Spanien scheitert im
Elfer-Krimi an Russland

Gastgeber Russland steht überraschend im Viertelfinale der Fußball-WM. Die Russen setzten sich am Sonntagnachmittag im Achtelfinale in Moskau gegen Spanien im Elfmeterschießen mit 4:3 durch. Nach der regulären Spielzeit und der Verlängerung war es jeweils 1:1 gestanden. Russlands Torhüter Igor Akinfejew parierte im ersten Elferschießen dieser WM die Versuche von Koke und Iago Aspas.

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Fußball-WM - Spanien scheitert im
Elfer-Krimi an Russland

Die Spanier gingen durch ein Eigentor von Russlands Rekord-Nationalspieler Sergej Ignaschewitsch (12.) vor 78.011 Zuschauern erwartungsgemäß in Führung, ein Elfmetertor von Artjom Dsjuba (41.) nach einem Handspiel von Gerard Pique hielt die Gastgeber aber im Spiel. Im Elfmeterschießen scheiterten Koke und Iago Aspas an Igor Akinfejew. Aufseiten der Russen zeigten Fedor Smolow, Ignaschewitsch, Aleksander Golowin und Denis Tscheryschew keine Nerven. Spaniens David de Gea konnte keinen Versuch parieren.

Fortsetzung des Favoritensterbens

Die Iberer hatten zwar mehr als 70 Prozent Ballbesitz, spielten mehr als 1.000 Pässe, wirkten aber über weite Strecken ideenlos und hatten auch nur wenige echte Topchancen. Für sie ging damit eine Negativserie weiter, sie haben auch im fünften Versuch gegen einen Gastgeber bei einer WM nicht gewonnen.

Fortgesetzt wurde dadurch auch das Favoritensterben 2018, nachdem es zuvor bereits Titelverteidiger Deutschland, Europameister Portugal und Argentinien erwischt hatte. Russland ist der dritte Viertelfinalist nach Frankreich und Uruguay, der Gegner der Truppe von Teamchef Stanislaw Tschertschessow wurde noch am Sonntagabend ermittelt.

Kurioser Beginn mit russischem Eigentor

Spaniens Teamchef Fernando Hierro überraschte mit seiner Aufstellung alle. Mittelfeld-Regisseur Andres Iniesta drückte zu Beginn nur die Bank, für ihn kam Reals Marco Asensio zum ersten Mal im Turnier zu einem Startelfeinsatz. Als Rechtsverteidiger bekam Nacho, der in der Auftaktpartie gegen Portugal gespielt hatte, vor Dani Carvajal den Vorzug. Die Russen setzten erstmals bei der Heim-WM auf eine Fünferkette, der dreifache Turniertorschütze Tscheryschew blieb vorerst draußen.

Die Partie nahm in der Anfangsphase den erwarteten Lauf - sehr zur Freude des spanischen Königs Felipe VI., der auf der Tribüne mitfieberte. Nach einem Asensio-Freistoß beförderte Ignaschewitsch unglücklich mit der Hinterseite seines Fußes den Ball noch vor dem einschussbereiten Sergio Ramos ins eigene Gehäuse. Es war bereits das zehnte Eigentor bei der laufenden WM, für Russland schon das zweite nach jenem von Tscheryschew beim 0:3 gegen Uruguay.

Ignaschewitsch sicherte sich damit einen neuen unrühmlichen Rekord, er avancierte mit 38 Jahren und 352 Tagen zum ältesten WM-Eigentorschützen. Der Abwehrspieler löste den bisherigen Rekordhalter Noel Valladares aus Honduras (37 Jahre 43 Tage/0:3 gegen Frankreich am 15. Juni 2014) ab.

Spanier nutzen Momentum nicht aus

Anstatt nachzusetzen begnügten sich die Spanier in der Folge damit das Spiel zu kontrollieren, den Ball laufen zu lassen. Der Endzweck fehlte dabei völlig. Die Russen liefen dem runden Leder fast nur hinterher, kamen in den letzten zehn Minuten vor der Pause aber etwas besser zur Geltung. Bei einem Golowin-Schuss von der Strafraumgrenze wurde die "Sbornaja" erstmals gefährlich (36.).

Der Ausgleich lag insgesamt zwar nicht in der Luft, fiel dank Mithilfe des Favoriten aber gleich darauf. Einen Dsjuba-Kopfball wehrte Pique im Strafraum klar ersichtlich mit der Hand ab, und Dsjuba ließ sich die Chance vom Punkt nicht entgehen, verwertete souverän. Es war sein dritter Turniertreffer. Die Spanier bekamen die Rechnung für ihr Ballgeschiebe ohne jeglichen Zug zum Tor präsentiert. Es war einer von mehreren Aussetzern der bisher im Turnier immer wieder anfälligen Defensive der Iberer.

Die Hierro-Truppe hatte auch nach dem Seitenwechsel ein klares spielerisches Übergewicht, gezaubert wurde aber keinesfalls. Der russische Abwehrriegel konnte kaum überwunden werden, das Gefährlichste war lange Zeit ein Alba-Abschluss, bei dem Akinfejew auf dem Posten war (47.). In der Schlussphase wurde der Druck der Spanier aber auch dank des in Minute 67 eingewechselten Iniesta doch noch größer. Iniesta fand bei einem Schuss in Akinfejew seinen Meister, auch der Nachschuss von Iago Aspas fand nicht den Weg ins Tor (85.). Die letzte Aktion in der regulären Spielzeit hatten die Russen, Smolow verfehlte das Gehäuse.

Farblose Verlängerung, umstrittene Schlussphase

In der Verlängerung waren bei einsetzendem starken Regen Highlights neuerlich Mangelware. Rodrigo scheiterte an Akinfejew, Carvajals Nachschuss wurde geblockt (109.). Den Russen stand auch etwas Glück zur Seite. Bei einem Freistoß in der Schlussphase wurden Pique und Ramos stark am Trikot gezogen, Schiedsrichter Björn Kuipers ließ nach Studium der Aktion durch die Videoreferees aber weiterspielen.

Deshalb fiel die Entscheidung im Elfmeterschießen. Danach konnte Russland das erste Achtelfinale bei einer WM seit 32 Jahren (damals noch als Sowjetunion) erfolgreich beenden. Das Luschniki bleibt ein guter Boden, dort hatte der Gastgeber auch das Eröffnungsspiel gegen Saudi-Arabien mit 5:0 gewonnen.