Geplatzter WM-Traum:
Naht Kollers Abschied?

Der Schweizer wird bereits mit Rapid in Verbindung gebracht

Mit dem 1:1 in Wien gegen Georgien sind nicht nur die Chancen der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft auf eine WM-Teilnahme gegen den Nullpunkt gesunken. Es kündigt sich auch das Ende einer Ära an. Nach fast sechs Jahren im Amt steht Marcel Koller vor dem Abschied als ÖFB-Teamchef. Ein Nachfolge-Job dürfte Gerüchten zufolge bereits in Griffweite sein, denn der Schweizer wird als neuer Rapid-Trainer gehandelt.

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Fussball - Geplatzter WM-Traum:
Naht Kollers Abschied?

Unmittelbar nach dem Schlusspfiff wollte sich der Schweizer nicht konkret zu seiner Zukunft äußern. Es deutet aber vieles darauf hin, dass er in den abschließenden WM-Qualifikationsspielen am 6. Oktober in Wien gegen Gruppe-D-Spitzenreiter Serbien und am 9. Oktober in Chisinau gegen Schlusslicht Republik Moldau nicht mehr auf der Bank sitzt.

»Ich denke schon, dass es noch vor den Oktober-Spielen Klarheit gibt«

Die Entscheidung darüber dürfte in einem Gespräch zwischen Koller, ÖFB-Präsident Leo Windtner und Sportdirektor Willi Ruttensteiner fallen, das wohl in den kommenden Tagen steigt. "Ich denke schon, dass es noch vor den Oktober-Spielen Klarheit gibt", sagte Koller. Der enttäuschende Auftritt seiner Kicker gegen Georgien werde seine weiteren Planungen nicht wesentlich beeinflussen. "Ich glaube nicht, dass man das von einem Spiel abhängig machen soll. Ich möchte mir zuerst ein paar Gedanken machen, was gut und schlecht ist. Man muss sich zusammensetzen und austauschen, ich weiß ja auch gar nicht, was der ÖFB will."

Von Windtner und Ruttensteiner gab es dazu nach der Partie keine öffentlichen Stellungnahmen. Dafür hatte Vorarlbergs Landeschef Horst Lumper, der im ÖFB-Präsidium nicht gerade als Rivale von Windtner gilt, bereits vor dem Match in einem ORF-Interview die Tendenz zu einer baldigen Trennung von Koller und eine Präferenz für Andreas Herzog als dessen Nachfolger erkennen lassen.

»Aktuell gibt es keine Angebote«

Derlei Spekulationen lassen Koller relativ kalt. "Es ist wichtig, ruhig zu bleiben und sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren." Dennoch spricht einiges dafür, dass sich Koller nach 52 Länderspielen (23 Siege, 13 Remis, 16 Niederlagen/Torverhältnis 77:56) ein neues Betätigungsfeld suchen wird - egal ob auf Club- oder Nationalteam-Ebene. "Aber aktuell gibt es keine Angebote. Die Saison hat erst angefangen, der Herbst ist dafür eine schwierige Zeit. Vorher gab es die eine oder andere Anfrage, doch ich habe keine Ausstiegsklausel im Vertrag."

Djuricin-Nachfolger bei Rapid?

Trotz der "schwierigen Zeit" könnte es für Marcel Koller jedoch bald einen neuen Job geben. Gerüchten zufolge ist der Schweizer als Rapid-Trainer im Gespräch. Sein Schweizer Landsmann Fredy Bickel, seines Zeichens Rapid-Sportchef, solle sich dies wünschen, wurde angeblich im VIP-Club des Happel-Stadions gemunkelt. Dass Goran Djuricin nach den Misserfolgen der letzten Wochen und der Spuckaffäre angezählt ist, ist kein Geheimnis, doch stünde Marcel Koller tatsächlich als Nachfolger zur Verfügung?

Für Koller selbst sind derlei Spekulationen um seine Zukunft - offiziell - derzeit noch kein Thema. Er meinte nur: "Für mich ist wichtig, dass eine Mannschaft kommt, die eine gewisse Qualität hat." Ob das auch für das ÖFB-Team zutrifft? "Vor sechs Jahren war das ein Grund, dass ich hier zugesagt habe", erklärte der Nationaltrainer.

»Ich erkenne keine Müdigkeit, dass ich sage, ich bin leer oder ausgepumpt«

An Energie mangelt es Koller nach eigenen Angaben nicht. "Ich erkenne keine Müdigkeit, dass ich sage, ich bin leer oder ausgepumpt. Ich liebe den Fußball, kann sieben Tage die Woche mit Fußball arbeiten und mir wird nicht langweilig."

Ziel nicht erreicht zu haben "tut weh"

Müdigkeit verspürt Koller zwar keine, doch die Enttäuschung über die verpatzte WM-Qualifikation nagt am 56-Jährigen. "Wenn man ein Ziel nicht erreicht hat, tut das weh. Ich brauche dann ein paar Tage, bis ich das verarbeitet habe", erklärte Koller und ergänzte: "Wenn man 40 Jahre im Fußball ist, hat man nicht nur Erfolge."

Diese bittere Erfahrung musste der Nationaltrainer zuletzt bei der EURO 2016 und dann in der WM-Qualifikation machen. Dabei hatte Koller bis vor wenigen Tagen an einen Startplatz bei der Endrunde in Russland geglaubt. Erst nach dem 0:1 in Wales sei er sich im Klaren darüber gewesen, dass es mit Österreichs erster WM-Teilnahme seit 1998 nichts mehr wird.

Arrivierte ÖFB-Spieler trotz Negativlauf für Koller-Verbleib

Die arrivierten Spieler des österreichischen Fußball-Nationalteams halten Teamchef Marcel Koller trotz des jüngsten Negativlaufs die Stange. Viele wichtige Akteure wünschen sich einen Verbleib des Schweizers, dessen Zukunft sich wohl noch vor den beiden nächsten Länderspielen Anfang Oktober entscheiden wird. "Er hat es sich verdient, weiter unser Trainer zu sein", meinte etwa Marko Arnautovic. Koller habe sich Respekt verdient. "Wenn ich lese, 'Trainer raus' oder so, da bekomme ich so einen Hals", holte der Offensivstar zu einer unmissverständlichen Geste aus.

"Der Trainer hat damit nichts zu tun. Der Trainer hat gute Arbeit geleistet", betonte Arnautovic. "Der Trainer spielt nicht. Wir sind die, die auf dem Platz stehen." Ähnlich sah das Kapitän Julian Baumgartlinger: "Wir sind in der Verantwortung, ganz klar. Weil wir die Tore nicht gemacht haben und die Punkte nicht geholt haben. Wenn das nicht der Fall ist, dann wird immer über einen Trainer diskutiert."

»Wir hoffen natürlich, dass er bleibt. Er hat uns nichts Schlechtes gemacht, es ist auch nichts vorgefallen«

Die Entscheidung müssen die ÖFB-Spitze und Koller selbst treffen. In den nächsten Tagen dürfte es ein klärendes Gespräch geben. "Wir hoffen natürlich, dass er bleibt. Er hat uns nichts Schlechtes gemacht, es ist auch nichts vorgefallen", erklärte Arnautovic. "Er ist seit sechs Jahren hier bei dieser Mannschaft, er hat viel geschafft. Jetzt geht es eben gerade nicht. Wir denken gar nicht an das, dass er irgendwie geht oder rausgeworfen wird."

Zumindest bis zum Gespräch herrscht vor dem abschließenden WM-Quali-Doppel gegen Serbien (6. Oktober) und in der Republik Moldau (9. Oktober) auf dem Trainersektor Ungewissheit. "Wir alle können damit umgehen, weil es Tagesgeschäft ist. Wir kennen das vom Verein und vom Nationalteam", sagte Baumgartlinger. Ob Koller selbst noch wolle? "Wenn ich mir das Feuer anschaue, mit dem er uns vorbereitet hat, dann habe ich schon das Gefühl."

Ein neuer Teamchef würde wohl wieder bei null beginnen

Mit einem neuen Teamchef müsste man nach sechs Jahren Aufbauarbeit möglicherweise wieder bei null anfangen. "Wir wissen, was wir an ihm haben", betonte der ÖFB-Kapitän. Einen kleinen Umbruch im Kader gab es aber auch bereits unter Koller. Die Rechtsverteidiger-Position etwa wurde binnen weniger Monate mit Stefan Lainer und Moritz Bauer zweimal neu besetzt. "Es wird seine Zeit brauchen", meinte Baumgartlinger.

Entscheidung dauert noch

Die Entscheidung über die Zukunft Kollers dürfte noch länger auf sich warten lassen. Ein Gesprächstermin zwischen dem Schweizer und der ÖFB-Spitze stand am Mittwochnachmittag noch nicht fest, soll aber in den kommenden Tagen fixiert werden, bestätigte ÖFB-Präsident Leo Windtner gegenüber der APA.

Über die Ergebnisse dieser Unterredung wird Windtner dann am 15. September im Rahmen einer ÖFB-Präsidiumssitzung berichten. Spätestens an diesem Tag sollte also Klarheit darüber herrschen, wie es mit Koller weitergeht.