Aussitzen als einzige Option

Stille - Verurteilung - Rechtfertigung - Anpatzen des Aufdeckers – Aussitzen

In vier Tagen ist niederösterreichische Landtagswahl. Bis dahin haben die Wähler den Landbauer-Skandal schon wieder vergessen, hofft die FPÖ

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FPÖ - Aussitzen als einzige Option

Es ist der Täglich-grüßt-das-Murmeltier-Effekt: Ein Skandal in einem rassistischen, antisemitischen oder rechtsextremen Kontext in Zusammenhang mit der FPÖ wird aufgedeckt. Es folgen (in dieser Reihenfolge): Stille – Verurteilung der Tat an sich ohne Bezug zur Partei – Rechtfertigung des betreffenden Mandatars ohne Schuldeingeständnis – Anpatzen des Aufdeckers – Aussitzen des Skandals, bis die nächste Wahl vorüber ist.

Besonders Letzteres dürfte Udo Landbauer, dem niederösterreichischen Spitzenkandidaten der FPÖ, diesmal besonders leicht fallen. Die Landtagswahl findet bereits in vier Tagen statt. Der Skandal (Landbauer benutzt als stellvertretender Vorsitzender der Wiener Neustädter Burschenschaft Germania ein Büchlein, das Lieder mit besonders menschen- und judenfeindlichen Texten beinhaltet) ist zwar ganz besonders grauslich, scheint außerhalb einer kleinen Wiener Blase aber nicht wirklich jemanden aufzuregen.

Kein schlechtes Gewissen

Bundeskanzler Sebastian Kurz von der ÖVP nicht, der den antisemitischen Zugang des Liederbuches zwar verurteilt, die Sache aber auch nicht als koalitionsgefährdend ansieht und das Ziehen von Konsequenzen dem Koalitionspartner überlässt. Und die FPÖ selbst auch nicht, sie versendet bereits Bilder mit Udo Landbauer und der Aufforderung, ihn „jetzt erst recht“ zu wählen. Ein Schuldeingeständnis – oder auch nur ein bisschen schlechtes Gewissen – sieht anders aus.

Aussitzen scheint in diesem Fall eine gute Idee zu sein, denkt die FPÖ. Vier Tage durchtauchen, eventuell sogar noch Stimmengewinne verbuchen (die Österreicher mögen es nun einmal nicht, wenn ihnen jemand sagt, was sie zu tun haben – dieser Grundsatz gilt interessanterweise immer nur dann, wenn man jemanden eines auswischen will und ganz selten, wenn etwas Gutes dabei herauskommen soll) und dann ist die Sache vergessen. So oder ganz ähnlich dürften die freiheitlichen Strategen der Freiheitlichen die Situation sehen.

Rauhe Zeiten

Zu ihrem Glück sind die Zeiten außerdem gerade besonders rauh, immer öfter sind die Wähler zudem auf dem rechten Auge blind und ihr Gedächtnis scheint auch immer schlechter zu funktionieren. Dabei geht es gar nicht mehr um die sich in den vergangenen Jahren häufenden Verfehlungen der Freiheitlichen, sondern um historische Grundkenntnisse an sich. Zur Erinnerung: Im Nationalsozialismus wurden nicht nur sechs Millionen Menschen aus - offenbar heute wie damals unliebsamen - Gruppen ermordet und eine fast gleich hohe Zahl vertrieben, sondern Adolf Hitler provozierte zudem einen Weltkrieg, der zusätzlich abertausende Todesopfer unter Militär und Zivilbevölkerung forderte und so ganz nebenbei ökonomische Missstände mit sich brachte, die erst nach Jahrzehnten wieder beseitigt werden konnten. Und das sind nur die nackten Fakten – ohne das menschliche Leid, das quasi automatisch mitgeliefert wurde.

„Wehret den Anfängen“ und „Wer sich der Vergangenheit nicht erinnert, ist verdammt dazu, sie zu wiederholen“ sind heute offenbar nur Schlagwörter ohne tiefere Bedeutung. Daran ändert in den Augen der gerade an die Macht gekommenen Regierung die zunehmende internationale Ächtung Österreichs nichts und auch nicht die immer widerwärtigeren Vorkommnisse in diesem Land.

Das kann es einfach nicht sein. Wenn schon Opportunismus, dann aber richtig: Wenn es uns gut gehen sollen, müssen wir auch die Umstände schaffen, damit es so ist. Und nicht auf Hass und Gewalt, sondern auf eine prosperierende Wirtschaft und eine zufriedene Bevölkerung setzen.
Auf die derzeit praktizierte Weise wird das nichts.