Weißer Rausch -
in feinstem Powder

Tipps für Freerider

Wem Skifahren oder Boarden auf der Piste zu fad oder zu überlaufen ist, dem kann geholfen werden: Freeriden im freien Gelände und weitgehend unberührter Natur findet immer mehr Anhänger. Gute Möglichkeiten dazu finden sich in Ischgl und in Kappl im Paznaun.

von Unberührte Natur - Weißer Rausch -
in feinstem Powder © Bild: Tourismusverband Paznaun - Ischgl

Das Naturerlebnis in ruhiger, unberührter Winterlandschaft, ein Aufstieg mit oder ohne Fellen auf den Skiern, der Aufenthalt auf einem Berggipfel und die anschließende Abfahrt durch unverspurte Tiefschneehänge ist etwas Besonderes -ein Genuss, in den man nicht alle Tage kommt. Schon gar nicht auf einer womöglich noch überfüllten Skipiste, sondern nur abseits davon: Nicht umsonst wird Freeriden im Gelände immer beliebter.

Champagne-Powder wie in den USA - also besonders weicher und trockener Pulverschnee -findet man hierzulande zwar so gut wie nie, doch das tut den Möglichkeiten zum Powdern in Österreich keinen Abbruch. Etwa im Tiroler Skigebiet Ischgl, das sowohl für Freeride-Anfänger als auch Fortgeschrittene und Könner ideal ist. Dort kann man sowohl auf der österreichischen als auch Schweizer Seite ganz easy neben den 226 Kilometern Pisten einen Abstecher ins Gelände machen und sich an das Profitum herantasten.

Für Anfänger und Könner

Somit keine Spur von langen, anstrengenden Aufstiegen, die bei ausgefalleneren Touren unvermeidlich sind, wie der Autor von einer Verkühlung beeinträchtigt schwitzend und schnaufend am eigenen Körper erfahren musste. Aber auch die sind in Ischgl möglich: Man nimmt einfach an einigen Lift-Bergstationen einen viertel-oder halbstündigen Weg auf einen Bergrücken und fährt von dort ab. Dann ist das Freeride-Erlebnis noch intensiver. "Die Vielfalt ist sowohl für Profis - zum Beispiel in Richtung Samnaun - als auch für Anfänger, die vielleicht nur einmal Tiefschnee-Schnuppern wollen, enorm", beschreibt Ischgler Tourismuschef Andreas Steibl die Möglichkeiten des mehr als 20 Kilometer langen Freeride-Areals: "Vor allem ist man oft sehr schnell im Freeride-Raum und wenn es zu anstrengend wird, auch schnell wieder draußen."

© Stefan Kuerzi Freeride-Könner nehmen auch längere Anstiege für eine außergewöhnliche Route auf sich. Eine gute Kondition ist dafür aber nötig

Etwa im Gebiet um den 2.812 Meter hohen Piz Val Gronda, mit seinen weiten Hängen, verspielten Kuppen und Mulden, die besonders gut für all jene geeignet sind, die noch keine jahrzehntelange Erfahrung mitbringen. Der Einstieg befindet sich zudem fast direkt neben der Piste - optimal zum Üben; inklusive eines tollen Panoramablicks auf das Fimbatal und den Hohen Riffler. Hinauf geht es mit der Piz-Val-Gronda-Seilbahn - und dann 900 Höhenmeter hinunter bis zur Gampenalp.

Individualisten unter den Skifahrern und Snowboardern werden dagegen eher das Gebiet Ravaischer Salaas, das mit zahlreichen Überraschungen aufwartet, bevorzugen: Der Einstieg kann, je nach Niveau, selbst bestimmt werden. Es geht über weitläufige Hänge, durch schmale Rinnen und durch eine Schlucht bis nach Samnaun in der Schweiz. Sogar ein Wasserfall liegt auf der Route, bei der eine Höhendifferenz von 945 Metern bewältigt wird. Und das bei einer Aufstiegsdauer von nur fünf bis zehn Minuten, je nach Startpunkt.

Kleiner, aber ruhiger

Wem es in Ischgl trotz aller Weite aber noch immer zu eng oder voll ist, dem empfiehlt sich ein Abstecher ins nahegelegene Skigebiet Kappl. Das ist zwar kleiner und auch besonders familienfreundlich, bietet aber nichtsdestotrotz ebenso attraktive Möglichkeiten fürs Fahren abseits der präparierten Pisten. Und ein wunderbares Bergpanorama gibt es gratis dazu.

Fast alle Freeride-Hänge sind von der Bergstation der Alblittkopf- bzw. Alblittbahn aus zu erreichen -darunter vier rote Skirouten und die schwarze Route "Hartlas Extrem". An der Bergstation der Diasbahn informiert eine Freeride-Infotafel über aktuelle Lawinenwarnstufen, die Schneehöhe und Temperatur; am LVS-Checkpoint lässt sich der Funktionstest des Lawinenpiepsers durchführen.

In Kappl findet jedes Jahr übrigens der Freerider-Wettbewerb "Open Faces" statt. Ein echtes Spektakel, das heuer vom 10. bis 12. Jänner bei Traumwetter über die Bühne ging - und Lust auf das Abenteuer im Schnee machte. Damen und Herren stürzen sich wagemutig vom schroffen Gipfel der berühmt-berüchtigten Quellspitze von 2.800 Metern zwischen den Felsen mit rasanten Schwüngen und springend in die Tiefe. Sogar eine Jugendklasse für 14- bis 18-jährige Teilnehmer gibt es -früh übt sich, wer ein Profi werden will. Die Public Area im Bereich der Kanonenabfahrt war gut besucht: Gab es dort doch neben freier Sicht auf Runs und Rider launige Moderationen und chillige Musik sowie eine Liveübertragung des u. a. von - Überraschung - Red Bull gesponserten Events.

Kurse für Einsteiger

Das Nachahmen solcher halsbrecherischen Aktionen ist aber nur Könnern zu empfehlen -und auch dann nur bedingt. Und Achtung: Wer nicht nur neben der Piste im Pulver unterwegs ist, sondern wirklich im freien Gelände, sollte dies nur mit entsprechender Ausrüstung -Lawinenpieps, Sonde, Schaufel und Lawinen-Airbag - tun sowie die Lawinen-Warnhinweise unbedingt beachten. Und wer das Gelände nicht kennt, darf auf einen ortskundigen Guide nicht verzichten.

Für Einsteiger und Fortgeschrittene bieten die Skischulen in Ischgl und Kappl auch Ein- bzw. Mehrtages-Freeride-Kurse an. Eine Investition, die sich mit Sicherheit bezahlt macht.

© Günter Fritz

Mein Tipp: Für den Genuss nach dem anstrengenden Abstecher ins Gelände warten im Skigebiet Ischgl zwölf Skihütten und im Ort 15 Après-Ski-Lokale. Zum Beispiel das Kitzloch, in dem man auch gut essen kann.

Der Beitrag erschien ursprünglich im News 07/2020.