Zwischen Sturm
und frischem Wind

Der gebürtige Mainzer Franco Foda ist Österreichs neuer Teamchef. Privat hat sich der 51-Jährige mit seiner Familie schon vor 20 Jahren hoffnungslos in Graz verliebt

von Sport - Zwischen Sturm
und frischem Wind © Bild: News/Michael Appelt

Irgendwie war es wohl Liebe auf den ersten Blick, als Franco und Andrea Foda im Sommer 1997 mit ihren beiden damals schulpflichtigen Buben nach Graz übersiedelten. Denn 20 Jahre später haben die Fodas in der steirischen Landeshauptstadt privat und beruflich tiefe Wurzeln geschlagen. Und ab sofort ist der 51-jährige gebürtige Mainzer und "Österreich-Deutsche" (Selbstbeschreibung) neuer Teamchef der rot-weiß-roten Fußballnationalmannschaft.

Die besondere Nahebeziehung seiner Familie zu Österreich und vor allem zu Graz beschreibt Franco Foda in einem News-Interview so: "Wir haben hier schon vor langer Zeit ein Haus gebaut und sind im wahrsten Sinn des Wortes in Graz heimisch geworden. Die Stadt ist sehr schön, und wir haben viele tolle und nette Menschen kennengelernt. Meine Frau und ich haben hier echte Freunde gefunden, auf die man sich auch in schwierigen Zeiten immer verlassen kann, unsere Söhne sind hier aufgewachsen, in die Schule gegangen, haben bei Sturm auch Fußball gespielt. Wenn sich die Familie in einer Stadt so wohl fühlt wie wir in Graz, dann geht natürlich auch die Arbeit leichter von der Hand."

»Wir sind hier im wahrsten Sinn des Wortes heimisch geworden«

Franco Foda über Graz und Österreich

Bezeichnend auch, dass die Familie selbst dann nicht mehr aus Graz wegziehen wollte, als Franco Foda 2012 einen Zweijahresvertrag beim deutschen Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern unterschrieb. Nach dem vorzeitigen Aus als Trainer in Rheinland-Pfalz kehrte Foda im Sommer 2013 aus der Pfalz umgehend in die "Heimat" nach Graz zurück und heuerte ein Jahr später wieder bei Sturm an.

"Glücksfall" für die Nationalmannschaft

Der frühere Sturm-Präsident Hannes Kartnig hält Franco Foda jedenfalls für einen "Glücksfall" für die Nationalmannschaft: "Ich habe ihn als geradlinigen, hart arbeitenden Fußballer und Trainer in Erinnerung, der genau weiß, was er will. In erster Linie ist er aber ein grundehrlicher Mensch, dem es immer um den Fußball gegangen ist und nicht ums Geld. Von seiner Art gibt es in diesem Geschäft leider nicht viele, wenn überhaupt."

Schon als Spieler bei Kaiserslautern, Leverkusen oder Stuttgart galt Franco Foda als Vorzeigeprofi, aber auch als schwieriger Typ, weil er mit seiner Meinung gegenüber den Mannschaftskollegen oder dem jeweiligen Trainer selten hinterm Berg hielt. Gerade diese Eigenschaften qualifizierten ihn aber früh zum Führungsspieler. Auch in der erfolgreichen Sturm-Mannschaft unter Trainer Ivica Osim galt Franco Foda neben Klub-Ikone Ivica Vastić bald als der "heimliche Kapitän". Damit war der Weg in den Trainerberuf vorgezeichnet. Foda: "Ich war bei meinen Vereinen in Deutschland auch Mannschaftskapitän, da übernimmst du automatisch eine gewisse Verantwortung gegenüber deinen Mitspielern. Für mich war schon sehr früh klar, dass ich nach meiner Spielerkarriere im Trainerbusiness tätig sein will."

Der Fußballlehrer

Angefangen hat Franco Foda seine Trainerlaufbahn 2001 im Nachwuchs-und Amateurbereich, er war Leiter der Sturm-Nachwuchsakademie. Heute sagt er über diese Zeit: "Ich habe sozusagen ganz unten angefangen. Das war immens wichtig, weil man so am besten die Mechanismen des Trainerberufs kennenlernt. In Deutschland nennt man unseren Beruf ganz bewusst Fußballlehrer, weil man nicht nur im technisch-taktischen und konditionellen Bereich ausgebildet wird, sondern auch in Pädagogik und Methodik. Ein Trainer muss sich heute auch sehr viel mit dem Innenleben einer Mannschaft beschäftigen, muss auf die einzelnen Charaktere und Persönlichkeiten eingehen. Man muss daher mit jedem Einzelnen anders umgehen. Der eine braucht mehr Streicheleinheiten, der andere auch mal eine klare Ansage. Das ist für den Trainer ein ständiger Lernprozess. Heutzutage ist die Kommunikation das Um und Auf im Trainerberuf."

Teamchef im zweiten Anlauf

So schwer ihm der Abschied vom SK Sturm Graz fällt (Foda: "Neben meiner Frau ist dieser Klub die ganz große Liebe meines Lebens"), so sehr freut er sich auf die neue Herausforderung Nationalteam: "Es ist eine große Ehre und ich bin unheimlich stolz, dass sich der ÖFB letztlich für mich entschieden hat. Ich habe einen klaren Plan und freue mich schon auf die Arbeit mit den Teamspielern." Seinen Hauptwohnsitz in Graz-St. Peter wird der neue Teamchef natürlich beibehalten, an seinem neuen Dienstort Wien will er sich ein Apartment mieten, denn die 200 Autobahnkilometer täglich heim nach Graz sind ihm dann doch etwas zu viel.

Schon vor sechs Jahren stand Franco Foda ganz oben auf dem Dreiervorschlag für den Teamchefposten - neben Kurt Jara und Marcel Koller. Dass sich der Fußballbund damals für den Schweizer und gegen ihn entschieden hat, hinderte ihn nicht daran, einer jener Klubtrainer zu sein, mit denen sich Marcel Koller in den vergangenen Jahren am intensivsten ausgetauscht hat. Bei seiner Antrittspressekonferenz im Kempinski-Hotel am Wiener Schottenring vergaß Franco Foda auch nicht, darauf hinzuweisen, dass er von seinem Vorgänger "eine intakte Mannschaft" übernehme, der er in den nächsten zwei Jahren nun seinen ganz persönlichen Stempel aufdrücken wolle. Foda: "Ich will bei meiner Arbeit mit dem Nationalteam in jedem Fall authentisch bleiben und werde mich nicht verstellen, dafür aber alles dem Erfolg unterordnen."

Bis Jahresende steht Franco Foda noch bei Sturm Graz unter Vertrag, unterbrochen nur vom zehntägigen Teamtrainingslager im spanischen Marbella ab kommendem Montag, abgeschlossen mit einem Testspiel gegen Uruguay am Dienstag, 14. November, in Wien. "Der Tag hat 24 Stunden", spielt Franco Foda seine Doppelfunktion bis Jahresende herunter. Zur Entspannung kann er ja noch immer James Blunt hören, Fodas Lieblingssänger.