Diskussion um dritte Piste geht in die nächste Runde

"Entweder 30.000 neue Jobs bei uns. Oder in Bratislava."

Die heftige Debatte nach dem Nein des Bundesverwaltungsgericht zum Bau einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat ist um eine Facette reicher.

von
Flughafen Wien - Diskussion um dritte Piste geht in die nächste Runde

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen eine dritte Piste am Flughafen Schwechat weist auch der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), Rudolf Thienel, den Vorstoß der Landeshauptleute auf Entmachtung der Verwaltungsgerichte zurück. Man könne diese nicht dafür schelten, dass sie Vorgaben des Gesetzgebers umsetzen, sagte er in der "Presse" am Montag.

»Das ist keine Sonntagspredigt«

Zum konkreten Fall wollte er sich nicht äußern, weil er Vorsitzender im zuständigen VwGH-Senat ist. "Wenn man Staatszielbestimmungen und bestimmte Wertungen in die Rechtsordnung und noch dazu in die Verfassung hineinschreibt, hat das naturgemäß normative Folgen", meinte er aber in Hinblick auf den in der Bundesverfassung und in der NÖ Landesverfassung verankerten umfassende Umweltschutz. "Das ist keine Sonntagspredigt, sondern eine normative Vorgabe, die von den Gerichten zu beachten ist."

In einem entwickelten Rechtsstaat sollte es eine klare Arbeitsteilung geben, betonte er weiter. Die Politik definiere die allgemeinen Regeln und Gesetze, Einzelfallentscheidungen sollten von einem Gericht getroffen werden, das von tagespolitischen Einflüssen unabhängig sei.

Die 2012 einstimmig im Nationalrat beschlossene Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit und die darin verankerte "reformatorische Entscheidungsbefugnis" der Gerichte (sie entscheiden in der Sache selbst, die Verwaltung kann keine neue Entscheidung treffen) verteidigte Thienel. Dies sei ein "außerordentlicher rechtsstaatlicher Fortschritt" gewesen, der die Verfahren beschleunigt habe.

"Man sollte jetzt nicht aus Anlass einer Entscheidung dieses System grundsätzlich wieder infrage stellen, sondern in Kauf nehmen, dass es manchmal Entscheidungen gibt, mit denen eine Partei nicht zufrieden ist", sagte der VwGH-Präsident: " Wenn zwei streiten, kann nur einer gewinnen. Man sollte den rechtsstaatlichen Fortschritt nicht zurücknehmen."

Kein Interesse hat Thienel übrigens daran, Gerhart Holzinger als Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) nachzufolgen. Die Frage, ob er sich bewerben werde, beantwortete er mit einem knappen: "Nein."

»Entweder 30.000 neue Jobs bei uns. Oder in Bratislava«

Die heftige Debatte nach dem Nein des Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zum Bau einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat ist um eine Facette reicher. Mit alarmierenden Slogans wie "Entweder 30.000 neue Jobs bei uns. Oder in Bratislava." lobbyiert der Flughafen Wien auf einer eigens eingerichteten Homepage für das ihm so wichtige Zukunftsprojekt der Airport-Erweiterung.

"795 sind schon dafür! Sie auch?", steht auf der Seite (mit Unterstützer-Stand Sonntagvormittag, Anm) auf der Seite zu lesen. Klickt der User auf "Hier klicken und unterstützen", so wird sein Klick umgehend als Unterstützung für die dritte Piste gezählt. Rückgängig machen lässt sich dies anonyme Unterstützung via Klick nicht mehr.

Auf der Seite finden sich Argumente für den Bau der dritten Piste. Es heißt dort neben wirtschaftlichen Pro-Erklärungen unter anderem: "CO2 wird durch ausreichende Kapazität verringert", oder "Unnötige Verspätungen und Warteschleifen in der Luft werden vermieden".

Auch "Stimmen aus Politik, Wirtschaft & Tourismus" werden mit befürwortenden Aussagen zitiert. Dazu zählen Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ), Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun und WienTourismus-Chef Norbert Kettner.

Für die Seite gibt es auf anderen Internetseiten, wie etwa Nachrichtenportalen, Banner-Werbungen. Das Impressum der Homepage - siehe www.drittepiste.at - gibt den Flughafen Wien als Urheber an. Auch das Logo des Vienna International Airport ist auf der Seite zu sehen.

Der Airport hat bereits Rechtsmittel gegen das Bundesverwaltungsgerichtsurteil eingelegt. Beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird Beschwerde geführt wegen der Verletzung von Verfassungsrechten wie Eigentumsfreiheit, Erwerbsfreiheit und Gleichheitsgebot. Bei der außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof wird die "inhaltliche Rechtswidrigkeit" beklagt, weiters eine "denkunmögliche und willkürliche Gesetzesauslegung" und widersprüchliche Begründungen. Für die nächste Zeit hat der Flughafen neue Gutachten angekündigt.

Demgegenüber verteidigen Umweltgruppen vehement die Entscheidung des BVwG. Eine eigene "Protestaktion gegen die außerordentliche Revision des Flughafens" schreibt unter der Bezeichnung "System Change, not Climate Change" unter anderem "das öffentliche Interesse am Schutz vor den Folgen des Klimawandels muss ernst genommen und weiterhin höher gewertet werden als kurzsichtige Profitinteressen".

Kommentare