Zankapfel Glyphosat

Unkrautvernichter sorgt in der EU für Kontroversen: Wichtige Fragen und Antworten

von Herbizide - Zankapfel Glyphosat © Bild: Getty/iStock

Was ist Glyphosat?

Glyphosat ist das in Europa am weitesten verbreitete Herbizid in Europa. Der Unkrautvernichter ist in Pflanzenschutzmitteln enthalten und hemmt das Enzym, das Pflanzen für die Biosynthese der Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan brauchen.

Wozu braucht man Glyphosat?

Glyphosat gibt seit den 1970er Jahren als Unkrautvernichter. Die Verwendung in Europa erstreckt sich von Parkanlagen über Bahngleise und Privatgärten bis hin zur Landwirtschaft.

Und besonders das bevorzugte Einsatzgebiet der Landwirtschaft sorgt für Kontroversen, da das Herbizid dadurch Einfluss auf unsere Nahrungsmittelkette nehmen soll. In Europa wird Glyphosat vor allem beim Anbau von Getreide, Raps und Weintrauben verwendet.

Warum ist Glyphosat umstritten?

Obwohl Glyphosat bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz kommt, hat man sich erst in den vergangenen Jahren mit den Auswirkungen der Verwendung auseinandergesetzt. Seit 2012 verdichteten sich die Hinweise auf die Gefährlichkeit von Glyphosat. Zunächst wurde in Studien befürchtet, dass das Unkrautvernichtungsmittel nachhaltig Bodenorganismen schädige.

Im März 2015 stufte die die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) das Mittel dann als "wahrscheinlich krebserregend" für den Menschen ein. Die Hersteller verwiesen zwar darauf, dass es keine realen Risiken für den Konsumenten gebe, die Studie sollte ungeachtet dessen bei der Neuzulassung berücksichtigt werden.

Nach einer brandaktuellen UN-Studie soll Glyphosat nun "vermutlich" doch nicht krebserregend sein. Es sei unwahrscheinlich, dass Glyphosat bei der Nahrungsaufnahme für Menschen ein Krebsrisiko darstelle oder Erbgut-Veränderungen auslöse, stellten Experten der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fest.

Weshalb gibt es kein klares Urteil?

Umweltschützer kritisierten die jüngste Studie der UN. Der zuständige "Sachverständigenausschuss für Pestizidrückstände" (JMPR) sei seit Jahrzehnten für Intransparenz und Interessenskonflikte bekannt, heißt es in einer Aussendung von Global 2000. Die NGO rät dazu, die Entscheidung nicht zu berücksichtigen.

Auch Greenpeace verweist auf Interessenskonflikte. In einer Presseaussendung heißt es: "Darüber hinaus ist die Unabhängigkeit von mindestens zwei Experten des Gremiums aufgrund ihrer Nähe zum International Life Sciences Institute (ILSI) fraglich. In Europa erhält das ILSI einen Großteil seines Budgets von Unternehmen, darunter die Glyphosathersteller Monsanto und Dow."

Vor allem Grüne und Umweltschutzorganisationen protestieren gegen die Wiederzulassung der Chemikalie. Bauernverbände drängen dagegen auf eine weitere Freigabe des massenhaft versprühten Mittels. Der US-Agrarkonzern Monsanto vertreibt Glyphosat unter dem Markennamen Roundup und hat damit im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,8 Milliarden Dollar (4,21 Mrd. Euro) erzielt.

Generell liegt dem Glyphosat-Streit ein altbekanntes Problem zugrunde. Während Kritiker des Produkts behaupten, dass Studien und Bewertungen nicht frei ohne Hintergrund industrieller Interessen durchgeführt werden, werfen die Produzenten den Gegnern vor, unbegründete Panikmache zu betreiben. Mit Studien, die wiederum deren Interessen in die Karten spielen.

Worüber entscheidet die EU?

Das EU-Parlament hat sich im April 2016 für eine kürzere Zulassungsdauer des Herbizids ausgesprochen. Statt der vorgesehenen 15 Jahre sollte das Unkrautvernichtungsmittel nur noch sieben Jahre genehmigt werden. Diese parlamentarische Empfehlung ist aber nicht bindend.

Die EU-Kommission will Glyphosat um weitere 10 Jahre verlängern. Eine Neuzulassung wäre dann erfolgreich, wenn eine Mehrheit von mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten und gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen. Andernfalls müsste die Kommission einen neuen Vorschlag machen.

Welchen Standpunkt hat Österreich?

Österreich wird als eines der Mitgliedsländer ohne die Erfüllung einiger Auflagen zum Schutz der Umwelt nicht zustimmen. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) definierte diese 2016 unter der Berücksichtigung der Zielsetzungen des integrierten Pflanzenschutzes nach dem Motto "So viel wie notwendig, so wenig wie möglich".

Konkret bedeutet das keine Anwendung im Heim und Kleingartenbereich, ein Untersagen der Vor-Erntebehandlung des reifen Getreides und der Sikkation. Auch soll bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat auf nationaler Ebene den indirekten Auswirkungen auf die Artenvielfalt Aufmerksamkeit geschenkt werden.

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