Flöttl vor Banken-Ausschuss gesprächig:
"Vranitzky auf Druck von Elsner angeheuert"

Honorar von 1 Million Schilling ohne Gegenleistung BAWAG-Geschäfte-Wiederaufnahme Elsners Wunsch

Der Investmentbanker und Mitangeklagte im BAWAG-Prozess, Wolfgang Flöttl, zeigte sich vor dem parlamentarischen Banken-Untersuchungsausschuss durchaus gesprächig. Die Abgeordneten wollten von Flöttl, näheres zur Zahlung von rund einer Million Schilling an den ehemaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky im Jahr 1999 wissen. Er habe Vranitzky nur auf Druck des damaligen BAWAG-Chefs Helmut Elsner angeheuert, für die Zahlung habe er von Vranitzky keine Gegenleistung verlangt, weil dieser in den für seine Geschäfte interessanten Gebieten kein Fachwissen besaß, so Flöttl.

Über die Euro-Einführung, wie es der Altkanzler angegeben hatte, habe ihn Vranitzky nicht beraten, weil "das war damals schon gegessen".

"Elsner hat damals sehr stark gepusht, dass wir den Altbundeskanzler als Berater engagieren", so Flöttl. Elsner habe auf ihn "Druck gemacht", der Inhalt dieses Drucks sei Gegenstand des Strafverfahrens, daher könne er die Hintergründe nicht näher erläutern. Elsners Initiative für Vranitzky sei jedenfalls nach dem Eintreten der ersten großen Verluste für die BAWAG 1998 gekommen. Daraufhin habe er Elsners Druck nachgegeben und sich an Vranitzky gewandt.

Elsner hatte dies bei seiner Befragung vor dem U-Ausschuss am Mittwoch dementiert. Er habe von der Verbindung Vranitzky-Flöttl erst 2006 aus der Zeitung erfahren, sagte er.

Im Dezember 1998 sei es dann zu einem persönlichen Treffen mit Vranitzky in New York gekommen. Ende Jänner 1999 habe er die Summe auf Vranitzkys Konto überwiesen, und zwar unter dem Zweck "Consulting". Vranitzky habe die Zahlung angenommen. Es habe keinen schriftlichen Vertrag gegeben, aber es seien Beratungsleistungen für sechs Monate vereinbart worden. Der Altkanzler wäre dann wohl bereit gewesen, etwas zu tun, aber "wir haben ihn nicht angerufen". Vranitzky habe nämlich keine Expertise in den Kapitalmärkten in Asien gehabt, wo Flöttls Firma Ross Capital tätig war, erläuterte er heute.

Im April 1999 habe er, Flöttl, dann Vranitzky in dessen Büro in Wien erklärt, dass man keine Leistungen von ihm benötige. "Ich habe ihm mitgeteilt, dass er uns nicht wirklich helfen kann". Vranitzky habe dies aber gelassen aufgenommen: "Er war ein Gentleman", schilderte Flöttl die Reaktion des Altkanzlers auf die Absage.

In den Medien sei diese Zahlung als Parteifinanzierung dargestellt worden, aber "das habe ich nie behauptet, ich habe keine Parteifinanzierung gemacht", betonte Flöttl. Die Zahlung an Vranitzky sei keine Parteifinanzierung gewesen. "Ich konnte aber auch nicht behaupten, dass er etwas für mich gemacht hat". Auf ein Konto einer Partei habe er jedenfalls nie etwas eingezahlt, beteuerte Flöttl.

Auf Befragung durch den SP-Fraktionsführer Kai Jan Krainer nach seinen weiteren Beratern aus der Politik nannte Flöttl den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger, den ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon und den ehemaligen Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi. Auf Befragung durch VP-Fraktionsführer Günter Stummvoll hielt Flöttl fest, dass er von den andern drei Ex-Politikern jedoch tatsächliche Beratungsleistungen Anfang der 90-er Jahre, etwa über die Euro-Einführung, erhalten habe, Vranitzky hingegen nur "auf Druck von Elsner" engangiert habe.

"Nicht völlig mittellos"
Zu Beginn der Befragung durch die Abgeordneten bei der Angabe seiner persönlichen Daten nannte der in den USA lebenden Flöttl jun. seine Adresse mit "Park Avenue 775, New York, New York". "Ich habe einen Großteil meines Vermögens verloren, aber ich habe niemals gesagt ich bin völlig mittellos", betonte Flöttl.

Seine Geschäfte mit BAWAG-Geldern seien bis 1994 äußerst erfolgreich gewesen, man habe bei Investitionen in Bonds und anderes etwa 4 Mrd. Schilling Gewinn erzielt, sagte Flöttl. Im Jahr 1994 seien die Geschäfte dann wegen eines "Medienrummels", auch um die "Vater-Sohn-Beziehung" (Flöttls Vater Walter war damals BAWAG-Generaldirektor und damit Geschäftspartner seines Sohnes, Anm.) zurückgeführt worden. Laut Flöttl seien die Geschäfte mit der BAWAG 1994 vollkommen abgestellt worden, "Gewinne waren da".

"Wollte anfangs nicht mitmachen"
1995 habe ihn dann der Nachfolger seines Vaters an der Bank-Spitze, BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner, gefragt, "ob man das nicht wieder aufnehmen könnte". Die BAWAG brauchte Gewinne, die Bank hatte kein großes Vermögensverwaltungsgeschäft und musste günstige Sparzinsen anbieten, "vielleicht aus ihrer sozialen Funktion heraus", erläuterte Flöttl jun. aus seiner Sicht die Gründe Elsners für diesen Schritt. "Ich wollte anfangs nicht mitmachen", sagte Flöttl über die 1995 erfolgte Wiederaufnahme der Geschäfte mit der BAWAG.

Im Oktober 1998 sei bei diesen Geschäften mit BAWAG-Geldern ein Verlust von ungefähr 600 Mio. Dollar eingetreten. "Ich selbst habe eigenes Kapital, circa 135 Mio. Dollar, auch verloren", klagte Flöttl. Im Oktober 1998 sei in der Russland-Krise die russische Währung gefallen. Nach 1998 seien beim Versuch, das verloren gegangene Geld zurück zu verdienen, weitere Verluste entstanden. Nach dem Eintreten der Verluste habe ihn die BAWAG "gezwungen", seine wertvolle Kunstsammlung und Liegenschaften zu übertragen, so Flöttl.

Flöttl jun. ist in dem Mitte Juli beginnenden BAWAG-Prozess wegen Beitragstäterschaft zur Untreue angeklagt, der Strafrahmen liegt bei bis zu 10 Jahren Haft. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Auskunftspersonen sind Ronald Laszlo von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Christine Siegel von der Raiffeisen Zentralbank, Philip Göth von der Deloitte Wirtschaftsprüfungs GmbH sowie Walter Groier von der Confida Klagenfurt Wirtschaftstreuhand.

Die Confida hatte gemeinsam mit Deloitte die Bilanz der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank (HAAB) für das Jahr 2004 geprüft und testiert. Beide Prüfer hatten ihr Testat 2006 zurückgezogen, die Bilanz musste nach Bekanntwerden enormer Spekulationsverluste neu erstellt werden. Die Kärntner Hypo wird gerade von der Bayerischen Landesbank (BayernLB) mehrheitlich übernommen.

"Ich hab's mir nicht eingesteckt"
Die riesigen Spekulations-Verluste der BAWAG in den Jahren 1998 bis 2000 sind laut Wolfgang Flöttl im Handel mit den großen Banken "passiert". "Es gibt keine verschwundenen Millionen. Ich hab's mir nicht eingesteckt, sonst hat sich's niemand eingesteckt", beteuerte Flöttl. "Das Geld ist verloren worden". Zur genauen Höhe der Verluste, die er als Portfolio-Manager insgesamt zu verantworten habe, wollte Flöttl nichts sagen. Das sei Gegenstand des Strafverfahrens.

Von den Verlusten der BAWAG sei der gesamte Vorstand sicher informiert gewesen, "weil ich mit allen gesprochen habe", meinte Flöttl. Von einer "Bank in der Bank" rund um Ex-BAWAG-General Helmut Elsner habe er nichts gemerkt, der Vorstand habe die Bank geführt. Auch der Präsident des BAWAG-Aufsichtsrats, Ex-ÖGB-Finanzreferent Günter Weninger, habe wohl von den Verlusten gewusst, weil er sich die von ihm, Flöttl, an die BAWAG übertragene Kunstsammlung von etwa 70 bis 80 Bildern in Zürich angeschaut habe, so Flöttl. Ex-ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch habe er jedoch nicht gesehen.

Die BAWAG habe ihm nach den Verlusten seine "wertvolle Kunstsammlung" im Wert von rund 240 Mio. Dollar "abgenötigt", auch Liegenschaften im Wert von 30 bis 40 Mio. Dollar seien an die BAWAG übertragen worden. Mittellos sei er aber nicht, so Flöttl. Eine Erklärung, die er auf Wunsch der BAWAG unterschrieben habe und wo seine Mittellosigkeit festgehalten sei, stimme nämlich nicht. "Das ist eine Lugurkunde, die ist mir abgepresst worden". Worin das Druckmittel Elsners ihm gegenüber bestanden habe, wollte er unter Verweis auf das anhängige Strafverfahren nicht sagen.

Auf Anweisung des früheren BAWAG-Vorstands Peter Nakowitz habe er mehrere Überweisungen getätigt, meist an drei Stiftungen in Liechtenstein, sagte Flöttl. Als er einmal eine Überweisung an eine ihm unbekannte Firma in Zypern machen sollte, und dies aus Sorge um Konsequenzen in den USA verweigerte, habe Nakowitz angeordnet, 300.000 Dollar an die Galonia in Wien zu überweisen. Auf seine Nachfrage habe Nakowitz nur erklärt, "die BAWAG hat auch eine politische Funktion". "Sie haben nicht gewusst, dass das eine Stiftung im Einfluss des Mag. Schlaff ist?", fragte der Grüne Abgeordnete Werner Kogler. Nein, er habe Martin Schlaff auch nicht besonders gut gekannt, so Flöttl. Elsner habe einmal von den Erfolgen Schlaffs gesprochen.

Angesprochen auf die Meinl Bank meinte Flöttl, dass die BAWAG ein einziges Mal Gelder an die Meinl Bank überwiesen habe, nämlich 1998 zur Rückzahlung von von Flöttl aufgenommenen Krediten, um einen Skandal über die eingetretenen Verluste zu vermeiden. Auf Einladung von Bankier Julius Meinl habe er mit seiner Frau im August 2005 auf Meinls Yacht in der Adria ein paar Tage verbracht. Weitere Gäste seien der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser und dessen damalige Verlobte und nunmehrige Ehefrau Fiona Swarovski sowie eine Kolumnistin der Tageszeitung "Standard", Antonella Mei-Pochtler, mit ihrem Ehemann gewesen. Mit Grasser habe er "nur Small Talk" geführt, außerdem sei Grasser sehr sportlich gewesen und oft vom Boot weggeschwommen und noch dazu frisch verliebt gewesen.

Refco-BAWAG-Geschäfte nicht eingefädelt
Die Geschäfte der BAWAG mit dem US-Brokerhaus Refco, im Zuge dessen Insolvenz die BAWAG-Spekulationsverluste bekannt geworden waren, habe er nicht eingefädelt, sagte Wolfgang Flöttl dem Banken-U-Ausschuss. Er habe mit seiner Gesellschaft Ross Capital mit Refco Geschäfte gemacht, und die BAWAG habe unabhängig davon auch Geschäfte mit Refco gemacht.

Sein letzter Kontakt mit Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner sei im November vergangenen Jahres gewesen, sagte Flöttl. Später korrigierte er diese Angabe aber wieder, Elsner habe ihn zuletzt im März 2006 mitten in der Nacht angerufen, weil er sich über einen Zeitungsbericht aufgeregt habe. Seitdem habe er keinen Kontakt mit Elsner mehr gehabt.

Warum sein Name im 2002-Jahresbericht der New Yorker Carnegie Hall als Großspender aufscheine, könne er sich nicht erklären, sagte Flöttl bei der Befragung durch SP-Fraktionsführer Jan Krainer. Möglicherweise habe seine Frau gespendet, er wisse aber nichts davon.

In die Firma AMV, Vorgänger der pleite gegangenen Firma AMIS, habe er Anfang der 90-er Jahre investiert, bestätigte Flöttl. Er habe aber die Gelder nicht abgezogen, weil sein Vater Walter Flöttl, damals BAWAG-Generaldirektor, davon erfahren habe, wie die AMV-Gründerin Dagmar Partik-Wordian angegeben hatte, sondern weil die Gelder nicht gut angelegt gewesen seien.

Mit BZÖ-Obmann Peter Westenthaler habe er nie Kontakt gehabt, sagte Flöttl. "Ich habe Westenthaler niemals getroffen, ich kenne ihn nicht". Ex-Justizministerin Karin Gastinger hatte vor dem U-Ausschuss über einen "sehr sehr vorsichtigen Versuch" der Intervention durch Westenthaler für Flöttl berichtet. Laut Gastingers Pressesprecher Christoph Pöchinger soll der BZÖ-Chef versucht haben zu erreichen, dass Flöttl alleine angeklagt wird. Westenthaler hatte das dementiert.

Flöttls Befragung wurde nach rund vier Stunden beendet.

(apa/red)