Kinder vegan ernähren:
7 essenzielle Tipps

In Österreich ernähren sich rund 89.000 Menschen vegan. Tendenz steigend. Viele Eltern möchten diese Ernährungsweise an ihre Kinder weitergegeben. Aber ist das empfehlenswert? Sind Mängel bei Kleinkindern vorprogrammiert?

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Gesundheit - Kinder vegan ernähren:
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1. Ist vegane Ernährung für Kinder empfehlenswert?

Die Haltung der Ernährungskommission der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde ist klar: Die vegane Ernährung für Kinder wird nicht empfohlen.

»Supplemente werden bei veganer Ernährung immer benötigt – auch bei Erwachsenen«
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Die ablehnende Haltung liege aber nicht daran, dass es grundsätzlich nicht möglich sei, ein Kind vegan zu ernähren. "Mit Supplementen geht das. Aber wir sehen eine Ernährung durch Lebensmittel als ideal an, anstatt zusätzlich Tabletten oder Nahrungsergänzungsmittel einnehmen zu müssen", erklärt Nadja Haiden, Kinderärztin und Vorsitzende der Taskforce für Schwangere, Stillende und Kleinkinder der Nationalen Ernährungskommission des Bundesministeriums für Gesundheit.

Das ist auch die Sichtweise des deutschen Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte. Dort geht man sogar einen Schritt weiter und sieht das Thema etwas kritischer: Veganismus bei Kindern und Jugendlichen wird "kategorisch" abgelehnt.

2. Welche Gefahr besteht bei veganer Ernährung?

Die rein pflanzliche Ernährung ist kein Kinderspiel. Mögliche Risiken bei unzureichender Versorgung sind beträchtlich. Wird vegane Ernährung bei Kleinkindern nicht richtig umgesetzt, besteht ein hohes Gesundheitsrisiko in Form von Wachstums- und Entwicklungsstörungen. Speziell im ersten Lebensjahr kann es aufgrund von Mangelerscheinungen zu schwersten neurologischen Schäden kommen. Die möglichen Folgen: epileptische Anfälle bis hin zu irreversiblen Hirnschäden.

3. So äußert sich Mangelernährung beim Baby

Wenn Babys einen massiven Nährstoffmangel haben, verlernen sie Dinge, die sie schon konnten – beispielsweise Sitzen oder Greifen. Sie sind nicht mehr so interaktiv und ändern sich auch vom Wesen her, so die Expertin. Wichtig:: Dieses Szenario tritt freilich nur dann ein, wenn man auf die empfohlene Supplementierung verzichtet.

»Veganer sind sehr gut informiert und verantwortungsbewusst«
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Nadja Haiden erläutert: "Viele Veganer sind sehr gut informiert und verantwortungsbewusst. Wenn sie ihre Kinder vegan ernähren, machen sie das in der Regel auch richtig". Dennoch gebe es ihrer Erfahrung nach auch Ausnahmen. In dem Fall seien die Eltern ideologisch so verhaftet, dass sie nicht mehr auf das Wohl ihres Kindes schauen. Im Folgenden ein Überblick, welche Nährstoffe besonders wichtig, aber schwierig abzudecken sind.

4. Was muss ich bei veganer Ernährung beachten?

Die Problematik um das Vitamin B12 trifft Kinder wie Erwachsene. Vitamin B12 ein essenzielles Vitamin, das fast ausschließlich mit tierischen Lebensmitteln wie Leber, Fleisch und Milchprodukten aufgenommen wird. Wichtig: Vitamin B12 muss bei veganer Ernährung sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen über Nahrungsergänzungmittel zugeführt werden.

Nötig sei eine Nahrungsergänzung auch bei Omega 3-Fettsäuren (DHA), für die es angereicherte Öle und Ölkapseln gibt.

Kritische Nährstoffe sind zudem Eisen und Jod. Diese allerdings stellen unabhängig von Ernährungsweisen ein Problem dar. Um die Eisenadsorption zu verbessern, wird generell empfohlen, gleichzeitig Vitamin C aufzunehmen, also mit entsprechendem Obst und Gemüse zu kombinieren.

Wichtig bei der Kalziumaufnahme: Dieser Nährstoff wird durch Einweichen oder Garen besser aufgenommen. Tipp: Mandelmus, Kichererbsen, Fenchel und kalziumreiches Mineralwasser sind geeignete pflanzliche Kalziumquellen

5. Wie gehe ich bei veganer Kinderernährung vor?

Eine gute Planung steht im Vordergrund. Selbst wenn Sie sich bereits gut informiert fühlen - suchen Sie sich einen Experten, der sie unterstützt und begleitet. Vor allem im Säuglings- und Kleinkinderalter.

Wichtig: Im Falle einer rein veganen Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit ist die ärztliche und diätologische Begleitung unerlässlich! Auch Ernährungswissenschafter, die sich auf vegane Ernährung spezialisiert haben, sind gute Ansprechpartner und können konsultiert werden.

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Bitte beachten: Um Defizite bei kritischen Nährstoffen aufzudecken, sind mindestens jährliche Bluttests bei Kindern und Erwachsenen, die sich vegan ernähren, notwendig. Die Kosten: Die diätologische Beratung müssen die werdenden Mütter leider selbst bezahlen. Es handelt sich in Österreich um keine Kassenleistung.

Passend dazu: Vegan schwanger - Gefahr fürs Kind?

6. Die ersten Lebensmonate - Was müssen vegane Mütter wissen?

"Wir sehen zunehmend einen B12-Mangel bei Kindern. Den Müttern ist nicht bewusst, wie früh man bei den Kindern mit Supplemeten anfangen muss. Das startet mit der Beikost - also ab dem 6. Monat", betont Kinderärztin Nadja Haiden. Sie ortet verstärkten Aufklärungsbedarf bei der Frage, ab wann die kritischen Nährstoffe supplementiert werden müssen.

Die WHO empfiehlt Müttern mindestens sechs Monate voll zu stillen. Wie sonst auch nimmt die Mutter während der Stillzeit Supplemente für B12 ein. Das Kind ist über die Muttermilch ausreichend versorgt. Nach dem 6. Monat allerdings reicht die Versorgung allein über die Muttermilch nicht mehr aus.

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Bei veganer Beikost sollten möglichst zwei weitere Muttermilch-Mahlzeiten bis zum Ende des ersten Lebensjahres gegeben werden. Das Ende der Stillzeit bestimmen Mutter und Kind - wie sonst auch - ganz individuell.

Übrigens: Das überwiegende Selbstkochen der Breie ist für die vegane Kinderernährung Pflicht. Die Zutaten sollten vollwertig, frisch und nährstoffreich sein!

7. Was tun, wenn das Stillen nicht klappt?

Stillen ist für viele frischgebackene Mütter eine Herausforderung. Sollte es nicht klappen, stehen vegane Mütter vor einem Problem: Die gängigen Milchpulver im Handel werden auf Kuhmilchbasis hergestellt. Es gibt zwar Alternativen, nämlich Milchpulver auf Sojabasis und Haferprodukte. Doch bei beiden Ersatzmitteln gibt es einen Haken.

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"Soja ist ein Eiweiß, das vor allem bei Säuglingen sehr viele Allergien hervorrufen kann. Die Haferprodukte versorgen das Baby nicht ausreichend", erklärt Ärztin Nadja Haiden. In diesem Fall sollte man dringend auf den Rat vom Kinderarzt vertrauen und erst später eine vegane Ernährungsweise für das Kind in Betracht ziehen.

Tipp: Weil im Internet sehr viele falsche Informationen zum Thema kursieren, ist es ratsam, immer die jeweilige Quelle zu überprüfen. Hinterfragen Sie selbst: Wer stellt die entsprechende Behauptung auf? Welchen Hintergrund hat die Person oder jener Verein? Wie unabhängig ist bzw. sind sie?

Zu empfehlen ist etwa die Website der österreichischen Kinderärzte. Diese Homepage wurde extra von der "Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde" eingerichtet. Dort findet man Ansprechpartner und viele Informationen - zum Beispiel über eine gut geplante vegane Ernährung - die wissenschaftlich fundiert sind.