Beginnt glückliches Leben
ab 66.000 Euro pro Jahr?

Nein, sagt Glücksforscher Manfred Rauchensteiner und erklärt worauf es wirklich ankommt

Geld regiert die Welt. Aber macht es auch glücklich? Unzählige wissenschaftliche Studien haben versucht, diese Frage zu beantworten. Dass Geld einen Beitrag zum empfundenen Glück leistet ist logisch. Aber wie viel braucht es wirklich, um zufrieden zu sein?

von Glücksforschung - Beginnt glückliches Leben
ab 66.000 Euro pro Jahr? © Bild: istock images

Wer träumt nicht davon finanziell unabhängig zu sein, um dann ein sorgenfreies Leben führen zu können. Doch Glück wird von vielen Faktoren beeinflusst. Und allzu oft hängt unser Wohlbefinden von anderen ab. Ein Erklärungsversuch.

Macht Geld glücklich? Das sagt die Wissenschaft

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman und der Ökonom Angus Deaton von der Princeton University haben schon vor zehn Jahren herausgefunden: Bei einem Jahreseinkommen von 80.000 US-Dollar (nach einer simplen Umrechnung für Österreich also aktuell rund 66.000 Euro) erreicht unser Lebensglück ein Maximum. Danach erweitert mehr Geld vielleicht finanzielle Spielräume – glücklicher aber macht es nicht.

Warum das so ist? Bei höheren Jahreseinkommen wird schlicht ein Grenzwert erreicht (in der Studie wird von „Grenznutzen“ gesprochen). Dann könne kein Zusammenhang mehr zwischen höherem Einkommen und höherer Zufriedenheit gemessen werden. Lange Zeit galten diese Erkenntnisse als Meilenstein in der Glücksforschung. Übrigens: Hierzulande besteht noch Luft nach oben: Das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen liegt in Österreich laut Statistik Austria in einer Vollzeitbeschäftigung bei 45.900 € (Männer) und 39.320 € (Frauen).

Macht sehr viel Geld noch glücklicher?

Nun sorgt eine neue Erhebung für Aufsehen. Sie würde jüngst im Fachjournal "PNAS" veröffentlicht und widerspricht dem bisherigen Wissensstand. Der Psychologe Matthew Killingsworth von der University of Pennsylvania hat in der Studie von 2020 nicht nur die allgemeine Lebenszufriedenheit, sondern auch das tägliche emotionale Wohlempfinden abgefragt. Und beides stieg mit wachsendem Haushaltseinkommen und das weit über eine Summe der ursprünglichen 80.000 US-Dollar hinausging. Im Klartext würde das heißen: Sehr viel Geld macht doch glücklicher.

Ein extremer Vergleich schafft Klarheit

Was stimmt nun wirklich? Natürlich kann man beide Aussagen so nicht stehen lassen. Zum einen kann man die US-Studie nicht 1:1 auf andere Länder ummünzen (unterschiedliches Sozialsystem, Steuern...) und zum anderen wird Glück auch über Gesundheit und Familie definiert. Dass Geld nicht zwangsläufig die Laune hebt, konnte der schwedische Wissenschaftler Philip Brinckman nachweisen: Dazu wählte er einen besonders dramatischen Vergleich zwischen Lotteriegewinnern und Menschen, die durch einen Unfall schwerbehindert wurden. Ergebnis: Die Millionäre waren keinesfalls glücklicher als alle anderen, die körperlich Beeinträchtigten wiederum waren noch nicht einmal unglücklicher als die Menschen der Kontrollgruppe.

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Kann man Glück messen?

"Studien im Zusammenhang zwischen Geld und Glück sind nur statistische Erhebungen“, warnt auch Glücksforscher und Buchautor Manfred Rauchensteiner. Seiner Meinung nach wirke sich das Einkommen auf das Glücklichsein nur minimal aus. "Grundsätzlich muss nur das Überleben gesichert sein. Wichtig ist, dass man Nahrung und eine beheizte Wohnung zur Verfügung hat“, sagt er.

»Geld ist kein Garant fürs Glücklichsein«

Dass lediglich die Grundbedürfnisse gedeckt sein müssen klingt zunächst irritierend. Doch er erklärt weiter: "Geld ist eine Energie, mit der ich viele Möglichkeiten habe, Dinge zu tun." Und diese Vorstellung in schöne Länder verreisen zu können oder sich luxuriöse Dinge zu kaufen, fühle sich natürlich gut auch. Aber nur weil man mehr Geld zur Verfügung habe und mehr Geld verbraucht sei man nicht automatisch glücklicher.

Was ist Glück überhaupt?

Die Verbindung zwischen Geld und Glück sei generell schwer zu beschreiben, denn Glück wird von vielen Faktoren beeinflusst. So zählen neben den Finanzen auch Freundschaft, Gesundheit oder Beruf dazu. Manfred Rauchensteiner behauptet, dass reiche Menschen sich keinesfalls häufiger den angenehmen Dingen des Lebens widmen als Ärmere.

»Wichtig zu verstehen ist, dass Glücklichsein immer ein momentanes Empfinden ist«

Nach einer kurzen Phase des Eingewöhnens finden Arme wie Reiche in ihre alten Rollenmuster zurück: Der Zufriedene bleibt zufrieden, der Jammerer jammert. Eigentlich eine gute Nachricht, denn jeder – ganz unabhängig vom Einkommen und Besitz – habe die gleiche Chance glücklich zu werden.

Wie werde ich glücklich?

Der Weg dahin ist natürlich ein langer. „Wichtig zu verstehen ist, dass Glücklichsein immer ein momentanes Empfinden ist“, sagt Glücksforscher und Emotionstrainer Manfred Rauchensteiner. Der Mensch neige dazu, ständig zu beurteilen. Vieles will man schlicht anders haben. Vom Wetter, über Personen bis hin zu den eigenen Lebensumständen.

Der Schlüssel laut Rauchensteiner sei der Übergang von der Beurteilung zur Akzeptanz. „Immer wenn ich etwas akzeptiere, bin ich auf der sicheren Seite, dann geht es mir gut. Wer alles anders haben will, dem wird es zwangsläufig körperlich schlecht gehen und unglücklich sein“, fasst der Experte zusammen.

So können Sie lernen glücklich zu werden

Der gängige Kalenderspruch "Jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich" stimmt demnach also. Aber wie kann man aus alten Rollenmustern ausbrechen? Die Hoffnung auf Verbesserung könne im ersten Schritt helfen, die Dinge positiver zu sehen. „Verzweiflung hilft nie, das macht alles nur schlechter“, betont Rauchensteiner. Lieber solle man sich schon jetzt auf den nächsten Urlaub freuen, egal ob dieser tatsächlich stattfinden kann oder nicht.

Das übergeordnete Glücksziel

Eine schwere Übung in Hinblick auf die unsteten Corona-Zeiten, in denen (gefühlt) jeder Österreicher schon einmal eine Reise stornieren musste. Er wirft die Frage auf: „Wollen Sie lieber ständig verurteilen oder jetzt ein gutes Gefühl im Körper haben?“ Jeder habe es selbst in der Hand, seine eigne Vorstellung von der Zukunft positiv oder negativ zu gestalten. Dass übergeordnete Ziel sei nämlich bei allen das Gleiche: Wir wollen, dass es uns gut geht.

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Diese einfache Glücks-Übung hilft sofort

Eine Übung sich ganz schnell besser zu fühlen, sei sich an einen schönen Moment zu erinnern. Bei dem Gedanken daran, gehe es uns augenblicklich gut. Denn so erzeuge sich jeder Mensch seine eigene Gefühlswelt. Dieses simple Gedankenexperiment funktioniert auch mit Dingen die der Zukunft liegen. „Wer sich vorstellt, dass irgendetwas Schlimmes passieren wird, dem geht es jetzt schlecht. Wer sich gedanklich stets mit positiven Situation beschäftigt und Dinge akzeptiert, dem geht es gut“, erklärt er. Das gilt in Zeiten von Corona, genauso wie in der Zeit nach der Pandemie.

Wie schaffe ich es in der Krise glücklicher zu werden?

„Das, was in der Welt passiert, entscheide nicht ich. Aber meine Reaktion darauf liegt bei mir“, erklärt der Glücksforscher. Denn der Körper reagiere auf gedankliche Aufmerksamkeit immer sofort und zu 100 Prozent. Wer die Realität akzeptiert und statt Angst Zuversicht sät, gewinnt. Man wird gelassener und zufrieden. Praktisch eigentlich.

Positive Menschen müssen her

Zudem solle man sich ein Umfeld schaffen, dass ebenso positiv denkt. „Menschen die immer eine gute Idee haben und häufig mal einen Spaß machen, helfen uns in fordernden Zeiten. Sie machen uns glücklich“, sagt Coach Rauchensteiner. Es liegt also an uns, welche Freunde oder Familienmitglieder wir nah an uns heranlassen und austauschen. Der Experte, der auch vortragendes Mitglied des Instituts für Europäische Glücksforschung (IFEG) ist. erklärt zudem, was schlechte Gedanken in uns auslösen:

Was Negativität mit uns macht

1. Wir werden geschwächt Sobald Sie ein unangenehmes Gefühl im Körper haben (z.B: Ärger, Trauer, Angst, Sorgen, Wut) wird das Immunsystem geschädigt

2. Unsere Ausstrahlung leidet Menschen denen es nicht gut geht, schauen immer mitgenommen aus. Die Ausstrahlung wird geschädigt.

3. Die Denkfähigkeit wird eingeschränkt. Es entstehen Blockaden. Die Fähigkeit Lösungen auf komplexe oder auch alltägliche Aufgabenstellungen zu finden, wird beeinträchtigt.

Glücks-Tipp: Vorbereitung ist alles

Das tägliche emotionale Wohlempfinden steige hingegen, wenn wir uns auf negative Ereignisse vorbereiten: Wie werde ich darauf reagieren, wenn der Chef meine Präsentation kritisiert? Was werde ich sagen? Wie schlimm wäre die Situation wirklich? Eines muss uns allen bewusst sein: Es wird immer Menschen geben, die super finden, was wir machen und Menschen, die das unmöglich finden. Die einzige Person, der ich es recht machen muss, bin ich selbst.

Passend zum Thema:5 einfache Wege zum Glück

Kurzum, scheint es zu gelten: Glücklich zu sein hängt nicht von Geld oder spektakulären Glücksfällen ab, sondern nur von der eigenen Einstellung. Große Freuden sind selten, den kleinen begegnen wir jeden Tag; sie wollen nur wahrgenommen werden.