Gery Keszler verkündet
das Ende des Life Balls

Event findet im Juni zum letzten Mal statt

Der Life Ball wird im Juni zum letzten Mal stattfinden. Organisator Gery Keszler verkündete am Freitag offiziell das Aus des Charity-Events. Fehlende Gelder lassen die Veranstaltung nicht mehr finanzieren. Für das Event, das in diesem Jahr ein Zirkusszenario bieten möchte, fällt nun der letzte Vorhang.

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Es sei es in letzter Zeit immer schwieriger geworden, Sponsoren und Spender für den Ball gewinnen zu können, sagte Keszler. "Das Bewusstsein ist heute einfach ein anderes. Dem tragen wir nun auch Rechnung." 26 Jahre nach dem ersten Life Ball sei es an der Zeit, neue Wege zu gehen. "Die Rahmenbedingungen und Umstände haben sich über die letzten Jahre sehr verändert", sagte Keszler.

»Das Bewusstsein ist heute einfach ein anderes. Dem tragen wir nun auch Rechnung«

"Im Kampf gegen Aids haben wir viel erreicht. Aids hat sich von einem Todesurteil zu einer chronischen Krankheit gewandelt. Durch diesen Erfolg ergibt sich die paradoxe Situation, dass die Zahl der Verbündeten für Aids-Hilfsprojekte international und national abnimmt." Große Herausforderungen gäbe es dennoch - vor allem in Afrika: "Wir werden mit dem Reingewinn des 26. Life Ball unsere Energie jenen Regionen widmen, wo das Problem noch immer akut ist und wir Leben retten können. In Österreich wird von den Organisationen und der öffentlichen Hand hervorragende Arbeit geleistet. Daher wird es Verständnis für unsere Entscheidung geben, dass wir in der Unterstützung heuer auf internationale Projekte fokussieren."

"Unglaubliche, fantastische, intensive Jahre"

"Es waren unglaubliche, fantastische und intensive Jahre. Wir haben mehr bewegt, als wir je zu hoffen gewagt hätten. Ich bin so unendlich dankbar. Es ist nun Zeit, dieses Projekt zu einem guten Abschluss zu bringen", sagte Life Ball-Begründer Gery Keszler.

»Wir haben mehr bewegt, als wir je zu hoffen gewagt hätten. Ich bin so unendlich dankbar«

Der Verein "Life+", der für die jährliche Ausrichtung des Balles verantwortlich zeichnet, werde weiter bestehen, so Keszler. "Wir werden weiterhin leidenschaftlich gegen Stigma und Ausgrenzung aufstehen und Flagge zeigen." In den vergangenen Jahren hatte der Life Ball knapp 30 Millionen Euro Spenden für nationale und internationale Aids-Hilfsprojekte lukrieren können.

Helmut Zilk holte Event ins Rathaus

Keszler dankte an die Anfänge des Life Balls erinnernd allen voran der Stadt Wien und dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, der das Event ins Rathaus holte. Direkt an den 2008 verstorbenen Bürgermeister gewandt sagt Keszler: "Es waren Deine Kraft und Fantasie, die uns den Rücken gestärkt haben, dieses Projekt anzugehen. Du warst ein unermüdlicher Botschafter für ein offenes und tolerantes Wien, und der Life Ball ist dafür ein weltweit sichtbarer Leuchtturm."

Für den Life Ball 2019 haben sich US-Schauspielerin und amfAR-Botschafterin Katie Holmes sowie Golden Globe-Gewinnerin Keala Settle angesagt. Die Modenschau wird bereits zum zweiten Mal von Missoni ausgerichtet - auf persönlichen Wunsch von Keszler aufgrund des starken Engagements der Modedynastie. Da der letzte Life Ball viel Publikum anlocken wird, werden ab Montag (13. Mai) ein zusätzliches Karten-Kontingent aufgelegt.

"Wundervolles Projekt": Wien dankte Keszler

Die Stadt Wien hat am Freitag Life-Ball-Organisator Gery Keszler gedankt. Dieser habe das Bild Wiens als Stadt der Toleranz und Weltoffenheit hinausgetragen, hieß es in einer Aussendung. "Die Nachricht, dass der Life Ball 2019 der letzte sein wird, stimmt mich traurig", zeigte sich Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) über das Aus wenig erfreut.

"Gery Keszler hat über viele Jahre mit unermüdlichem Engagement und großem Erfolg dieses wundervolle Projekt aufgebaut und vorangetrieben. Vielen von HIV und Aids betroffene Menschen in Österreich und auf der ganzen Welt wurde damit geholfen und die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen erfolgreich bekämpft", sagte Hanke.

Die Stadt, so betonte er, habe das Charity-Event von der ersten Auflage im Jahr 1992 unterstützt und die Veranstaltung im Rathaus ermöglicht. Dieses wurde den Organisatoren unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Erst kürzlich wurden die Subventionen für heuer und - auch schon für 2020 - beschlossen. Dem Trägerverein "Life+" wurden jährlich jeweils 900.000 Euro an Förderungen zuerkannt.

Aidshilfe Wien verliert bis zu 200.000 Euro

Nach dem verkündeten Aus des Life Balls werden der Aidshilfe Wien künftig bis zu 200.000 Euro an Spendengeldern fehlen. Entsprechend enttäuscht zeigte sich Obmann Wolfgang Wilhelm. "Es gibt niemand, der so viel für das Thema gemacht hat, wie Gery Keszler. Sogar Sportveranstaltungen finden große Sponsoren", sagte der Obmann.

»Es gibt niemand, der so viel für das Thema gemacht hat, wie Gery Keszler«

Die 200.000 Euro pro Jahr wurde dafür eingesetzt, unmittelbar in Not geratene HIV-Patienten zu unterstützen sowie Therapielücken zu schließen. "Dies können wir jetzt nicht mehr bezahlen und wissen auch noch nicht, wie wir diese Mittel ersetzen können", meinte Wilhelm. Das Aus sei auch deshalb so bitter, weil das Ziel, Aids bis 2030 völlig auszurotten, erreichbar scheint. "Es bräuchte da aber eine verstärkte Anstrengung", so der Obmann.

Persönlich dankte er Keszler, für seine "marathonartige mega Leistung". "Es hat einen unendlich wichtigen Beitrag sowohl bei der Bewusstseinsbildung als auch finanziell geleistet", sagte Wilhelm. Mit dem Jugendprojekt Next Generation habe der Organisator auch jüngere Leute erreicht. Zudem sei der Life Ball auch ein international höchst erfolgreiches Event.

Probleme für steirische Aidshilfe-Klienten

Das Aus für den Life-Ball stellt die Klienten der Aidshilfe Steiermark vor eine schwierige Situation, wie Geschäftsführer Manfred Rupp sagte. Die Aidshilfe-Tätigkeit sei durch Mittel der öffentlichen Hand gedeckt, aber mit den Life-Ball-Spenden habe man z.B. Therapien für Klienten bezahlt, die finanziell nicht so gut situiert seien. 2018 habe man 17.000 Euro dafür erhalten.

Man müsse bedenken, dass die Spenden auch jedes Jahr weniger geworden wären. 2017 seien es rund 21.000 Euro gewesen, 2016 waren es noch rund 40.000 Euro. Mit letzterer Summe sei es ganz gut gelungen, vor allem bedürftige Klienten zu unterstützen. Man habe rund 300 Personen in direkter Betreuung, davon sei ein Drittel in einer engmaschigen Betreuung. Es handle sich oft um Personen, die Mindestsicherung bezögen oder arbeitslos seien. Für viele Therapien werde ein Selbstbehalt verlangt, da habe man direkt helfen können.

Wie man künftig die Mittel dafür aufbringen könne, wisse man nicht, sagte Rupp. Die Aidshilfe Steiermark bekomme für solche Zwecke zwar auch Spenden durch Projekte oder von Firmen, aber eine solche Summe könne man nicht leicht aufbringen. Eine Idee wäre die Gründung eines Unterstützungsvereins, so etwas gebe es auch in Wien. Aber das sei eben sehr personalintensiv.

Conchita: "Wird immer ganz nah am Herzen bleiben"

Song-Contest-Gewinnerin Conchita hat sich am Freitag beim Life Ball-Team für "26 Jahre Bewusstseinsbildung und Spendengelder für ein wichtiges Thema, für die direkte Unterstützung dringend benötigter Projekte auf der ganzen Welt, für die Wegbereitung zu Entstigmatisierung" bedankt. "Danke für alles, was Ihr getan habt, um unsere Stadt Wien zu einem besseren Ort zu machen", schrieb die Sängerin.

Sie selbst habe "unzählige schöne Erinnerungen" gesammelt, die Veranstaltung "wird mir immer ganz nah am Herzen bleiben", postete Conchita auf Facebook. "Auf einen unvergesslichen Life Ball 2019!", schrieb die Künstlerin.

+++ Die Geschichte des Life Balls +++

Gemeinsam mit seinem Freund Torgom Petrosian gründete Gery Keszler 1992 den Verein Aids Life. Nachdem Petrosian an Aids erkrankt war, beschlossen seine Freunde, in Österreich einen Charity-Event zu organisieren. Der Life Ball war geboren. Petrosian sollte aber nur den ersten Life Ball erleben.

Dieser ging am 29. Mai 1993 über die Bühne. Für das Event brachte Gery Keszler, der früher als Visagist tätig war, Stardesigner Thierry Mugler nach Wien. Der damalige Bürgermeister Helmut Zilk ermöglichte es, dass die Aids-Benefizgala im Rathaus stattfinden kann. Der Life Ball ist somit die einzige Veranstaltung zugunsten von Aids-Organisationen, die in einem "politischen" Gebäude stattfindet. Schon damals konnte sich die Gästeliste sehen lassen: Helena Christensen und Vivienne Westwood waren ebenso gekommen wie heimische Prominente, zum Beispiel Chris Lohner und Alfons Haider. "Am Anfang war der Life Ball wirklich ein schwuler Aufschrei", erinnerte sich Haider.

Aufgrund des großen Erfolges des ersten Life Balls und der enormen Nachfrage beschlossen die Organisatoren rund um Keszler 1994 eine "Wiederholung". Danach war der Hype nicht mehr aufzuhalten. Karten für das Fest waren binnen Minuten vergriffen, die Spendensummen wurden immer höher.

Life Ball wurde zum Megaevent

Mit der fünften Ausgabe am 10. Mai 1997 mauserte sich der Life Ball zum Megaevent. "Queen of Punk" Vivienne Westwood kam erneut nach Wien, um die diesjährige Modeshow auszurichten. Als Mitternachtseinlage sang Falco im Rathaus, einer seiner letzten Auftritte in Österreich vor seinem Unfalltod im Februar 1998.

Mit jedem Jahr wurde das Fest aufwendiger und pompöser, die Eröffnungszeremonie samt Modeschau auch für Zaungäste im Rathausplatz geöffnet. Auch die Gästeliste wurde immer prominenter: Elton John, Neil Tennant, der Sänger der Pet Shop Boys, Schauspielerin Charlize Theron, Song Contest-Gewinnerin Conchita Wurst, "Jeannie" Barbara Eden, Ex-Spice-Girl Emma Bunton, Liza Minelli, Heidi Klum, Sharon Stone, Milla Jovovich, Topmodel Naomi Campell, Antonio Banderas, Sean Penn, Whoopi Goldberg, die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit oder der Geiger David Garrett - alle kamen sie zu dem Fest.

Doch nicht nur das Publikum, auch die Hilfsprojekte wurden internationaler: Seit 2006 kooperiert der Life Ball mit der American Foundation for Aids Research (amfAR). Auch die Clinton Foundation HIV/Aids Programme (CHAI) wurde unterstützt, der ehemalige US-Präsident Bill Clinton dadurch zum Stammgast. 2010 bildete der Life Ball den Auftakt der Welt-Aids-Konferenz in Wien.

Keszler berichtet von eigener Infektion

2015 war der vielleicht persönlichste Ball von Organisator Gery Keszler. Völlig unerwartet berichtete Keszler bei seiner Rede davon, sich selbst in Australien in seinen 20ern mit dem HIV-Virus infiziert zu haben. "Ich war einer der ersten in Österreich, der sich mit Aids infiziert hat", sagte er.

»Ich war einer der ersten in Österreich, der sich mit Aids infiziert hat«

Danach gab Keszler bekannt, dass der Ball 2016 nicht stattfinden würde, um sich "neu zu erfinden". 2017 fand die Neuauflage statt und ist um ein Side-Event reicher. Erstmals gab es ein Event für Jugendliche im Wiener Rathaus. Am Tag nach der traditionellen Veranstaltung fand die Premiere des "Life Ball Next Generation" statt.

Zwei Jahre später ist Schluss. Im Vorfeld des 26. Life Balls gab der Organisator das Aus des Charity-Events bekannt.

Kommentare

Höchste Zeit für diesen Schwachsinn! Totale Volksverblödung!

Ich kann gerne auf diesen Event verzichten.

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