstag: Zweitangeklagter Meischberger teilt aus
30. Verhandlungstag: Meischberger: Haider auf Grasser "eifersüchtig"
31. Verhandlungstag: Meischberger auf den Spuren der Logik
32. Verhandlungstag: Meischberger: Geld reiste rund um den Globus
34. Verhandlungstag: Meischberger rätselt über Liechtenstein-Konten
35. Verhandlungstag: Meischberger: Grasser drehte durch
36. Verhandlungstag: Meischberger beschreibt Zerwürfnis mit Grasser
37. Verhandlungstag: Lauschangriff der Justiz verärgert Meischberger
38. Verhandlungstag: "Fest den Schüssel schützen"
39. Verhandlungstag: Meischberger am 10. Tag in Folge am Wort
40. Verhandlungstag: Meischberger ungewohnt schweigsam

Kommentare