Grasser-Dossier sorgt für Aufregung: Nun schaltet sich auch Staatsanwaltschaft ein!

SPÖ-Kalina brachte Sachverhaltsdarstellung ein Verfassungsexperte Mayer: "Am Rande der Legalität"

Jenes Dossier, welches Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser von Finanzmarktaufsicht und Notenbank im Zusammenhang mit der BAWAG-Affäre hat erstellen lassen, beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft. Verfassungsexperten sprachen von einem zumindest problematischen Prüfauftrag, und sehen nun Gerichte und Strafrechtler gefordert, ein allfälliges strafbares Verhalten zu prüfen. Dies wird auch passieren, die SPÖ brachte ihre angekündigte Sachverhaltsdarstellung ein. Darin wird der Verdacht auf Amtsmissbrauch, Anstiftung zum Amtsmissbrauch sowie auf Verletzung des Bankgeheimnisses erhoben - ohne freilich Namen zu nennen.

Es könnten "Grenzen überschritten" worden sein, meinte der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk zu jenem Fragenkatalog, der an FMA und Nationalbank versendet worden war und auch "Ziele" vorgegeben hatte. Manches spreche dafür, "dass hier eigentlich parteipolitische Funktionen hineingemischt" worden seien. Ähnlich sieht das Funks Kollege Heinz Mayer: Grasser habe mit dem Prüfauftrag versucht, staatliche Institutionen - nämlich FMA und Nationalbank - für rein parteipolitische Ziele zu missbrauchen.

"Am Rande der Legalität"
Ob es strafrechtliche Schritte geben könnte, wollte Funk nicht konstatieren. Dem früheren Finanzminister sei offenbar "nicht immer das Fingerspitzengefühl für Recht und Unrecht" zueigen gewesen, meinte er. Auch Mayer sieht nun Strafrechtler gefordert. Das Vorgehen Grassers sei zumindest "am Rande der Legalität" gewesen.

SPÖ bringt Sachverhaltsdarstellung ein
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina schritt jedenfalls zur Tat und präsentierte die angekündigte Sachverhaltsdarstellung, die nun bei der Wiener Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist. Dass darin keine Person direkt beschuldigt wird, begründete Kalina damit, dass man niemanden persönlich anschütten wolle. Es gehe lediglich darum, dass die SPÖ als Geschädigte der Affäre ihre Interessen wahrnehme.

An wen sich die Vorwürfe richten, ist allerdings leicht zu erkennen. Kalina sprach von einem "Netzwerk", das von der letzten Regierung aufgezogen worden sei. So seien zunächst Mitarbeiter von Grassers und Alt-Kanzler Wolfgang Schüssel (V) in die FMA bzw. in die Notenbank entsandt worden. Und dann seien "klare Weisungen" an unabhängige Behörden erfolgt - eben jene Zielvorgaben des Grasser-Büros, mit denen die Regierung als Retterin der BAWAG bzw. die SPÖ quasi als Sündenbock für die Affäre dargestellt werden sollte.

Kalina bemängelte darüber hinaus, dass die FMA bei der Großkreditevidenz umfangreiche Erkundigungen über Kredite der BAWAG an die SPÖ unternommen habe. Wenig später seien dann Berichte über Geldflüsse in einer Zeitung erschienen. Alles in allem besteht für Kalina damit der Verdacht auf eine strafbare Handlung.

VP-Stummvoll: "Diskussion unnötig"
Das SP-Regierungsteam übte sich indes in Zurückhaltung. Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter (S) wollte sich nicht dazu äußern, ob es sich hier um einen Skandal handle. Parteichef Alfred Gusenbauer meinte, für die Vergangenheit seien andere zuständig, er "für die Zukunft." Wie sich die Sachverhaltsdarstellung auf das Koalitionsklima auswirken werde, wollte der Kanzler nicht einschätzen. Von ÖVP-Seite äußerte sich Finanzsprecher Günther Stummvoll: Er hält eine Diskussion über die FMA und die Nationalbank für "absolut unnötig".

Grasser erneut vor U-Ausschuss?
Grasser soll nun jedenfalls wieder vor dem Banken-Untersuchungsausschuss erscheinen. Das erklärte dessen Vorsitzende, Martin Graf (F). Er wollte ein Vorliegen von Amtsmissbrauch nicht ausschließen. Auch die FMA-Vorstände Kurt Pribil und Heinrich Traumüller müssten sich noch einmal den Fragen der Abgeordneten stellen, ebenso wie OeNB-Direktor Christl.

Wenig Grund für Aufregung sieht indes OeNB-Direktor Josef Christl: Die Nationalbank sei laut Gesetz verpflichtet, dem Finanzminister auf Verlangen "Auskunft auf dem Gebiet des Bankwesens zu geben." Die zur Verfügung gestellten Informationen seien damals der Öffentlichkeit bereits bekannt gewesen, so Christl in einer Aussendung.

(apa/red)