FORMAT: Preise bis minus 70 % - Trend zum Fabriksverkauf auch bei Edelmarken

Wolford: Bester Factory-Store in Vorarlberg-Zentrale <b>PLUS:</b> Top-Adressen in Österreich, D, Italien...

FORMAT: Preise bis minus 70 % - Trend zum Fabriksverkauf auch bei Edelmarken

Nobelmarken zu günstigen Preisen; das ist, abgesehen vom klassischen saisonalen Ausverkauf, ein Widerspruch in sich selbst. Denn Nobelmarken sprechen - vor allem im Modebereich - ihre betuchte Kundschaft nicht nur mit erstklassiger Qualität an, sondern eben auch durch den Preis. Exquisite Labels wie Armani oder Hugo Boss werden zu einem erheblichen Teil keineswegs gekauft, obwohl sie teuer sind, sondern weil sie teuer sind - als maßgeschneidertes Kommunikationsmittel, das der Umwelt eine ganz klare Botschaft vermittelt. Der hohe Marktpreis soll ein exklusives Image garantieren. Plakativ ausgedrückt: Wer Hugo trägt, ist ein Boss. Umso erstaunlicher ist es daher, dass jener Trend, der Anfang der neunziger Jahre unter der Bezeichnung "Outlet-Shopping" aus den USA nach Europa schwappte, auch im Luxusbereich immer mehr Boden gewinnt.

Letzter Schrei: Factory-Shopping
Der letzte Schrei auf der Jagd nach dem absoluten Tiefstpreis beim Kauf von Nobelmarken heißt "Factory-Shopping", also der direkte Weg zu den Produktionsstätten und Großlagern. Der optische Charme dieser Geschäfte ist - ähnlich wie bei den Outlet-Centern, die vorzugsweise in wenig einladenden Industriegebieten aus dem Boden gestampft werden - zwar in den meisten Fällen unter der Rubrik karg-puristisch einzuordnen, dafür locken die Shops mit unschlagbaren Ermäßigungen von bis zu 70 Prozent in die Einöde.

Und wo ist der Haken?...
Nun, es gibt sogar gleich mehrere Haken. Zunächst einmal darf man sich in einem Factory-Store selbstredend kein annähernd so gut sortiertes oder gar topaktuelles Angebot erwarten wie in einer schicken Innenstadtboutique, von einem vergleichbaren Kundenservice ganz zu schweigen. Denn das Prinzip, den Groß-und Einzelhandel bzw. dessen teilweise nicht geringe Margen zu umgehen, ist nicht etwa aus einem plötzlichen Drang zum Selbstkannibalismus seitens der Markenhersteller entstanden, sondern vielmehr als das kleinere von zwei Übeln. Durch immer kürzer werdende Produktzyklen wächst der Berg der so genannten Last Seasons, die im Fachhandel nicht mehr absetzbar sind. Die müssen weg und bilden daher einen großen Teil des Angebots beim Fabriksverkauf. Dazu kommen Waren zweiter Wahl (die kleinen Schönheitsfehler sind für den Laien allerdings oft kaum erkennbar), Muster- und Testkollektionen, aber auch einwandfreie aktuelle Ware, die etwa im Fall von Überproduktionen bzw. Lagerengpässen ihren Weg in den Fabriksverkauf findet.

Schnell wechselndes Angebot
Prinzipiell lässt sich daher sagen: In Factory-Stores regelt nicht die Nachfrage das Angebot, sondern umgekehrt. Und das Angebot wechselt schnell. Man weiß nie ganz genau, was einen in den Verkaufsräumen erwartet, darf nicht davon ausgehen, dass die angebotenen Modelle auch in allen Größen vorhanden sind, ein Umtausch ist in der Regel nicht möglich, und auch die Öffnungszeiten sollte man sicherheitshalber telefonisch nachprüfen, bevor man sich auf den Weg macht; der übrigens in Ermangelung jeglicher Beschilderung ebenfalls seine Tücken hat. Die Aussicht, das eine oder andere edle Designerstück für die Hälfte, manchmal sogar ein Drittel des durchschnittlichen Marktpreises zu ergattern, sorgt allerdings dafür, dass diese Einschränkungen gerne in Kauf genommen werden.

Smart Shopping
Wie massiv sich der Trend etabliert hat, lässt sich auch daran ablesen, dass ihm der Zeitgeist bereits einen eigenen Namen verpasst hat: "Smart Shopping". Und dieser Begriff ist, frei nach dem Motto "Der Weg ist das Ziel", auch in der Reisebranche zu einer faktischen Größe herangereift. Neben den Rabatt-Profis, die gezielte Schnäppchen-Touren durch ganz Europa unternehmen, stellen auch zunehmend Urlauber ihre Fahrtrouten so zusammen, dass sie dank der Ersparnisse, die sie unterwegs bei Factory-Stores lukrieren, die Reisekosten quasi einspielen - wobei sich wenig überraschend der Norden Italiens als wahres Marken-Eldorado für Smart Shopper präsentiert.

Shoppingparadies Italia
Wenn man beispielsweise von Österreich Richtung Toskana unterwegs ist, lassen sich unzählige profitable "Vendita diretta"-Zwischenstopps einlegen; und die Liste der einzelnen Stationen liest sich wie das Who's who der italienischen Designer-Szene: von Armani, Ermenegildo Zegna oder Trussardi im Umfeld von Mailand, Trendlabels wie Diesel oder Replay bei Treviso bis hin zu Prada oder Dolce & Gabbana etwas südlich von Florenz.

Das gibt's bei den Lieblingsnachbarn
Auch Deutschland hat einiges zu bieten: in der Nähe von Stuttgart etwa steht die meistfrequentierte Smart-Shopper-Pilgerstätte Europas: das Hugo-Boss-Factory-Outlet, das mit einem beeindruckenden Sortiment und Ersparnissen von bis zu 60 Prozent punktet. In Bayern wiederum residieren neben den Sportriesen adidas, Puma und Nike klingende Namen wie Strenesse, Timberland, Bogner oder René Lezard.

Erlesen: Wolford Factory-Store
Und selbst Österreich - auf der Outlet-Landkarte bis vor kurzem noch ein Entwicklungsland - hat beim Thema Fabriksverkauf einige erlesene Adressen parat, wie etwa den Wolford-Store in Bregenz.
(Aus FORMAT 26/2006)