Harte Landung

Chaos an Flughäfen, Ausfälle oder Flugannullierungen: Gerade in der Urlaubszeit kann der Ärger groß werden. So wehren Sie sich

von Gewinn - Harte Landung © Bild: Merridee Stein

Vor zwei Wochen legte ein Stromausfall am Hamburger Flughafen den gesamten Betrieb lahm. 30.000 Passagiere strandeten in Hamburg. Tausende Fluggäste hatten stundenlang gewartet und gehofft, fliegen zu können. Doch dann wurden alle Flüge eingestellt und Feldbetten aufgestellt. Szenenwechsel: Flughafen Wien. Anfang Juni startete der österreichische Ryanair-Ableger Laudamotion, ehemals Niki, mit seinen neuen Flugverbindungen nach Mallorca, Pisa und Chania. Doch der Start der neuen Verbindungen verlief keineswegs reibungslos. Einige ­Flüge waren verspätet und die Flugzeiten wurden mehrmals verschoben. Der Ärger der Flugpassagiere war groß.

Im Fall des Hamburger Flughafens prüft nun das Gericht, ob der Stromausfall ein „außergewöhnlicher Umstand“ ist oder nicht. Davon hängt ab, ob Passagiere auf eine Entschädigung hoffen können. Denn bei „außergewöhnlichen Umständen“, wie zum Beispiel einem Vulkanausbruch oder Streiks, gibt es im Fall eines Flugausfalls kein Geld zurück. „Daher muss man die Ursache des Stromausfalls kennen“, erklärt Ronald Schmid, Reiserechtsexperte der Fluggastrechte-Plattform Fairplane, „liegt diese im Verant­wortungsbereich des Flughafens, wird man nicht von einem außergewöhnlichen Umstand ausgehen können.“

Aber auch im Fall Laudamotion haben die anfänglichen Unregelmäßigkeiten ein Nachspiel. „Die Insolvenz von Air Berlin und Niki hat eine große Lücke bei den ­Ferienflugstrecken hinterlassen“, sagt Fairplane-Geschäftsführer Andreas Sernetz, „deshalb gibt es auf der Strecke von Düsseldorf nach Palma de Mallorca so viele Anbieter wie noch nie.“ Günstige Preise und beinharter Wettbewerb sind die Folge. Bis sich alles eingespielt hat, werde es wohl noch dauern, sagt Sernetz. Als Kunde müsse man fast damit rechnen, dass einige Flüge ausfallen, denn die günstigen Preise lassen leider auch die Qualität der Flüge sinken. Egal, ob Verspätung, Komplettausfall oder Umbuchung, Fluggäste können sich in bestimmten Fällen wehren:

Verspätung. Wenn sich der Flieger verspätet, ­haben Reisende zunächst Anspruch auf eine Verpflegung und weitere Betreuungsleistungen. Das gilt bei Verspätungen von Kurzstreckenflügen (bis 1.500 Kilometer), die zwei oder mehr Stunden verspätet sind. Bei Mittelstreckenflügen (ab 1.500 bis 3.500 Kilometer) darf man ab einer ­Verspätung von drei Stunden und bei Langstreckenflügen ab einer Verspätung von vier Stunden mit Betreuungsleistungen wie einem Hotel, wenn nötig, Verpflegung und Telekommunikation vonseiten der Fluglinie rechnen. Beträgt die Abflugverspätung mehr als fünf Stunden, haben Reisende das Recht, die Rückerstattung der Ticketpreise zu verlangen. Kommt das Flugzeug am Endziel mehrere Stunden verspätet an, gibt es Entschädigungs­zahlungen von 250 Euro bei Flügen bis 1.500 Kilometer, 400 Euro bei Flügen von 1.500 bis 3.500 Kilometer und 600 Euro bei Flügen über 3.500 Kilometer.

© CCO „Die Insolvenz von Air Berlin und Niki hat eine große Lücke bei den Ferienflugstrecken hinterlassen “ Andreas Sernetz Geschäftsführer der Fluggastrechte-Plattform Fairplane

Ersatzbeförderung. Wird der Flug annulliert, hat man die Wahl zwischen einer Ersatzbeförderung oder der vollen Rückerstattung der Ticketkosten, also dem Rücktritt vom Vertrag. „Informiert die Fluglinie den Fluggast weniger als 14 Tage vor Abflug von der Flug­annullierung, hat dieser zusätzlich Anspruch auf eine Entschädigung zwischen 125 und 600 Euro“, erklärt Sernetz. Auch hier richtet sich die Höhe wieder nach der Länge der Flugstrecke. Wird der Flug jedoch aufgrund von „außergewöhnlichen Umständen“ wie Streiks oder ungünstigen Wetterbedingungen annulliert, so besteht kein Recht auf eine Ausgleichszahlung.

Alternative Beförderung. Der häufigste Grund für eine Nichtbeförderung ist die Überbuchung. Ist der Flieger überbucht und wird einem der Flug verweigert, obwohl man rechtzeitig am Check-in war, dann muss die Fluglinie zunächst Freiwillige suchen, die gegen eine entsprechende Gegenleistung auf ihre Plätze verzichten. Findet sich kein Freiwilliger, ist die Fluglinie verpflichtet, den Ticketpreis zurückzuerstatten oder für eine anderweitige Beförderung zum Zielort zu sorgen. Der Fluggast kann in diesem Fall entscheiden, welche Leistung er in Anspruch nehmen möchte. Wählt der Reisende die alternative Beförderung, dann sind bei Wartezeiten erneut Betreuungsleistungen wie Mahlzeiten oder sogar eine Hotelübernachtung von der Fluglinie zu erbringen. Möchte man jedoch nicht freiwillig auf seinen Platz verzichten oder eine alternative Beförderung in Anspruch nehmen, dann ist die Fluglinie bei Nichtbeförderung wegen Überbuchung zur Leistung von Ausgleichszahlungen verpflichtet. Diese betragen je nach Länge der Flugstrecke 250, 400 oder 600 Euro.

Ansprüche. Wer seine Ansprüche bei Verspätung, Annullierung oder Überbuchung geltend machen möchte, sollte rasch handeln. „Einfach die Buchungsunterlagen und die Bestätigung, dass man den Flug angetreten hat – in Form einer Bordkarte – gemeinsam mit der Forderung der Entschädigungszahlung an die Fluglinie schicken“, erklärt Sernetz. Eine Verspätungsbestätigung könne hier ebenso hilfreich sein. Diese können sich Fluggäste von der Airline direkt nach dem Flug ausstellen lassen. Fairplane bietet Passagieren online unter www.fairplane.at einen Entschädigungsrechner an. Eine weitere Anlaufstelle für Beschwerden auf Reisen ist der Verein für Konsumenten­information, www.vki.at.

Dieser Artikel ist ursprünglich in der Printausgabe Nr. 24/2018 erschienen!