Immer mehr Staaten
drohen mit Grenzschließung

Nach Österreichs Obergrenze begrenzt Slowenien Einreise für Asylsuchende

Nach Beschluss der österreichischen Flüchtlingsobergrenze scheint entlang der sogenannten Westbalkanroute ein Domino-Effekt einzutreten. Slowenien begrenzt ab sofort die Einreise von Flüchtlingen, Mazedonien will seine Grenzen schließen und auch Serbien drohte mit Abschottung. In Brüssel beraten indes die EU-Außenminister unter anderem über humanitäre Hilfe für Menschen in Syrien.

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Die Zahl der in die EU kommenden Schutzsuchenden bleibt indes auf gleichbleibend hohem Niveau. Laut dem UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) erreichten seit Jahresbeginn bis zum 13. Februar 76.607 Menschen die griechischen Inseln in der Ostägäis. Die meisten waren Syrer.

Slowenien will Einreise begrenzen

In Slowenien sollen ab Montag maximal tausend Flüchtlinge die Grenze passieren dürfen. Der Schritt erfolge nach der Ankündigung Österreichs, heuer nur 37.500 Asylwerber aufzunehmen. Kroatien sei über die Pläne Sloweniens informiert worden, teilte das Innenministerium in Ljubljana mit.

Ähnlich äußerte sich der serbische Außenminister Ivica Dacic. Sein Land sehe sich gezwungen, die Grenzen zu schließen, sollten andere Staaten entlang der Flüchtlingsroute dies tun. "Wir sind besorgt wegen einer fehlenden einheitlichen Politik der Europäischen Union", so Dacic und ergänzte, dass Serbien "keine Möglichkeit" habe, so viele Menschen aufzunehmen.

Mazedonien will Grenzen dicht machen

Am Wochenende bereits hatte Mazedonien erklärt, seine Grenzen dichtmachen zu wollen und erhielt dafür Unterstützung einiger EU-Staaten. Neben Österreich, das Polizisten und Soldaten zur Grenzsicherung zur Verfügung stellen will, haben sich Ungarn, Kroatien, Slowenien, Polen, Tschechien und die Slowakei mit dem Westbalkanland solidarisiert. Die EU-Kommission gab am Montag bekannt, Mazedonien mit zehn Millionen Euro - zur Registrierung von Flüchtlingen und zur Verbesserung des Grenzschutzes - unter die Arme zu greifen. Die Unterstützung solle jedoch nicht zum Bau eines Zaunes beitragen, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde.

Ungarn will neue "Sperren" errichten

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat am Montag bekannt gegeben, dass er die Verstärkung der existierenden Grenzsperren sowie die "Schaffung der Kapazitäten für neue Sperren" angeordnet habe. Mit den neuen Sperren dürfte ein künftiger Zaun an der Grenze zu Rumänien gemeint sein.

Flüchtlinge könnten in Zukunft auch über Rumänien nach Ungarn kommen, falls die Staaten an der gegenwärtig von ihnen genutzten sogenannten Balkanroute ihre Grenzen dichtmachen. Die Visegrad-Gruppe (Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen) wollte am Montag bei ihrem Treffen in Prag einen Beschluss fassen, der eine substanzielle Unterstützung Mazedoniens und Bulgariens mit Streitkräften, Grenzwachbeamten und Stacheldraht vorsieht, damit die beiden Balkanländer ihre Grenze zu Griechenland gegen Flüchtlinge abschotten.

Mit Blick auf die vom EU-Rat beschlossene Quote für die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen auf die EU-Staaten sagte Orban, Ungarn werde sich dieser Pläne widersetzen. "Lassen Sie uns die Verteidigung Ungarns gegen die Quote zur nationalen Angelegenheit machen", so der konservative Politiker.

Osteuropäischen Länder kritisieren Merkel

Vor allem osteuropäischen Länder kritisieren die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel scharf. So sagte der slowakische Regierungschef Robert Fico, Deutschland habe mit seiner Willkommenspolitik für Flüchtlinge einen Fehler gemacht und wolle nun andere zwingen, diesen mit auszubaden. Die Visegrad-Länder (V4), also Tschechien, Slowakei, Ungarn und Polen, wollten aber nicht "folgsam" sein und sich nicht um die von Deutschland eingeladenen Menschen kümmern, bekräftigte er. Überraschendes Lob gab es hingegen vom serbischen Präsidenten Tomislav Nikolic, der Merkel als "bewundernswerte Frau" bezeichnete.

Treffen der Visegrad-Gruppe

Die Visegrad-Gruppe (Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn) warnt vor dem Entstehen neuer Trennlinien in Europa wegen der Flüchtlingskrise. In einer am Montag bei einem Gipfeltreffen in Prag angenommenen Erklärung sprechen sich die Premiers der vier Staaten zugleich für ein starkes Europa aus. Anlass für den Gipfel war der 25. Jahrestag der Gründung der Visegrad-Gruppe (V4).

Das regionale Bündnis war am 15. Februar 1991 mit einem ersten Treffen im ungarischen Visegrad gegründet worden. Seit dem gemeinsamen EU-Beitritt im Jahr 2004 hat sich die Zusammenarbeit der vier postkommunistischen Staaten intensiviert. In der Flüchtlingskrise profilierten sich Tschechien, die Slowakei, Polen und Ungarn als Hardliner, die für eine Abschottung und gegen die europaweite Verteilung von Migranten auftreten.

Jüngste Entwicklung eine "Gefährdung des Friedens"

So bezeichnen die Regierungschefs Bohuslav Sobotka (Tschechien), Robert Fico (Slowakei), Beata Szydlo (Polen) und Viktor Orban (Ungarn) die jüngsten Entwicklungen auch als "Gefährdung des Friedens, der Sicherheit und der Prosperität der EU-Bürger", was eine gemeinsame Reaktion der Europäischen Union erfordere. Aus eigener Erfahrung wisse man, "wie gefährlich die Schwächung der europäischen Einheit sein kann", heißt es in Anspielung auf die Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg. "Deswegen sind wir entschlossen, sich aktiv an der Verstärkung und dem effektiven Funktionieren der EU zu beteiligen. Wir wollen, dass die EU stärker ist, und sind überzeugt, dass eine starke EU eine starke Visegrad-Gruppe braucht."

Die vier Premiers warnen, dass die Gefahr neuer Trennungslinie in Europa immer noch bestehe. "Deswegen sind wir entschlossen, aktiv und entschlossen das Entstehen derartiger neuer Grenzen aktiv zu verhindern. Wir sind überzeugt, dass alle unsere europäischen Partner diese Entschlossenheit mit uns teilen und bereit sind, gemeinsam mit uns in diesem Geist zusammenzuarbeiten."

Zum Jubiläumsgipfel waren als Ehrengäste auch der bulgarische Premier Bojko Borissow und der mazedonische Staatspräsident Gjorge Iwanow geladen. Beide Staaten spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherung der EU-Außengrenzen.

Für Irritation sorgte der Prager Gipfel in Deutschland, das sich gegen Pläne der Visegrad-Staaten zur Abriegelung der mazedonisch-griechischen Grenze stellt. Mehrere mitteleuropäische Staaten, darunter auch Österreich, Slowenien und Kroatien, setzen sich aktiv dafür ein, dass Skopje den Flüchtlingszustrom an seiner Grenze zu Griechenland stoppt. Athen wird vorgeworfen, die aus der Türkei kommenden Migranten nur "weiterzuwinken" statt die Schengen-Grenze zu sichern.