Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen

Es nervt, wenn Klimaschützer ins Museum gehen. Und es ist ärgerlich, wenn sich Menschen darüber aufregen, die wenig gegen die Klimakrise getan haben.

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Vor einem Jahr, Anfang November 2021: Klimaministerin Leonore Gewessler posiert mit dem Direktor des Leopold Museums vor einem leeren Bilderrahmen. Das wertvollste Kunstwerk der Welt war angekündigt, gemeint ist das wertvolle Gut saubere Luft. Lächeln. Nette Bilder in sozialen und anderen Medien. Eine PR-Aktion fürs Klima. Diesen Dienstag im Leopold Museum: Klimaaktivisten schütten schwarze Farbe auf "Tod und Leben" von Gustav Klimt. Gegen das Sicherheitsglas. Das Bild bleibt unbeschädigt wie auch bei vergleichbaren Aktionen der letzten Wochen. Man weiß, wem man die Rechnung für die Reinigungskosten schicken wird, kleben doch die Urheber am Ort des Geschehens fest. Kein Lächeln. Bilder in sozialen und anderen Medien. Eine PR-Aktion fürs Klima.

Aber: Die Empörung übertönt die Forderung der Aktivisten. (Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern und Tempo 100 anlässlich eines von der OMV gesponserten Tags der offenen Tür.) Die Aktionen in Museen nerven. Wer die Kunst liebt, leidet, wenn sie Ziel von Attacken wird. Auch Wohlmeinende stößt das ab. Vielen wird erst auf den zweiten Blick bewusst, dass es nicht um Zerstörung geht, viele wollen das gar nicht wissen, weil es einen Anlass liefert, gegen die moralische Überlegenheit der Klima-Jugend zu wettern. Wer nicht gehört wird, wird immer lauter. Das kennt man von Diskussionen im Freundeskreis. Das sieht man in politischen Debatten. Das spürt man in der Klimakrise. Seit Jahrzehnten sagen Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, wie es um das Überleben der Menschen auf diesem Planeten steht. Ebenso lang machen Umweltorganisationen mit Aktionen - oft weit weg auf irgendwelchen Ölplattformen -auf das Thema aufmerksam. Ignoriert von allen, die handeln könnten. Greta Thunberg und die Schulstreiks fürs Klima sorgten für Empörung bei Erwachsenen - doch dann wurden die Kinder coronabedingt ohnehin aus der Schule ausgesperrt. Als Klimaaktivisten ebenfalls vor einem Jahr in ihrem Lobau-Camp saßen, wollten jene, die heute von ihnen Diskussionskultur fordern, nicht mit ihnen reden. Und da stehen wir heute. Vor dreckigem Schutzglas und hören die Botschaft, dass bei der Klimakonferenz in Ägypten wieder einmal alles sehr zäh verläuft.

»Jene, die nichts für das Klima getan haben schlüpfen ins Kostüm der rechtschaffen Empörten «

Mit Aktionen in den Museen erreichen die Klimaschützer das Gegenteil von dem, was sie wollen. Sie ermöglichen es jenen, die nicht bereit sind, etwas in ihrem Leben fürs Klima zu ändern, und Politikern, die nichts für den Klimaschutz getan haben, ins Kostüm der rechtschaffen Empörten zu schlüpfen. Die Vertreterin der nächsten Generation in der ÖVP, Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, tadelt die "Chaostruppe" und wiederholt das alte ÖVP-Mantra vom "Klimaschutz mit Augenmaß und Weitblick". Die ÖVP besetzte 33 Jahre lang das Umweltministerium. Für Marilies Flemming, Ruth Feldgrill- Zankel, Maria Rauch-Kallat, Martin Bartenstein, Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Nikolaus Berlakovich, Andrä Rupprechter und Elisabeth Köstinger bedeutete "Augenmaß" (unter teilnehmender Wurschtigkeit der SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky, Viktor Klima, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann und Christian Kern) meist "Augen zu".

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