Warum sind Frauen stutenbissig und gehen Männer auf ein Bier?

Noch immer ist die Konkurrenz zwischen Frauen ein gefährlich heißes Eisen. Warum aber fühlen sich Frauen von Frauen bedroht, während sich Männer verbünden und Konflikte offen austragen?

von Liebes Leben - Warum sind Frauen stutenbissig und gehen Männer auf ein Bier? © Bild: Nathan Murrell

Jeder kennt Filme wie "Der Teufel trägt Prada". Und landläufig etablierte Begriffe wie Zickenkrieg und Stutenbissigkeit, die für die Beziehungskultur von Frauenstehen. Und jede Frau weiß, dass sie mit einem attraktiven Äußeren, besonderen Fähigkeiten und sonstigen Gaben der Natur bei weiblichen Kolleginnen nicht nur Begeisterung auslöst. Allerdings kommt es nicht leicht zur offenen Kampfansage. Frauenrivalität ist häufig subtil, dem soziokulturellen Klischee weiblicher Contenance, Sanftheit und Zurückhaltung entsprechend. Anders gesagt, der Schlag kommt aber von hinten herum.

Gerda flüstert mit Marion im Büro, wo sie seit Jahren einen guten Job machen: "Hast du die gesehen? Eine richtige Wichtigtuerin." Ein Musterbeispiel weiblicher, sagen wir mal provokativ: "Antisolidarität". Der neuen Kollegin wird zur Sicherheit keine Chance gegeben, um Macht zu demonstrieren und sich vorsorglich kampfbereit zu zeigen. Ist das perfide oder evolutionsbiologisch vorgegeben, damit "frau" sich die Monopolstellung sichert? Viele Damen fühlen sich schon durch das bloße Erscheinen einer Geschlechtsgenossin abgewertet. Dahaben wir's nun! Frau fühlt sich durch Frau in Frage gestellt und bedroht: Die andere könnte besser, schöner, beliebter und erfolgreicher sein. Also weg mit ihr. Sagen Sie jetzt, ich übertreibe. Und wenn Sie eine Frau sind, ist das durchaus psychologisch begründbar, warum Intrigenspiele zwischen Frauen meistens unbewusst sind, backstage und undercover geschehen. Wir Frauen sind eigentlich ja so erzogen, aggressionsgehemmt zu sein. Wir sind darauf konditioniert, dass wir tugendhaft lächeln und dass negative Emotionen in unserem lieben Leben nichts, aber auch gar nichts zu suchen haben. Kurzum: Wir leben, um lieb zu sein. Und angepasst. Mädchen sind artig und leise, um als brave Mädchen zu gelten. Wer heraussticht, ist eine selbstsüchtige und frustrierte Zicke oder macht sich über Gebühr wichtig, wird als Mannweib oder manipulativer Vamp, der sich in der Männerwelt skrupellos hochgeschlafen hat, abgestempelt. Buben dürfen sich aneinander messen und im Schlamm toben. Mädchen oh mein Gott! Nach dieser kritischen Analyse blicken wir auf mögliche Lösungen: Frauen, die sich zu mir zum Coaching oder in Therapie begeben, lernen Schritt für Schritt, ihre Ängste aufzudecken und untereinander furchtlos, fair und loyal zu sein.

Nicht wie Gerda und Marion, für die jede neue Kollegin ein rotes Tuch war. Anstatt andere Frauen wie eine Gefahr zu meiden beziehungsweise ihnen nach außen hin schönzutun, aber hinter dem Haifischlächeln die Messer zu wetzen und an Kampfstrategien zu feilen, können Frauen untereinander aber was nun konkret anders machen? Na ja, wie wäre es damit: einander mit Fairness und Offenheit begegnen. Und mit unvoreingenommener Einfühlsamkeit. Jede tritt irgendwann als die andere" in ein berufliches oder privates System ein.

Und würde sich über mitmenschliche Wärme und, wenn das schon nicht, so doch ehrliches Interesse an ihrem Sein und Werden freuen. Wer andere abwertet, um sich aufzuwerten, leidet an einem gewaltigen Selbstwertproblem. Ab jetzt, wenn Sie mir bis hierhin folgen konnten, sollten wir es in diesem Fall mal ausnahmsweise den Männern gleichtun und nachziehen in Sachen Loyalität. Frauen dürfen das Tabu des kleinen Mädchens brechen: und offen Aggression zeigen im Sinne von: "Reden wir darüber, bis wir das geklärt haben, was da zwischen uns steht." Die Dinge beim Namen nennen. Wir brauchen nicht unbedingt auf ein Glas Bier zu gehen, um das Eis zu brechen, wie Männer das in Konfliktsituationen gern tun. Dürfen wir aber, weil wir große Mädchen sind und keine Angst vor Konkurrenz haben müssen. Sondern daran wachsen können. Und ganze Frauen sein, die nicht immer nur lieb sein müssen. Sondern sie selbst sein und zueinander ehrlich sein dürfen. Ganz ehrlich.

Prof. Mag. Dr. Monika D. Wogrolly, Philosophin und Psychotherapeutin
Haben Sie noch Fragen? Schreiben Sie mir bitte: praxis@wogrollymonika.at