Feministen, wohin du schaust

Leitartikel: Sexuelle Gewalt ist immer ein Verbrechen, nicht nur im Fall Köln

von Julia Ortner © Bild: News

Junge Männer sind gefährlich. Sie dürfen keinen Alkohol trinken, der sie enthemmt. Junge Männer müssen ab 20 Uhr zu Hause bleiben, Ausgangssperre, man weiß ja nie, die Hormone. Alle jungen Männer nach der schandhaften Silvesternacht von Köln jetzt unter Generalverdacht zu stellen wäre genauso absurd wie pauschal zu sagen: Alle Flüchtlinge, alle Fremden, sind potenzielle Gewalttäter.

Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist immer ein Thema unserer Gesellschaft – die Angriffe der Meute am Kölner Domplatz machen dieses Grundproblem eben sehr drastisch sichtbar. Es war sexuelle Gewalt vor aller Augen, aus einer Ansammlung von 1000 Männern heraus nötigen, begrapschen und berauben junge Männer Frauen, laut Zeugen sind es Gruppen mit arabischem und nordafrikanischem Hintergrund. Vieles über die Straftaten ist noch unbekannt, laut einem internen Polizeiprotokoll sollen auch Asylwerber dabei gewesen sein. Rechtspopulisten und Abendlandretter wissen schon alles ganz genau: Klar, die Flüchtlinge mit ihrer rückschritt¬lichen Kultur, die meinen, unser Rechtsstaat gilt nicht für sie! Als ob hier irgendjemand infrage gestellt hat, dass Kriminelle verfolgt werden müssen, egal, woher sie stammen.

Männer aus patriarchalischen Strukturen haben vielfach ein anderes Frauenbild, als man es in einer aufgeklärten Gesellschaft will. Aber, auch aufschlussreich: Auf einmal erlebt man bei uns Feministen, wohin man schaut – es sind jene, die sich sonst gerne über „Popograpsch“-Paragrafen lustig machen. Doch jetzt geht es ja um Fremde, die belästigen. Unsere Frauen für unsere Leut, frei nach den Reimprofis von der FPÖ.

Gerade jetzt sollte man genau auf die alltägliche sexuelle Gewalt gegen Frauen blicken, die es bei uns gibt – wenn auch nicht so geballt wie in aufgeheizten Massenaufläufen, etwa 2011 am Tahrir-Platz in Kairo oder in Indien. Hierzulande passieren die Übergriffe am häufigsten im eigenen Umfeld, dezent österreichisch. Doch es gibt kaum Frauen, die noch nicht im öffentlichen Raum herabgewürdigt, angefasst, belästigt, bedroht wurden. Wenn sie davon erzählen, wie zuletzt bei der „Aufschrei“-Debatte, hören sie oft das: Lächerlich, stellt euch doch nicht so an. Dass Feministinnen wie Alice Schwarzer jetzt allen Ernstes vom „Gang Bang“ und „Krieg“ vor dem Kölner Dom schreiben oder die Kölner Bürgermeisterin Frauen eine „Armlänge“ Abstand zu Fremden rät, zeigt: Auch Frauen sind bei diesem Thema irgendwas zwischen aggressiv und hilflos.

Unsere Gesellschaft muss sich gegen die Gewalt rüsten, mit Aufklärung, Bildung und längerfristiger Integrationsbegleitung. Und wir müssen Zuwanderern unsere Werte nicht nur predigen, sondern vorleben; Buben und Mädchen gleich behandeln; das Selbstbewusstsein von Mädchen fördern; Frauen gleiche Aufstiegschancen ermöglichen. Wenn man in der U-Bahn mitbekommt, dass eine Frau bedrängt wird, etwas sagen, nicht wegschauen; wenn man aus der Nachbarwohnung Übergriffe hört, die Polizei rufen, nicht den Fernseher lauter drehen; wenn man beim Zeltfest sieht, dass Männer grapschen, einschreiten, nicht denken, die sind halt betrunken. Wenn wir die Gewalt aus der Mitte der Gesellschaft verbannen, muss man sich um den Rechtsstaat keine Sorgen machen.

Kommentare

Oberon
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Das Forum zum Artikel über die Vorfälle am Silvester in Köln ist geschlossen und ich hätte schwören können, jetzt folgt ein Artikel, der diese zu relativieren versucht. Kaum gedacht, schon ist er da.
Dass sexuelle Gewalt immer ein Verbrechen ist, dürfte den meisten normal denkenden und ausreichend sozialisierten Menschen klar sein. Also, warum dann dieser Hinweis?
Ehrlich gesagt fällt es ...

Oberon
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....mir bei dieser offensichtlichen Parteinahme schwer, mehr zum Thema zu schreiben. Das hatte ich eigentlich vor.

Anm.: Danke, dass wir zumindest für ein paar Stunden zum betreffenden Artikel posten durften, denn - alles, was mit dem Islam oder Flüchtlingen zu tun hat, muss vor dem gemeinen
Österreicher geschützt werden.

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