FIFA Fußball-WM 2014:
Niederlande schlägt Spanien mit 5:1

Titelverteidiger geht gegen Vize-Weltmeister in Führung und dann völlig unter

Titelverteidiger Spanien hat zum Auftakt der Fußball-WM in Brasilien eine Blamage erlitten. Der Weltmeister verlor am Freitag gegen die Niederlande gleich mit 1:5 (1:1). Robin van Persie (44., 72.), Arjen Robben (53., 80.) und Stefan de Vrij (64.) sorgten in Salvador de Bahia für klare Verhältnisse.

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Gruppe B - FIFA Fußball-WM 2014:
Niederlande schlägt Spanien mit 5:1

Damit gelang den Niederländer auch eindrucksvoll eine Revanche für das WM-Finale vor vier Jahren. Im Juli 2010 hatten sich die Spanier im Endspiel in Johannesburg mit 1:0 nach Verlängerung durchgesetzt. Diesmal wurden die Spanier jedoch nach der Pause von den entfesselten Van Persie und Robben gedemütigt, vor allem die vor wenigen Wochen noch gefeierten Champions-League-Sieger Iker Casillas und Sergio Ramos waren völlig von der Rolle.

Nur in der Anfangsphase wurden Erinnerungen ans Finale vor vier Jahren geweckt. Damals war Robben alleine aufs spanische Tor gelaufen und an Casillas gescheitert, diesmal wurde Wesley Sneijder vom spanischen Goalie zunächst noch entzaubert (8.). Casillas war einer von gleich sieben Spaniern, die im Endspiel 2010 und auch am Freitag in der Startelf von Teamcoach Vicente del Bosque standen.

Diego Costa holt Elfer heraus

Neu bei den Iberern war hingegen u.a. der nach einer Oberschenkelblessur rechtzeitig fit gewordene Diego Costa. Der gebürtige Brasilianer wurde bei jeder Ballberührung gnadenlos ausgebuht und bei seiner ersten Offensivaktion von seinem Spezialbewacher Ron Vlaar gestoppt (13.). Nach rund einer Viertelstunde übernahmen die Spanier kurz das Kommando.

Diego Costa holte dann nach nur 26 Minuten seines ersten Pflichtspiels für Spanien gleich einen Elfmeter heraus. Der Stürmer von Atletico Madrid ging nach einem Tackling von De Vrij zu Boden, Referee Nicola Rizzoli zeigte auf den Elferpunkt. Der Italiener sorgte damit für die nächste zumindest diskussionswürdige Entscheidung. Xabi Alonso trat an und verwertete flach ins linke Eck zum 1:0 (27.).

Statt 2:0 kommt das 1:1

Die Abwehr der "Oranjes" war vor allem bei Lochpässen immer wieder anfällig, doch David Silva scheiterte mit einem lässigen Lupfer an Tormann Jasper Cillessen (43.). Im Gegenzug gelang den Niederländern der Ausgleich. Nach weiter Flanke von Daley Blind entwischte Van Persie seinem Gegenspieler Ramos und setzte einen spektakulären Flugkopfball aus zwölf Metern über den verdutzten Casillas zum 1:1 ins Tor (44.).

Van Persie ist somit der erste Niederländer, der bei drei verschiedenen WM-Endrunden (2006, 2010, 2014) getroffen hat. Die Niederländer rochen nun Lunte und schlugen kurz nach dem Wechsel neuerlich zu. Wieder lieferte Blind mit einem perfekt getimten Diagonalpass die Vorlage. Robben nahm den Ball elegant an, ließ Gerard Pique aussteigen und schoss den von Ramos abgefälschten Ball zum 2:1 ein (53.).

Casillas ein Schatten seiner selbst

Die Niederländer waren danach wie entfesselt, Van Persie knallte den Ball an die Latte (60.). Wenig später war Casillas aber zum dritten Mal geschlagen. Bei einer Freistoß-Flanke von Sneijder von der linken Seite kam der spanische Tormann nicht an den Ball, wurde dabei aber von Van Persie im Fünfmeterraum gecheckt. Am langen Eck wartete De Vrij und drückte den Ball per Kopf über die Linie (64.).

Dann leistete sich Casillas ein peinliches Blackout, ein harmloser Rückpass sprang ihm viel zu weit vom Fuß, Van Persie war zur Stelle und rollte zum 4:1 ein (72.). Doch es war für die Spanier noch lange nicht ausgestanden. Robben sprintete der gesamten spanischen Defensive davon, narrte Ramos und Casillas und schoss wuchtig zum 5:1 ein (80.).

Auch 2010 erstes Spiel verloren

Beim Gewinn der EURO 2012 hatten die Spanier übrigens im gesamten Turnierverlauf nur ein Gegentor hinnehmen müssen. Im Finish verhinderte Casillas dann ein noch höheres Debakel.

Selbst "Oranje"-Teamchef Louis van Gaal, der für die Systemumstellung weg vom legendären 4-3-3 hart kritisiert worden war, konnte sein Glück kaum fassen. Die Spanier stehen hingegen bereits vor dem zweiten Match unter Druck. Das waren sie aber auch 2010, damals hatte es zum Auftakt ein 0:1 gegen die Schweiz gegeben.

Stimmen zum Spiel:

Vicente de Bosque (Spanien-Teamchef): "So ist der Sport. Wir haben verloren und das müssen wir akzeptieren. Wir waren vor der Pause besser, die Niederlande danach. Wir haben nach der Pause leider viele Fehler gemacht, das muss man zugeben. Nach ihrem Führungstreffer wurden die Niederländer von der Euphorie getragen, wir waren hingegen verunsichert. Das hat aber mit Physis nichts zu tun. Wir haben uns selbst in diese schwierige Situation gebracht, jetzt müssen wir diese Lage gemeinsam lösen. Das heißt, wir müssen das nächste Spiel gegen Chile gewinnen, das wird schwierig genug."

Andres Iniesta (Spanien-Mittelfeldspieler): "Bei 1:1 haben wir noch Chancen gehabt, aber am Schluss waren die Niederländer einfach wesentlich stärker. Das Resultat ist, wie es ist. Wir müssen das Spiel analysieren, dann schnell vergessen und uns auf Chile konzentrieren. Bei einer WM kann so etwas passieren. Wir müssen jetzt schauen, die nächsten zwei Spiele zu gewinnen. Wenn man so ein Resultat hat wie die Niederländer, ist es leicht zu spielen, für uns ist es unheimlich kompliziert."

Robin van Persie (Niederlande-Stürmer): "Es ist einfach unglaublich, unerklärlich, unbeschreiblich. Das ist ein Traum für unser ganzes Land. Aber es sind auch nur drei Punkte, das ist die Realität."

Arjen Robben (Niederlande-Stürmer): "Ich habe immer sehr viel Vertrauen in diese Mannschaft gehabt. Wir können schon Fußball spielen, wir müssen uns das aber zutrauen. Physisch sind wir sehr gut drauf, das hat sich nach der Pause ausgezahlt. Für solche Spiele lebt man. Jetzt heißt es für einige Stunden genießen, genießen, genießen. Aber wir müssen mit zwei Füßen auf dem Boden bleiben und unseren Fokus aufs nächste Match gegen Australien richten."

Louis van Gaal (Niederlande-Teamchef): "Natürlich habe ich dieses Ergebnis nicht erwartet. Aber ich habe erwartet, dass wir diese Art von Toren erzielen. Wir haben die Spanier perfekt ausgekontert."

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