Freiheitliche fechten die BP-Wahl an

Strache: Ohne zahlreiche Unregelmäßigkeiten hätte Hofer Präsident werden können

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"Wir sind keine schlechten Verlierer, sondern da geht es um die Grundfesten der Demokratie, die gesichert sein müssen." Wer das anders sehe, dem müsse man den Vorwurf machen, dass er die Demokratie nicht ernst nehme. Nachdem eine Anfechtung durch die FPÖ bereits als sehr wahrscheinlich im Raum gestanden ist, hätten sich in den letzten Tagen zusätzliche Unregelmäßigkeiten aufgetan, die keinen anderen Schluss als eine solche zugelassen hätten. Das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten, die festgestellt worden seien, sei "mehr als erschreckend und mehr als relevant". Daher fühle sich der FPÖ-Chef dazu verpflichtet, die Stichwahl, in der ihr Norbert Hofer knapp Alexander Van der Bellen unterlag, anzufechten.

Die Anfechtung ist bereits beim Verfassungsgerichtshof eingelangt. Insgesamt drei Anfechtungen hat der FPÖ-Chef eingebracht. Eine durch ihn selbst, "eine von betroffenen Kandidaten und Wahlwerbern und eine eines Wählers und Bürgers". Strache spricht von "unzähligen technischen Unzulänglichkeit". In dem 150 Seiten starken Papier zeigt er etwa auf, dass in 94 von 117 Bezirkswahlbehörden Gesetzeswidrikeiten festgestellt worden wären. In 82 Bezirkswahlbehörden wären die Briefwahlkarten vor Eintreffen der Wahlkommission vorsortiert worden. Dabei wurden 31.814 als nichtig erklärt. In elf Bezirkswahlbehörden wären die Briefwahlkarten bereits vor Beginn der Auszählung geöffnet worden, in sieben wäre die Auszählung nicht durch die Bezirkswahlbehörde, sondern durch nicht zuständige Personen erfolgt.

Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer spricht von einem "fatal falschen und fehleranfälligen" System. Besonders schwerwiegende Mängel gebe es im Briefwahlsystem. Darüber hinaus stellt er die vorgegebenen Fristen in Frage, innerhalb derer die Feststellung möglicher Fehler bei der Auszählung sehr schwierig wäre. Insgesamt wären es, so Strache, 537.275 eingelangte Wahlkarten, bei denen man nicht sicherstellen könne, ob es bei deren Auszählung mit rechten Dingen zugegangen wäre. "Ohne die zahlreichen Pannen und Unregelmäßigkeiten" jedenfalls hätte Hofer dem FPÖ-Chef zufolge Präsident werden können.

Hofer sieht Chance "exorbitant hoch"

Der in der Stichwahl gescheiterte FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer hält die Wahrscheinlichkeit, dass seine Wahlanfechtung erfolgreich sein wird, für "exorbitant hoch". Die aufgezeigten Missstände dokumentierten einen "eklatanten Rechtsbruch", sagte er am Mittwoch vor Journalisten. "Es geht um eine halbe Million Stimmen, die nicht ordnungsgemäß erfasst worden sind."

Mit der Anfechtung habe er keine große Freude, so Hofer am Rande des Rechnungshof-Kandidatenhearings im Parlament, "aber mir bleibt nichts anderes übrig". Was die Konsequenz aus einer erfolgreichen Anfechtung wäre, müsse der Verfassungsgerichtshof entscheiden. "Eine Neuauszählung allein wird es nicht sein", meinte er. Und: "Wenn man das anerkennt, was vorgefallen ist, dann dreht es das Ergebnis."

Wie es nun weiter geht

Damit die Anfechtung der FPÖ vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) in der Sache geprüft wird, müssen die behaupteten Fehler geeignet sein, das Ergebnis der Hofburg-Stichwahl zu verändern - also deren Behebung dazu führen können, dass letztlich Norbert Hofer statt Alexander Van der Bellen Erster ist. Van der Bellen lag am 22. Mai um 30.863 Stimmen - und damit in Summe 50,35 Prozent - vorne. Dieses amtliche Endergebnis wurde am 1. Juni verlautbart, die FPÖ hatte eine Woche Zeit für die Anfechtung, die Frist endet heute, Mittwoch, um Mitternacht.

Liegen tatsächlich relevante Verstöße gegen die Wahlordnung - mit entscheidendem Einfluss auf das Ergebnis - vor, hat der VfGH das ganze Wahlverfahren oder genau bezeichnete Teile nichtig zu erklären, also aufzuheben. Jener Teil der Wahl, der rechtswidrig war, müsste dann wiederholt werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Abstimmung (auch nur in einzelnen Wahlbezirken oder etwa der Briefwahl) wiederholt werden muss. Möglich ist auch, dass andere Teile des Wahlverfahrens - also z.B. die Stimmenauszählung - wiederholt werden müssen.

Grüne: Hofer "schlechter Verlierer"

Nicht überrascht von der Wahlanfechtung der FPÖ zeigen sich die Grünen: Die Freiheitlichen hätten "wochenlang Weltverschwörungstheorien gezielt verbreitet", meinte der geschäftsführende Parlamentarier der Grünen, Dieter Brosz, am Mittwoch in einer Aussendung. Der unterlegene blaue Kandidat Norbert Hofer zeige sich damit als "schlechter Verlierer".

"Wer wochenlang Weltverschwörungstheorien gezielt verbreitet, möchte sich zum Schluss nach einer Abweisung der Anfechtung durch den Verfassungsgerichtshof auch noch als Opfer darstellen können", vermutet Brosz. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache habe "bewusst wiederholt von Wahlbetrug gesprochen, ohne auch nur einen einzigen konkreten Fall aufzeigen zu können, bei dem eine Stimme unrichtig gewertet worden wäre". Formale Abweichungen vom Wahlprozedere in einzelnen Wahlbehörden seien selbstverständlich in Zukunft abzustellen, aber kein Wahlbetrug, betonte Brosz.

Der Grüne glaubt, dass das wichtige demokratische Instrument der Wahlanfechtung "in diesem Fall für ein parteitaktisches Spiel" herangezogen werde. Die "Chuzpe" an dieser Vorgangsweise sei, dass Hofer die Niederlage zunächst eingestanden habe, "jetzt aber offenbar darauf spitzt, die Amtsgeschäfte des Bundespräsidenten gemeinsam mit der Ersten Präsidentin und dem Zweiten Präsidenten des Nationalrats zu übernehmen", kritisierte Brosz. Es wäre dem Dritten Präsidenten des Nationalrats in dieser Situation gut angestanden, die FPÖ zur Räson zu rufen, findet Brosz. "Stattdessen zeigt sich Hofer als schlechter Verlierer und ficht die Wahl sogar selbst an."

Tschürtz: "Erwarte mir nur Gerechtigkeit"

"Ich erwarte mir nur Gerechtigkeit - sonst nix", meinte am Mittwoch Burgenlands FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz am Rande einer Pressekonferenz zur Wahlanfechtung seiner Partei. "Dieses Briefwahlsystem birgt so viele Unsicherheiten in sich. Das demokratische Wahlrecht ist aus meiner Sicht nicht mehr gegeben", sagte er in Eisenstadt.

"Es muss gar nicht Abschaffen sein", so der blaue Landesparteichef und Landeshauptmannstellvertreter. Laut Tschürtz soll es weiterhin die Möglichkeit geben, mit der Wahlkarte in einem anderen Wahllokal zu wählen. Außerdem sagte er: "Mir geht es gar nicht darum, ob der Norbert Hofer Präsident wird oder nicht. Sondern diese Aufzählung, die wir bekommen haben, ist aus meiner Sicht wirklich sehr, sehr, sehr bedenklich." Daher sei es wichtig, dass diese Thematik "endlich wirklich" auf den Tisch komme.

Dass Hofer im Jahr 2020 Gerüchten zufolge als FPÖ-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl antreten werde, kommentierte er mit: "Das wäre eine sehr interessante Option". Ob dies denn mit seinem Segen erfolgen würde: "No na", so Tschürtz.

Zur Anfechtung der FPÖ äußerte sich auch Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ), der mit Tschürtz zur Pressekonferenz geladen hatte. Darabos bezeichnete die Tatsache, dass die SPÖ keinen Kandidaten in die Bundespräsidentenstichwahl gebracht habe, als "sehr beschämend für die Sozialdemokratie". Generell sei die Briefwahl über die Post "etwas schwierig". Man müsse sich das jetzt in Ruhe anschauen, sagte Darabos. Er persönlich sei "ein Verfechter, dass man persönlich ins Wahllokal geht".

Kommentare

Interessant an den "Unregelmäßigkeiten" ist ja, daß angeblich alle freiheitlichen Beisitzer überall involviert waren und mitgetan haben. Seltsam, oder?

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