Ex-Präsident Fischer
über Österreichs Neutralität

Der frühere Bundespräsident Heinz Fischer über Österreichs Neutralität und deren Grenzen: Er fordert von der Bundesregierung, Kinder aus der „Hölle“ des Flüchtlingslagers Moria zu befreien.

von Interview der Woche - Ex-Präsident Fischer
über Österreichs Neutralität © Bild: News/Herrgott

Die österreichische Neutralität besteht an diesem Nationalfeiertag seit 65 Jahren. Ein "halbrundes" Jubiläum -doch groß gefeiert wird nicht. Sind wir uns des Werts dieser Neutralität nicht mehr bewusst, ist sie für die Generationen, die nach dem Krieg geboren wurden, selbstverständlich geworden?
Da sind Sie auf der richtigen Spur. Die Neutralität war ja ursprünglich nicht unumstritten, manche haben damals ein Risiko in ihr gesehen. Aber inzwischen ist die Neutralität für einen großen Teil der Bevölkerung selbstverständlich. Sie ist bei uns so anerkannt wie die Neutralität in der Schweiz und ist auch an die gegenwärtige Situation Österreichs in Europa angepasst worden, sodass sie mit der EU-Mitgliedschaft vereinbar ist, aber dem Wunsch der Bevölkerung entspricht, sich möglichst nicht an Kriegen zu beteiligen, keine fremden Truppen in Österreich zu haben und zu demonstrieren, dass Friede für Österreich ein sehr, sehr hoher Wert ist.

Oft heißt es, die Neutralität sei durch den EU-Beitritt ausgehöhlt worden.
Richtig ist, dass die Interpretation der Neutralität im Laufe der Geschichte einem gewissen Wandel unterworfen ist. Das hat sehr plausible Ursachen. Die erste ist, dass es den Kalten Krieg, der uns bis 1989 Sorgen gemacht hat, nicht mehr gibt. Die zweite ist, dass Österreich 1995 der EU beigetreten ist. Durch die sogenannte "Irische Klausel" ist dabei aber klargestellt, dass die Neutralität, wie wir sie heute handhaben, mit der EU-Mitgliedschaft vereinbar ist. An diesem Status soll auch nicht gerüttelt werden.

Unter den Parlamentsparteien stellen nur die Neos die Neutralität in Frage, die auch die Teilnahme an einer Europäischen Armee befürworten würden.
Es ist den Neos unbenommen, diesen Standpunkt zu vertreten, so wie es ja auch der FPÖ in den 50er-Jahren unbenommen war, gegen die Neutralität anzukämpfen. Vielleicht lassen sich die Neos eines Tages eines Besseren belehren, dass nämlich die Neutralität zum Selbstverständnis Österreichs passt und unsere negative Einstellung zum Krieg durch die Neutralität deutlich unterstrichen wird. Diese Position hat sich langfristig durchgesetzt und als richtig erwiesen.

Das komplette Interview lesen Sie in der aktuellen Printausgabe von News (43/2020)!