So regieren Lotto-Gewinner
auf ihr unfassbares Glück

Luftsprünge und Freudentränen oder einfach dasitzen und gar nix mehr sagen können. In seinem Beruf erlebt Rainer Holmer, Gewinnbetreuer bei Lotto Bayern, die unterschiedlichsten Reaktionen. An manche Personen und ihre Geschichten kann er sich noch gut erinnern.

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Gewinnbetreuer packt aus - So regieren Lotto-Gewinner
auf ihr unfassbares Glück

"Entschuldigung, was ist für Sie Glück?" - In einer aktuellen Werbung von Lotto Bayern antworten die Befragten "Nie mehr Miete zahlen", "Mit Elefanten duschen" oder "Das Polarlicht sehen". Für Rainer Holmer ist Glück der Spruch von Hermann Hesse: "Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich." Wenn man lerne, sich selbst zu lieben und zu respektieren, das aber auch anderen entgegenbringen könne, dann sei das wahres Glück.

Ein Job mit Fingerspitzengefühl

Holmer arbeitet zumindest mit Menschen, die Glück im Spiel haben - als Pressesprecher und Gewinnbetreuer bei Lotto Bayern. Wer mehr als 100.000 Euro gewinnt, darf zu Holmer. "Bei mir im Büro können die Gewinner was trinken, auf meiner Couch ausschnaufen und reden." Zu dem Zeitpunkt wissen die meisten erst seit ein paar Tagen, dass sie gewonnen haben. Nachdem sie die Summe erfahren haben, kommen sie in die Lotto-Zentrale an der Theresienhöhe in München. Wenn die Quittung geprüft ist, wird das Geld überwiesen. "Meine Aufgabe ist dabei aber nur, die Großgewinner beglückwünschen zu dürfen." Dann ergänzt Holmer lachend: "Eine sehr angenehme Aufgabe übrigens."

Die große Angst um die Quittung

Und schon fängt er an zu erzählen, Stichwort: Spielquittungen. "Die Leute erfahren ja schon ein paar Tage vorher, dass sie gewonnen haben. Und da bekommen viele schon Angst, dass etwas mit dem Zettel passieren könnte. Weil ohne Zettel - kein Gewinn." Eine Frau habe ihn mal gebeten, an der Quittung zu riechen. Die habe dann total nach Kaffee gerochen, "die hat sie in ihrer Kaffeedose aufbewahrt". Ein Mann hatte sie eingefroren, ein anderer zwischen den unbezahlten Rechnungen versteckt. "Die allermeisten bewahren ihre Quittung aber unter dem Kopfkissen auf. Sie können aber nicht darauf schlafen, weil sie permanent nachschauen, ob sie noch da ist", sagt Holmer.

Das denken die Großgewinner

Der 48-Jährige arbeitet seit mehr als 17 Jahren bei Lotto Bayern. Er sei "wie die Jungfrau zum Kind an den Job gekommen". Nachdem er Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert hatte, erfuhr er, dass beim Lotto-Kundenmagazin "Glücksblatt" jemand in Erziehungsurlaub geht. Er bewarb sich und wurde genommen. Dort begann er mit einfachen Texten, arbeitete sich aber schnell zum Interviewer von Großgewinnern hoch.

Die bewegende Geschichte eines Handwerkers

Einer, der seinen Gewinn nicht an die große Glocke hängen wollte, war ein Handwerker aus Franken. "Sein Betrieb wäre von heute auf morgen pleite gegangen, weil ihm Kundenforderungen ausgegangen sind. Er hatte sich schon Geld von Freunden geliehen, und stand jetzt vor dem Aus." Holmer bezeichnet es als "Märchen aus tausendundeiner Nacht", als der Handwerker plötzlich sechs Richtige hatte und seinen Betrieb und die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter retten konnte. Diese Geschichte habe ihn sehr bewegt.

Zuhören und Fragen beantworten

Ähnlich gerührt habe es ihn, als ein Mann mehrere Millionen gewonnen hatte und trotzdem traurig vor ihm saß. "Er hat dann gesagt "Schauen Sie Herr Holmer, ich würde Ihnen jetzt die ganzen Millionen da lassen, wenn meine Frau dafür wieder gesund werden würde". Dem hätte ich so gerne geholfen, aber das kann ich natürlich leider nicht." Seine Aufgabe sei es vielmehr zuzuhören, Fragen zu beantworten und Ratschläge zu geben. "Viele wollen wissen, ob sie den Gewinn versteuern müssen. Müssen sie nicht, der ist einkommensteuerfrei." Außerdem rate er seinen Besuchern, sich gut zu überlegen, wem sie von ihrem Gewinn erzählen und auch keine überstürzten Entscheidungen zu treffen.

»Das Schönste an meinem Beruf ist, dass mit sehr glücklichen Leuten zusammen bin«

Im ersten Halbjahr 2018 haben in Bayern Lottospieler insgesamt 588 Millionen Euro investiert. Bis zum 12. September hatten zwanzig von ihnen besonders großes Glück, sie haben die Million geknackt. Der höchste Gewinn ging im Mai nach Mittelfranken: 11,35 Millionen Euro. Fast dreimal so viel erzielten drei Handwerker, die 2015 den bayerischen Rekord aufstellten. "Die haben noch nie vorher gespielt, das war ihr erster Schein, daran erinnere ich mich gerne zurück", erzählt Holmer. Der eine habe sich einen Bulli gekauft und sei mit seinem Surfbrett auf und davon. Der zweite sei in seinem Beruf geblieben, habe aber nur noch Kunden bedient, die ihm sympathisch waren. Der dritte sei einfach froh gewesen, seine Schulden los zu sein.

Man merkt, dass Holmer selbst auch ein glücklicher Mensch ist. "Das Schönste an meinem Beruf ist, dass ich zu über 99 Prozent mit sehr glücklichen Leuten zusammen bin. Ich glaube, dass alles mit dem wir uns umgeben einen Einfluss auf uns selber hat." Und manchmal spielt er sogar selbst Lotto. "Einmal habe ich mit den Zahlen zehn Euro gewonnen, das hat mich ziemlich aus den Latschen gehauen." Er lacht.

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