Gemütlich durch die Krise

Einfache Antworten, launige Sprüche und viele Schuldzuweisungen: Die Krisenbewältigung der Regierung macht ratlos - und stimmt sorgenvoll.

von Kathrin Gulnerits © Bild: News/Matt Observe

Die Lösung liegt auf dem Tisch. Eine Lösung. Keine schlechte. Jedenfalls eine, über die es sich rasch nachzudenken lohnt. Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, hat sie auf den Tisch gelegt. Er schlägt vor, die Stromrechnungen der Haushalte bis zu einem gewissen Verbrauch zu deckeln. Der Staat würde also einen Teil der Kosten für den Stromverbrauch in Form einer Gutschrift subventionieren. Wer mehr verbraucht, kann das tun, muss aber den dafür fälligen hohen Marktpreis zahlen. Netter Nebeneffekt: Der Anreiz, den Energieverbrauch zu senken, bleibt - und wäre wichtig. Jetzt und in Zukunft sowieso. Denn würden die privaten Haushalte ohne Preissignale genug einsparen? Ökonomen haben zu Recht Zweifel. Doch eine ernsthafte, lösungsorientierte Debatte, verbunden mit der nötigen Dringlichkeit, leisten wir uns nicht. Während also anderswo mit Blick auf den Herbst Schlagworte wie Verteilungskampf, industrieller Flächenbrand, Kriegswirtschaft, Zerreißprobe und Gas-Armut in immer kürzeren Abständen die Nachrichten bestimmen, dürfen wir hierzulande weiter rätseln. Hoffen. Uns ein bisschen was zusammenreimen: Reicht unser Gas oder nicht? Sollen wir Energie sparen, oder müssen das nur die anderen? Wie bekommen wir den sozialen Zusammenhalt organisiert? Was passiert mit der Wirtschaft, also mit den Arbeitsplätzen? Antworten gibt es nicht. Wir versuchen es einstweilen mit einem anderen Preisdeckel, nämlich dem für den Strompreis. Gefordert hat diesen die ÖVP-Landeshauptfrau (und zuvor die SPÖ) - nur einen Tag, nachdem ihr Parteikollege und Bundeskanzler diesen abgelehnt hatte. Der Preisdeckel würde ohnehin nur Sinn ergeben, wenn alle EU-Staaten mitziehen. Deutschland hat schon abgewunken. Der aktuelle Diskussionsstand hierzulande dazu ist nicht bekannt. Krisenbewältigung made in Austria geht nämlich gemütlich, garniert mit "launigen" Bemerkungen rund um Alkohol und Psychopharmaka und einer ordentlichen Portion Schuldzuweisungen. Die, die nichts tun, sind hinlänglich bekannt. Bei der EU-Kommission, so tönt es gerade wieder besonders laut aus Österreich, gehe etwa nichts weiter. Ja, stimmt. Aber die Rufer vom Bundeskanzler abwärts wissen auch, dass etwa ein gemeinsamer Gaseinkauf für den heurigen Winter nicht greift. Bleibt noch die Energieministerin, also der grüne "Partner" in der Regierung, von der die ÖVP (die sich selbst eine "herausragende Arbeit" attestiert) mehr Engagement, mehr Tempo einfordert. Wohl wissend, dass es die gemeinsame Regierung ist, die die Probleme lösen muss -das einst "Beste aus zwei Welten", wir erinnern uns.

»Es geht gerade um etwas. Befindlichkeiten sind damit nicht gemeint«

Während sich also die Energie- und Teuerungskrise zuspitzt, tun die handelnden Personen das, was sie am besten können: auswischen, austeilen, Schuld zuschieben. Dazu ein bisschen Machtspiel Länder gegen Bund, eine Prise EU-Bashing, und wenn es ganz ungemütlich wird, liegt die Ausländerkarte in der Schublade. Verantwortungsbewusstsein sieht anders aus. Auch ein Wille, der Realität ins Auge zu sehen, ist nicht erkennbar. Es fehlen Ehrlichkeit und Tempo. Es geht gerade um etwas, sollte man meinen. Befindlichkeiten sind damit nicht gemeint.

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