Schöne, starke Heldin

Die israelische Schauspielerin Gal Gadot ist Hollywoods neue Wonder Woman. Die Figur spaltet Frauenrechtler: Wie sexy darf eine Ikone des Feminismus sein?

von Kino - Schöne, starke Heldin © Bild: © 2017 Warner Bros. Entertainment Inc. and Ratpac-Dune Entertainment LLC

Brustpanzer, Minirock, Tiara, Schild, dazu ein Schwert namens "Godkiller" und ein leuchtendes Lasso, das Gefesselte zwingt, die Wahrheit zu sagen: Wonder Woman ist selbst für eine Superheldin auffallend komplett adjustiert. Die Schöpfung des amerikanischen Psychologen, Feministen und Zeichners William Moulton Marston und seiner Frau Elizabeth kam vor 75 Jahren über die Welt und sicherte nebst Superman und Batman dem DC-Verlag mit einer eigenen Comic-Serie beste Umsätze. In Gestalt der israelischen Schauspielerin Gal Gadot schlägt sich die Wunderfrau nun im Kampf um eine friedliche Welt durch Österreichs Kinos. Ihr Gegenspieler ist der Kriegsgott Ares, der vielleicht schlimmste Finger der griechischen Mythologie.

Hollywoods Kraftpaket

Von der Frau mit den Superkräften war Drehbuchautor Jack Snyder schon angetan, als er an seinem ersten DC-Comic-Film, "Batman versus Superman" (2016), arbeitete. Darin erhöhte er Wonder Woman zur Lichtgestalt, die im finalen Kampf den Fledermausmann und die Welt vor dem Untergang bewahrte. Die Wunderfrau, die für die Liebe in der Welt in den Krieg zieht, ist für Snyder "das Mysterium weiblicher Kraft. Sie geht konsequent ihren Weg und lässt sich von nichts abbringen."

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"Wonder Woman" ist ein Produkt der Vierzigerjahre: Diana, Tochter der Amazonenkönigin Hippolyta (Connie Nielsen), wurde auf der Insel Themyscira, fern von Zivilisation und Männern, von Tante Antiope (Robin Wright) zur Kämpferin ausgebildet. Als der Soldat Steve vor der Insel mit dem Flugzeug ins Meer stürzt, rettet ihn Diana und folgt ihm an die Front des Zweiten Weltkriegs, um gegen die Nazis zu kämpfen. Für den Film verlegte Snyder die Story nun in den Ersten Weltkrieg. Steve ist britischer Spion. Er hat entdeckt, dass der deutsche General Ludendorff (ein historischer Unhold) eine Giftgaswaffe entwickelt hat. Diana hält den General für den Gott Ares und folgt Steve in den Krieg.

Die 1,78 Meter groß gewachsene Israelin Gal Gadot sei die Idealbesetzung, rühmt Snyder. Charisma, exzellentes Aussehen und ein vorbildliches Privatleben qualifizieren sie zur Lichtgestalt Hollywoods. Die 1985 in der Kleinstadt Rosch haAjin geborene Tochter einer Lehrerin und eines Ingenieurs brachte es 2004 zur Miss Israel, verdingte sich während des Jus-Studiums als Model, absolvierte den Militärdienst, wurde Kampfausbildnerin und beteiligte sich an Einsätzen im Gaza-Streifen. "Die Zeit bei der Armee war ein gutes Training für Hollywood", kommentierte sie ihre Zeit beim Wehrdienst, als sie im Action-Film "Fast & Furious“ (2009) eine israelische Agentin gab und erste Hollywood-Erfahrung verbuchte.

© © 2015 Warner Bros. Entertainment Inc. and Ratpac-Dune Entertainment LLC Erstklassige Besetzung im Kampf gegen das Böse: Said Taghmaoui, Chris Pine, Gal Gadot, Eugene Brave Rock, Ewen Bremner (von links)

Seit neun Jahren ist sie skandalfrei mit dem israelischen Geschäftsmann Yaron Versano verheiratet, dazu liebevolle Mutter zweier Töchter. Während der Dreharbeiten von "Wonder Women“ bewies sie beträchtliches Durchhaltevermögen: Sie wurde zum zweiten Mal schwanger, warf sich aber unverdrossen in den Kampf um die Weltrettung und musste am Ende nur einige Szenen erschlankt nachdrehen

Im TV-Magazin "Good Morning America" ließ sie wissen, die Rolle der Wonder Woman auch für ihre Töchter zu spielen. "Ich möchte ihnen damit etwas vermitteln. Alma, sie ist vier, kennt vor allem Märchen von Prinzessinnen wie Dornröschen. Dass diese Prinzessin aber nur schläft und nichts tut, wenn der Prinz sie weckt, gefällt ihr gar nicht. Ich will ihr als Wonder Woman zeigen, dass es auch anders geht."

Umstrittene Ikone

Möglicherweise dachte das auch UNO-Untergeneralsekretärin Cristina Gallach, als sie die Comic-Figur Wonder Woman zur Ehrenbotschafterin für Frauenrechte ernannte. Das war im Oktober letzten Jahres, doch schon im Dezember war die martialische Dame wieder des Amtes enthoben: 600 UNO-Mitarbeiter hatten protestiert. Vor allem militante Feministinnen monierten, dass die Figur im knappen Brustpanzer und Minirock zu sexy sei. Das will Gal Gadot nicht hinnehmen: "Warum kann eine Frau nicht klug, stark und sexy sein? Es geht beim Feminismus um die Gleichstellung von Mann und Frau. Ist man nicht Feminist, ist man Chauvinist."

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Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier kommentiert den Disput mit dem Blick eines Realisten: "Die Ernennung dieser Figur zur UNO-Botschafterin war keine kluge Idee, denn die Figur entspricht dem Idealbild einer Frau, an dem Frauen oft zugrunde gehen. Die Darstellerin im Film übt durch ihr Aussehen einen großen Druck auf junge Mädels aus. Das ist reaktionär."

Dagegen sieht Psychotherapeut Christoph Sindelar den Erfolg der Gestalt positiv: "Wir sind ja von einer Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann noch weit entfernt. Frauen, die in der Arbeitswelt erfolgreich sein wollen, können nicht unbedingt so sein, wie sie wollen. Sie kleiden sich in Blazer und Hosen, verhalten sich männlich. Wollen Frauen als Frauen wahrgenommen werden, werden sie meist oft nicht als gleichberechtigt anerkannt. Wonder Woman aber vereint beides."

Eines der stärksten feministischen Argumente des Films aber ist Regisseurin Patty Jenkins, eine der wenigen Frauen Hollywoods, die sich in dieser Profession durchsetzen konnten: "Eine Figur, die nicht nur stark und kämpferisch, sondern auch wunderschön ist, war damals revolutionär“, rühmt sie und fügt hinzu: "Leider können die Leute damit noch immer nicht umgehen." Wonder Woman wird noch manchen Kampf austragen müssen.